100€. In Bar. Das war schon was. Ziemlich viel Geld, für nur mal kurz einkaufen, dachte Harry. Und Vertrauen. Vertrauen darauf, dass er nicht einfach mal mit dem Geld abhauen würde... der Gedanke war verlockend. 100€. Was man damit nicht alles machen könnte?
Harry ermahnte sich zu guten Gedanken, wichtigen. Wie zum Beispiel was er eigentlich kochen sollte. Es sollte gut sein, aber auch Nix, was man täglich essen könnte. Außergewöhnlich, aber nicht speziell.
Gedankenverloren ging er die Straße hinunter. Vor dem Supermarkt knallte er in einen Einkaufswagen. Ein älterer Herr war der Besitzer. Harry ging zu Boden, das Geld flog aus seiner Tasche, eilig sammelte er es auf
»So unfreundlich! Überall diese Penner! Geben einen fick auf jeden! Nun steh schon auf, du dummes Ding! Ich habe noch wichtige Dinge zu tun, um dem Staat nicht auf der Tasche zu liegen wie ihr faulen Penner!«, schrie der Opa Harry an.
Mit einem Sprung war er auf den Beinen, seine Hände ballten sich zu Fäusten, seine Brust hob und senkte sich deutlich schneller als normal war. »Noch. Ein. Wort. Und. Ich. Bring. Dich. Um!«, brachte Harry gepresst raus, trat mit Wucht gegen den Einkaufswagen und stürmte in das Innere des Supermarktes.
Die Straßenszene war nicht an allen spurlos vorüber gegangen. Ein Kind mittleren Alters stand mit offenem Mund neben seiner Mutter, hielt sich am Zipfel ihres Rockes fest und trat einen Gewalten Schritt zur Seite, als Harry an ihr vorbeiging.
Harry schluckte. Er durfte so doch nicht ausrasten! Aber er tat es. Immer wieder. Und wieder. Und wieder. Bis es zu spät war. Damals hatte er seine Stelle als Koch verloren. Jetzt lebte er auf der Straße. In einer Mülltonne. Wie schnell sich das Leben manchmal ändert. Eigentlich hätte er befördert werden sollen. Aber an dem Abend war eine alte Oma da. Nichts hatte ihr gepasst, brachte man ihr das, was sie bestellt hatte, war es das falsche. Harry geriet außer sich, knallte ihr das Essen auf den Tisch, riss bei erneuter Beschwerde alles runter und wurde dann von seinem Vorgesetzten vor die Tür gesetzt.
Arbeitslos. Kurz darauf konnte er die Nebenkosten nicht bezahlen. Für 3 Monate lebte er ohne Wasser, Strom und Heizung. Internet hatte er auch keins. Er war nicht erreichbar. Nur per Post. Ein Monat später kündigte er seine Wohnung. Das letzte Geld brauchte er für essen. Er hoffte, schnell eine neue Stelle zu finden. Aber niemand wollte ihn. Und die, die ihn wollten, da wollte er nicht hin.
Für kurze Zeit arbeitete er im Tierheim. Aber auch da flog er raus. Er hatte einen potenziellen Kunden angeschrien. Das Arschloch hatte seinen Hund misshandelt. Klar fanden die Mitarbeiter das auch nicht okay, aber trotzdem musste man sich an Regeln halten.
»Wollen Sie da an den Schrank? Ich bräuchte noch Maultaschen für meinen Enkel...« Eine ältere Dame stand hinten ihm und deutete auf die Maultaschen im Angebot. Harry schüttelte den Kopf, öffnete die Tür und reichte der Frau die Maultaschen.
Was sollte er kochen? Maultaschensalat. Pinienkerne. Eisbergsalat. Öl-Dressing. Parmesan. Klang gut.
Harry ging zurück zum Eingang und holte sich einen Korb. Maultaschen flogen rein, Parmesan dazu. Und Cracker zusammen mit Frischkäse dürfte auch nicht verkehrt sein. Besser mal einpacken. Dazu eine Gurke.
Das Gefühl, einzukaufen, beflügelte Harry. Er fühlte sich glücklich. Erfüllt. Zufrieden. Er machte das, was er liebte. Kochen. Ohne Rezept. Einfach Variationen probieren. Solange, bis es schmeckt. Wenn er kochte, war er ein anderer Mensch. Beim Kochen rastete er nie aus. Es konnte noch so viel schiefgehen, Harry blieb ruhig. Tiefenenspannt.

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Only the brave
Hayran KurguFanFiction. Larry Stylinson. »Fass mich an und du stirbst.« Louis ist verzweifelt. Eine Band zu führen ist schwerer, als er dachte. Besonders dann, wenn man das größte Arschloch der Welt als Manager hat. Einen geldgeilen Manager. Und dann taucht auc...