V. Kapitel

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Inhaltswarnung: Suizidgedanken

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Find someone,
who calms the storms within you
and not make them worse.

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Wieder war es die Panik, die ihr den Boden unter den Füßen wegriss. Wieder war es Qimir, der sie auffing. Seine Worte, die ihr versicherten, dass sie nicht erstickte, auch wenn ihre Brust so eng wurde, dass sie keine Luft mehr bekam. Seine Hände, die verhinderten, dass sie zu Boden sank. Seine Finger, die die Tränen von ihren Wangen strichen. Seine Stimme, die sie im Hier und Jetzt hielt.

„Du bist nicht allein. Du bist nicht allein. Du bist nicht allein.“

Sie klammerte sich an die Worte fest. Weil sie das einzige waren, das inmitten der Panik existierte. Das Einzige, was relevant war.

Sie war nicht allein.

Qimir war bei ihr.

Und mehr brauchte sie nicht.

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Die Zeit floss dahin, wurde von Tag zu Nacht, von Ebbe zu Flut. Langsam fand Osha einen Rhythmus. Meist hielt sie sich draußen auf und streifte über die Insel. Sie hatte schnell festgestellt, dass Qimirs Tagesablauf klar strukturiert war. Selbst er konnte nicht alle Gewohnheiten ablegen, die ein langer Bestandteil seines Lebens gewesen waren. Seine Zeit als Jedi hatte ihn geprägt, sowie es sie geprägt hatte. Er verließ die Höhle, bevor sie erwachte und kehrte erst wieder, wenn sie bereits schlief. Manchmal aßen sie gemeinsam und wenn Qimir nicht gerade auf der Anhöhe meditierte, reparierte er sein Lichtschwert oder kümmerte sich um das Gemüse, das er auf den Hängen anbaute. Das Leben mit ihm gestaltete sich alles in allem deutlich unkomplizierter, als sie erwartet hatte.

Die Albträume wurden nicht weniger. Sie schienen ganz im Gegensatz sogar heftiger zu werden. Auch die Panikattacken verschwanden nicht. Es war anstrengend und raubte ihr meist alle Energie. Häufig zog sich Osha in irgendeinen Winkel der Insel zurück und starrte so lange schweigend auf das Meer, bis die Sonne das Wasser in Flammen setzte. Erst dann kehrte sie zur Höhle zurück und legte sich dort schlafen, nachdem sie gegessen hatte.

Qimir machte bisher keinerlei Anstalten, sie auszubilden. Keine Lektionen, abgesehen von wenigen Kommentaren, die er nebenbei fallen ließ. Dass sie ihre Gefühle zulassen sollte, wenn sie wieder einmal versuchte, ihre Schuld, den Schmerz und die Trauer zu verdrängen. Dass sie auf sich selbst vertrauen sollte. Dass sie geduldig sein sollte, wenn sie erfolglos versuchte, die Macht um sich herum zu spüren. Dass ihre Gedanken und Erinnerungen der Schlüssel zu ihren Emotionen seien, und diese wiederum das Fundament bildeten, damit sie die Macht nutzen konnte.

Immer, wenn sie abends gemeinsam in der Höhle waren, fragte Qimir sie, was sie fühlte. Häufig war es Osha nicht möglich, darauf eine Antwort zu geben. Seine Frage, was sie dachte, konnte sie meist besser beantworten. So erzählte sie ihm von ihrer Ausbildung unter Sol, von den Jahren, als sie als Meknek gearbeitet hatte, von ihrer Kindheit im Hexenzirkel mit Mae. Anders, als sie erwartet hatte, blieben ihre Erzählungen nicht einseitig. Qimir sprach von seiner eigenen Jedi-Ausbildung, von den Jahren, in denen er Mae trainiert hatte. Ihr fiel auf, dass er ihr nicht offenbarte, wessen Padawan er gewesen war und wie er Mae gefunden hatte.

Das Leben auf der Insel war ruhig und friedlich. Und fast unterbewusst begann Osha, diesen Ort als Zuhause zu bezeichnen. Die Höhle war eine Zuflucht, die sie immer aufnahm, wenn sie von ihren Streifzügen zurückkehrte. Und es gab immer jemanden, der dort auf sie wartete.

Sie war in ihrem ganzen Leben so ziellos gewesen, dass es fast ironisch war, dass Osha erst jetzt merkte, dass es diese zwei Dinge waren, nach denen sie sich all die Zeit gesehnt hatte.  

the thread that binds usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt