Kapitel 3

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KAPITEL 3 - BARBECUE

Dawson

Innerlich verfluchte ich Colter dafür, was er meinen Haaren angetan hatte. Gestern hatte er sie blond gefärbt- nun, es sollte blond sein, doch er hatte die falsche Packung genommen und nun hatte ich platinblonde Haare. Ich musste zugeben, dass es gar nicht mal so bescheuert aussah, wie ich gedacht hatte. Doch gerade eben war er auf die Idee gekommen, mir mit Haarkreide lila Spitzen zu zaubern. Und nun hatte ich keine Zeit mehr, das Zeug aus meinen Haaren auszuwaschen.
„Es sieht gut aus!", sagte Colter und verschränkte seine Arme vor seiner Brust.
Sagte der Typ mit den ozeanblauen Haaren.
Stumm und mit einem Kopfschütteln verließ ich das Badezimmer. Im Flur zog ich mir meine Sneaker an. Am liebsten hätte ich abgesagt, doch es würde meiner Mutter nur das Herz brechen. Sie war froh, dass auch mein Bruder Ryan mit seiner Freundin zugesagt hatte. Die beiden studierten in Yale, hatten sich dort während des Medizinstudiums kennengelernt. Dad könnte nicht stolzer sein, denn er selbst hatte dort damals Medizin studiert. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie heute wieder einen Kommentar über meinen Job abgeben würden. Das taten sie immer, denn noch immer war es nicht vom Tisch, dass ich ebenfalls in Yale studieren sollte. Doch ich wollte nicht. Ja, meine Schulnoten hätten es zugelassen und auch meine außerschulischen Aktivitäten waren super für die Bewerbung an dieser Eliteuniversität, doch ich wollte einfach nicht. Ich wusste ja bis heute noch nicht, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Deswegen war ich Handwerker geworden. Ich konnte Menschen helfen, die Hilfe brauchten. Oft arbeiteten wir in Unterkünften für Obdachlose, mein Chef machte es meist sogar gratis. Das mochte ich. Im Moment wollte ich einfach nichts anderes arbeiten. Aber das verstanden meine Eltern nicht. Vater noch weniger als Mutter und mein Bruder Ryan hielt immer seine Klappe.

Als wir am Haus meiner Eltern ankamen, sprang Colter bereits aus dem Wagen, noch bevor ich überhaupt richtig geparkt hatte. Schon seit heute Morgen konnte er an nichts anderes mehr denken, als an das Essen. Mein bester Freund war der verfressenste Mann der Welt, so viel war sicher.
„Dawson! Komm jetzt!", rief er, als ich aus meinem Auto gestiegen war. Ich verdrehte meine Augen und setzte mich in Bewegung, folgte meinem besten Freund hinter das Haus. Diese andere Familie, bestehend aus zwei Männern und einer Frau, waren bereits da.
Als ich Mums Kollegen näher betrachtete, erkannte ich ihn. Es war Daniel. Früher hatten Ryan und ich Mum immer auf der Wache besucht, da sie dort nach einem schweren Arbeitsunfall am Empfang arbeitete. Daniel war damals der Einzige, der mich nicht zum reden zwingen wollte. Er machte mir Mut und gab mir Hoffnung, dass alles wieder gut werden würde.
Bis auf das er mehr Muskeln als damals hatte, hatte er sich kaum verändert: dunkle Haare und ein drei Tage Bart.
„Dawson!" Lächelnd kam Daniel auf mich zu und umarmte mich. Sofort erwiderte ich seine Umarmung. Seine Umarmungen waren die besten auf der Welt!
„Wie geht es dir? Ist alles okay bei dir?", fragte er und ich nickte mit einem kleinen Lächeln.
„Muss ich jemanden verprügeln?", fragte er leiser und sah mich prüfend an.
Mit einem Kopfschütteln beantwortete ich seine Frage.
„Schicke Haarfarbe. Steht dir", grinste er dann.
Die Frau kam zu uns. Daniel legte einen Arm um sie.
„Das ist meine Frau Callie. Ich glaube, ihr habt euch noch nicht getroffen. Callie, das ist Dawson."
Lächelnd sah sie mich an.
„Freut mich. Ich habe schon einiges von dir gehört. Das da drüben", sie zeigte auf den Mann, „ist mein kleiner Bruder Hayes. Egal was er sagt, höre nicht auf ihn und beachte ihn am besten gar nicht."
Ich zog eine Augenbraue hoch, blieb jedoch wie immer stumm. Dann kam der besagte Hayes zu uns.
„Na hallo", grinste er und sah mich von oben bis unten an- er checkte mich ab.
Ernsthaft?
„Hayes!", zischte Callie und funkelte ihn wütend an.
Der Bruder trug eine zerrissene Skinny Jeans, dazu ein T-Shirt von der Band Imagine Dragons.
Hm, guten Musikgeschmack schien er wenigstens zu haben.
An seinen Armen sah ich einige Tattoos, welche unter dem T-Shirt verschwanden. Außerdem konnte ich einige Narben erkennen. Als ich in sein Gesicht starrte, grinste er mich an und seine grünen Augen schienen mich regelrecht zu durchbohren. Die schwarzen Haare waren zerzaust und hingen ihm in seinem Gesicht. Dazu kam ein drei Tage Bart.
„Schicke Tattoos." Ich nickte kurz und wandte mich dann ab, um meine Mutter zu begrüßen. Colter quatschte sie zu, doch Mum blieb standhaft und hörte ihm zu.
„Dawson, mein Schatz", lächelte sie und stockte, als sie auf meine Haare starrte.
„Das war mein Werk!", grinste Colter stolz und legte einen Arm um meine Schultern.
„Er hat sich gewehrt, doch ich habe gesiegt. Ich siege immer!", fügte er strahlend hinzu.
Dann sah mein bester Freund mich an.
„Dawson, gehen wir morgen zum Strand? Oh ja, wir gehen zum Strand!", quiekte er und ging.
Mum lachte leise.
„Also das du das mit ihm aushältst", lächelte sie und knuffte mich in meine Wange.
Ja, das fragte ich mich auch jeden Tag. Sogar mehrmals. Was hatte mich da nur geritten?

„Entschuldigt die Verspätung!" Wir drehten uns um. Dad, Ryan und Bree kamen in den Garten. Wie immer hielten sie und mein Bruder Händchen. Die beiden konnte man kaum voneinander trennen. Ich vermisste manchmal die Zeit, in der Ryan Single war. Wie wir Baseball spielten oder schwimmen gegangen waren. Jetzt gab es nur noch Ryan und Bree. Und ich war überflüssig geworden.
„Dawson! Was hast du mit deinen Haaren angestellt?" Dad sah ganz und gar nicht erfreut aus. Ich verkniff mir ein verdrehen meiner Augen.
„Sieht doch klasse aus! Colter, warst du das?", fragte Ryan begeistert und umarmte mich.
„Zwillinge. Verdammt ist das heiß", hörte ich eine Stimme hinter mir, kurz darauf ertönte ein leiser, jedoch schmerzerfüllter Laut.
Das Ganze hier konnte nur ein Desaster werden. Der Typ, Hayes, war anscheinend notgeil. Hilfe.

Nachdem ich mir das Gemecker von meinem Vater anhören konnte, feuerte er endlich den Grill an, Mum und Bree deckten den Tisch und stellten einige Salate hin. Da es noch etwas dauerte, lief ich in das Haus und ging in mein altes Zimmer. Nichts hatte sich verändert. Noch immer waren es dunkelblaue und weiße Wände, das kleine Bett stand in der Ecke. Stumm setzte ich mich auf das Bett und starrte an den weißen Schrank gegenüber von mir.
„Oh, hey. Ich suche das Badezimmer." Hayes stand grinsend an der Tür. Stumm zeigte ich hinter mich. Er sollte einen Raum weiter gehen.
„Okay, eigentlich ist das gelogen." Hayes setzte sich einfach neben mich.
„Dein Bruder scheint der Liebling zu sein, oder? Weil er in Yale studiert." Leicht nickte ich. Er hatte es erfasst.
Plötzlich fuhr Hayes mir mit seiner Hand durch meine Haare.
„Du bist mein Liebling", flüstere er und gab mir einen Kuss auf die Wange.
Sofort stand ich auf und sah ihn schockiert an, doch er grinste nur. Fassungslos schüttelte ich meinen Kopf und lief zurück in den Garten, warf Daniel und seiner Frau einen bösen Blick zu.
„Ich bringe ihn um", murmelte Callie und sah mich entschuldigend an.
Stumm und sehr, sehr lustlos setzte ich mich an den Tisch und hoffte, dass dieser Abend schnellstmöglich zu Ende gehen würde.

HOPE | manxmanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt