III. Kapitel

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Yes,
you will rise from the ashes,
but the burning comes first.

For this part,
darling,
you must be brave.

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Osha wurde von dem hereinfallenden Licht der Sonne geweckt.

Sie blinzelte gegen die plötzliche Helligkeit an, schlug die dünne Decke beiseite und richtete sich langsam auf.

Das Erste, was ihr auffiel, war Qimirs Abwesenheit. Und damit kamen die Erinnerungen an die vergangene Nacht. An den Albtraum und die Panik, in die sie danach verfallen war. Sie erinnerte sich an Qimirs Hand auf ihrer Schulter. An die warme Berührung seiner Finger, als er die Tränen von ihrer Wange gestrichen hatte. An seine tröstlichen Worte, die so voller Verständnis und Anteilnahme gewesen waren. Ihre Brust füllte sich mit Wärme, als sie daran dachte. Gleichzeitig schämte sie sich dafür, sich so viel Blöße gegeben zu haben. Sie hatte ihre Emotionen nicht im Griff gehabt. Und sie hatten sie völlig überrollt. Wieder einmal.

Osha atmete tief durch und schob die Erinnerungen beiseite. Sie wollte gerade nicht darüber nachdenken.

Sie stand auf und zog sich ihre Stiefel wieder über die Füße, bevor sie zum Eingang der Höhle ging. Sie trat hinaus. Helle Wolken bedeckten den Himmel, ein leichter Westwind wehte. Der Meeresspiegel war durch die Flut angestiegen, sodass der Weg zum Schiff überspült war. Die Wellen rollten mit weißen Schaumkronen bekränzt auf den Strand oder brachen sich an den felsigen Klippen.

Osha folgte dem Pfad zum Strand, ging dann weiter ins Innere der Insel. Die Skura, die zwischen den Felsen saßen, störten sich nicht an ihrer Gegenwart. Die Vegetation der Insel war spärlich bis kaum vorhanden, abgesehen von dem moosartigen, dichten Gras und den Flechten, die sich an die Felsen klammerten. Bis auf die Skura und ein paar Vögeln am Himmel konnte Osha auch keine weiteren Tiere ausmachen. Die Inseln, die sich am Horizont aus dem Meer erhoben, sahen genauso verlassen aus wie die, auf der sie sich befand. Trotzdem die Luft atembar war, schien der Planet von jeglicher Zivilisation vollkommen unbewohnt.

Sie erklomm die Anhöhe, die in nächster Nähe zur Höhle lag. Der Aufstieg wäre beschwerlich gewesen, wenn sich nicht ein schmaler, ausgetretener Pfad nach oben winden würde. Als sie oben ankam, erkannte sie Qimir, der im Lotussitz wenige Zentimeter über dem Boden schwebte, den Blick auf das Meer gerichtet mit dem Rücken zu ihr. Offenbar meditierte er.

Osha blieb stehen, schloss die Augen und folgte einer Eingebung heraus seinem Beispiel. Versuchte, sich der Macht hinzugeben, sich von ihr führen zu lassen.

Sie konzentrierte sich auf ihre Atmung, ließ jeden Gedanken los. Ließ sich einfach fallen.  

Früher war es so einfach gewesen, all das zu spüren, was um sie herum geschah. Sie hatte nur ihre Augen schließen müssen und wie ein sechster Sinn hatte sie die Emotionen der anderen gespürt, ihre Machtsignaturen. Hatte Leben und Tod gespürt, Geburt und Verfall.

Jetzt spürte sie gar nichts.

Mit einem resignierten Seufzen öffnete sie wieder ihre Augen.

Und begegnete Qimirs Blick, der über seine Schulter zu ihr sah.  

Plötzlich schämte sie sich, als hätte er sie bei etwas Verbotenem ertappt. Dabei hatte er nur gesehen, dass sie vollkommen unfähig war, die Macht zu nutzen.

Aus einem reinen Fluchtreflex heraus drehte sie sich um und lief weg.
 
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Osha setzte ihren Weg über die Insel fort. Die Sonne hatte ihren Zenit bereits längst überschritten, als sie sich auf einem großen Stein niederließ. Nachdenklich blickte sie aufs Meer.

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