II. Kapitel

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The horror
you have seen
is not who you are.

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„Hier bist du also.“

Der vertraute Klang der Stimme ließ Osha aufschauen. Meister Sol hatte sich vor die Nische gehockt. Sie hatte sich bereits vor ein paar Stunden zwischen den metallenen Maschinen versteckt. Der Weg nach Coruscant war weit und hier war es warm. Und sie war für einige Zeit allein.

Sol streckte die Hand in ihre Richtung, seine Augen waren sanft und gütig. Sie erinnerten sie an die Augen von Mutter Aniseya. In ihnen hatte oft derselbe Ausdruck gelegen. Die Erinnerung daran verursachte ein schmerzhaftes Ziehen in ihrer Brust. Sie würde sie nie wieder so ansehen. Sie war tot.

„Kommst du hervor?“, fragte er, die Stimme sanft und ruhig haltend. „Wir haben Coruscant gleich erreicht.“

Osha wollte ihr Versteck nicht verlassen. Er schien der einzige Rückzugsort auf diesem Schiff zu sein, der einzige Ort, an dem sie sich nicht für ihre Tränen schämen musste. Gleichzeitig hoffte sie, dass die Jedi-Ausbildung sie von ihrem Verlust ablenken würde. Tief in ihrem Inneren wusste sie jedoch bereits, dass das nicht funktionieren würde. Sie hatte ihr Zuhause verloren. Ihren Zirkel, ihre Familie. Ihre Mütter. Ihre Schwester. Da war eine Leere in ihrer Brust, ein Loch. Da war die Trauer, die ihr die Luft zum Atmen nahm. Da war der Schmerz, der ihr Herz zerriss.

Doch Osha wusste, dass sie jetzt weitermachen musste. Ihre Mütter hätten nicht gewollt, dass sie jetzt aufgab.

Also wischte sie sich mit ihrem Ärmel die letzten Tränenspuren von den Wangen und kroch hervor.

Als sie vor Meister Sol stand, legte er ihr seine Hand auf die Schulter. „Ich weiß, dass es schwer ist, Osha“, begann er leise, tiefes Mitgefühl lag in seinen Augen. „Aber du musst diesen Schmerz loslassen, wenn du eine Jedi werden willst. Du musst lernen, deine Gefühle nicht an dich heranzulassen, sie zu kontrollieren. Wenn sie nicht mehr dein Handeln bestimmen, erst dann bist du frei. Der Schmerz wird verschwinden, ebenso wie dein Zorn und deine Trauer.“

„Wie soll ich meine Gefühle kontrollieren? Das erscheint unmöglich …“, entgegnete sie sofort, bevor sie einen Moment später beschämt den Blick senkte. Sie schalt sich für ihre unbedachten Worte. Gleich würde sie getadelt werden, da war sie sich sicher.

„Es ist schwierig, ja“, antwortete Sol jedoch ohne jeden Groll. Der Blick, mit dem er sie ansah, war weiterhin voller Güte und Verständnis. „Schwierig … doch nicht unmöglich. Du wirst es lernen, Osha. Ich werde es dir beibringen“, versicherte er ihr.

Sein Blick schweifte ab, als würde er ihn in weite Ferne richten. Einen Moment schwieg er, schien in Gedanken versunken. Dann sah er wieder zu ihr, in seinen Augen lag Zuversicht und Hoffnung. Seine Stimme war sanft, als er sprach, der Griff um ihre Schulter wurde eine Spur fester.

„Du bist mächtig, Osha. Und irgendwann wirst du eine mächtige Jedi sein. Das verspreche ich dir.“  

Plötzlich erstarb das sanfte Lächeln. Sol schnappte stumm nach Luft, sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Er griff sich an die Kehle, stolperte nach hinten, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. Der Blick, mit dem er sie ansah, war voller Furcht und einem lautlosen Urteil. Einem ungesagten Schrei nach Gnade. Seine Worte waren nur ein Hauch, kamen gequält über seine Lippen.

„Was hast du getan?“

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Osha wachte mit einem Schrei auf den Lippen auf, den sie gerade noch zurückhalten konnte. Sie blickte sich in der Dunkelheit um. Nur die Reste des heruntergebrannten Feuers erhellten die Umgebung schemenhaft, sie konnte Qimirs Silhouette ausmachen. Er schlief.

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