HOPE | manxman

Kapitel 26

KAPITEL 26 - CHAMSIN

Hayes

Ich stieg von meiner Yamaha R1 und setzte meinen Helm ab, fuhr mir durch meine Haare. Grinsend ging ich auf die drei zu, die mich sprachlos anstarrten.
„Hey."
Lächelnd gab ich Dawson einen Kuss und drückte ihm seinen Helm in die Hand.
„Für später", raunte ich in sein Ohr und sah dann zu den Pinkies.
„Ladies", erwiderte ich und nickte kurz.
Faye grinste und Colter verdrehte seine Augen.
Colter trug eine hellblaue Jeans und ein schwarzes Hemd, Faye ein dunkelblaues Kleid und Dawson..., puh, er sah am heißesten aus! Diese schwarze, zerfetzte Skinny Jeans ließ seinen Hintern perfekt aussehen, das weiße Hemd war in die Jeans gesteckt und lag eng an ihm an. Seine Tattoos schimmerten leicht durch den weißen Stoff.
„Seit wann hast du so ein cooles Motorrad?", fragte Faye.
„Seit gestern, tatsächlich. Eigentlich war es das von meinem Schwager, aber er meinte, da er es sowieso nicht mehr fährt, kann ich es haben."
Ich zuckte mit den Schultern, als wäre es mir gleichgültig, doch das war es nicht. Ich war Daniel mehr als dankbar, denn ich fand das Motorrad schon die ganze Zeit einfach richtig Klasse und war neidisch gewesen. Ich musste ihm später noch persönlich danken, wenn die zwei wieder aus ihrem Urlaub zurück waren.

Wir betraten das Restaurant und wurden unserem Tisch zugewiesen. Umgehend brachte man uns die Speisekarten. Ich nahm ein alkoholfreies Bier, Dawson zeigte ebenfalls auf das alkoholfreie Bier, Faye bestellte sich einen Wein und Colter... eine Cola.
Colter starrte mich die ganze Zeit an, als würde er mich mit seinem Blick umbringen wollen.
„Schatz, hör auf zu starren", ermahnte Faye ihn.
„Ich muss ihn im Auge behalten", knurrte er.
„Du wolltest dich benehmen."
Ich lehnte mich zurück und legte meinen Arm auf die Stuhllehne von Dawson.
„Warum hasst du mich?", fragte ich.
„Ich meine, das hier war deine Idee. Aber du kannst mich ganz offensichtlich nicht leiden", fügte ich hinzu.
„Du hast meinen besten Freund, meinen Bruder, fast unter die Erde gebracht."
Ich seufzte.
„Außerdem will ich nicht, dass Dawson verletzt wird. Und das wirst du. Früher oder später wirst du ihn verletzen."
„Ich habe seit einem Monat keinen Sex mehr, ich habe niemand anderen gedated, ich schaue nicht mal mehr jemand anderem hinterher. Ich genieße jede freie Minute mit Dawson und denke an ihn, wenn er nicht bei mir ist. Also, was willst du noch hören? Ja, das mit dem Unfall tut mir leid, das war nicht meine Absicht, okay? Aber ich will ihn weiter kennenlernen, also gib mir bitte eine Chance."
Der Kellner brachte unsere Getränke.
„Du bist die erste Person, für die sich Dawson interessiert. Versaust du es, dann-"
„Jungs, jetzt hört auf. Wir wollten einen netten Abend haben", unterbrach Faye ihn und legte ihre Hand auf seine.
Dawson zeigte etwas mit seinen Händen und Colter schnaubte.
„Na schön", brummte er und sah trotzig auf seinen Teller.
Ich sah in die Karte und wählte meine Gerichte aus.
„Hast du dich schon entschieden?", fragte ich und beugte mich zu Dawson, streichelte ihm sanft über seinen Rücken.
Er zeigte auf eine Hühnersuppe als Vorspeise und als Hauptspeise auf Bandnudeln mit Lachs.
Sehr bescheiden, der Gute.
Ich winkte den Kellner zu uns und wir gaben unsere Bestellungen auf.
„Also, wie läuft es bei euch beiden?", fragte ich Colter und Faye.
Faye grinste breit.
„Sehr gut. Mit Kleidung und auch ohne", grinste sie.
„Manchmal ist er allerdings ziemlich tollpatschig. Gott sei Dank aber nicht im Bett", fügte sie hinzu.
Dann sah sie zu mir.
„Und bei euch?"
Ich lächelte und lehnte mich zurück.
„Sehr gut. Das daten ist nun offiziell vorbei und", ich richtete meinen Blick auf Colter, „ich bin bin übrigens negativ. Wie erwartet", sagte ich.
Doch Colter schnaubte nur und verdrehte seine Augen.
„Colter, was erwartest du von mir? Sei ehrlich. Ich werde aus dir einfach nicht schlau. Jeder sagt mir, dass du total cool, lustig und unproblematisch bist. Aber für mich bist du das nicht."
„Du willst das jetzt wirklich hier besprechen? Ich halte das für keine gute Idee."
„Wo dann? Vor der Tür? Wenn du mir eine verpassen willst, dann okay. Dann tue das."
Der Typ schnaufte, während der Kellner unsere Vorspeisen brachte. Dann knallte er mir sein iPhone hin. Zu sehen war ein Bild.
Malik und ich.
Vor sieben Jahren.
„Woher hast du das?", fragte ich leise.
Die Erinnerungen hatte ich verdrängt.
„Er war mein bester Freund", flüsterte Colter gebrochen.
„Warum hast du ihn in den Tod getrieben? Willst du mir jetzt noch Dawson nehmen?"
Verwirrt sah ich ihn an.
„Was meinst du? Es war Selbstmord", sagte ich leiser.
„Und warum hat er sich umgebracht? Das Foto wurde vier Stunden vor seinem Tod aufgenommen. Hast du ihn gevögelt? Ihn dann fallen lassen?"
Ich schüttelte meinen Kopf.
„Er hat sich mir anvertraut, weil er niemanden hatte. Haben dir seine Eltern nie etwas gesagt?"
Colter ballte die Hände zu Fäusten.
„Rede dich nicht raus."
Alle Augen lagen nun auf mir.
„Er war damals der Nachbar von Daniel. Callie und ich gingen oft ein und aus bei ihm, die Gärten lagen direkt aneinander. Er hat gehört, wie ich mit Callie über meine diversen nächtlichen Aktivitäten geredet habe. Irgendwann hat er mich abgepasst und mich um Rat gefragt, wie ich es schaffe, so offen damit umzugehen. Ich erzählte ihm von meinem besten Freund Atlas, darüber, wie ich im Heim aufgewachsen war und niemanden bis auf Callie hatte. Ich erzählte ihm, dass mir nur die Meinung meiner Familie wichtig war. Wir trafen uns einige Monate. Um zu reden, weil es ihm schlecht ging."
Ich schluckte und sah auf das Bild.
„An dem Abend, an dem er das Foto schoss, war er glücklich, weil er jemanden kennengelernt hatte. Er wollte es seinen Eltern sagen, doch sie sind... sehr religiös und haben es nicht gut aufgenommen. Er rief mich an und weinte."
Ich schluckte und meine Augen wurden feucht.
„Und ich war am Telefon, als er sich von der Brücke stürzte. War nicht rechtzeitig bei ihm."

Ich nahm das iPhone und legte es mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch, weil ich das Bild nicht ertragen konnte.
„Du lügst."
Colter flüsterte.
„Nein. Ich hätte nie mit ihm geschlafen. Er war um einiges jünger und außerdem wollte er bis zur Ehe warten."
Ich fing an zu essen, konnte die Blicke nicht ertragen und so starrte ich auf meinen Teller. Dawson drückte kurz mein Bein, fing dann ebenfalls an zu essen.
Doch nun konnte ich Colter verstehen. Er hatte Angst, dass ich ihm Dawson wegnahm. Doch das würde nicht passieren. Malik hatte sich nicht wegen mir umgebracht, ich hoffe, Colter verstand es.
„Hat er..., hat er je etwas über mich erzählt?", hörte ich Colter leise fragen.
Ich lächelte.
„Er hat immer von einem verrückten Kerl erzählt, den er seit dem Kindergarten kennt. Er hat dich nie beim Namen genannt.., sondern-."
„Chamsin", flüsterte er und lächelte.
„Ich weiß bis heute nicht, was es beutetet, aber ich habe es geliebt und nie nachgefragt."
Colters Stimme war leise.
„Chamsin ist ein sehr heißer und trockener Wüstenwind. Er nannte dich so, weil er dich so hübsch fand und dein Charakter dem eines Wüstenwindes glich. Wild und unberechenbar. Laut seiner Aussage."