Kapitel 12 ☾

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Jamals Gesicht näherte sich immer mehr, und die Zeit schien sich in Zeitlupe zu dehnen.

„Jamal, was machst du da?" fragte ich, als ich einen Schritt zurück trat.

„Ich dachte..." begann Jamal, doch sein Blick blieb stumm, während er mich anstarrte.

„Wir sind Freunde", kam es plötzlich aus mir, und ich wusste nicht, warum ich das gesagt hatte. Ich meinte es nicht wirklich so. Ich war mir nicht einmal sicher, was wir waren, aber ich wusste, was wir nicht waren.

„Das ist ja das Problem, Jamila", kam es plötzlich von Jamal. „Checkst du es nicht? Ich will nicht nur ein Freund sein, den du mit anderen gleichstellst. Yane, ich will dein Freund sein. Ich will der einzige Mann sein, den du siehst."

Ich starrte ihn an, konnte aber nichts aus seinem Gesichtsausdruck ablesen. Meint er das ernst?

„Jamal—" begann ich, doch er unterbrach mich.

„Sorry, dass es alles auf einmal war. Du musst auch nichts dazu sagen, aber ich konnte es nicht mehr für mich behalten."

„Jamal, ich fühle auch etwas für dich. Aber du lebst ein anderes Leben als ich. Der Ruhm, die Frauen, das Geld—dein Umfeld, einfach alles, was uns diesen Weg erschweren würde", gestand ich schließlich.

Jamal sah mich an, und ich erkannte den Schmerz in seinen Augen, auch wenn er versuchte, ihn zu verbergen. Ein leiser Seufzer entkam ihm, während er sich mit einer Hand durch seinen dunklen Boxerschnitt fuhr und dann langsam den Kopf schüttelte.

„Du verstehst das falsch, Jamila", sagte er schließlich in einem gedämpften Ton. „Das bin nicht ich. Nicht wirklich. Ja, ich habe mich darauf eingelassen, aber das ist nicht alles, was mich ausmacht. Der Ruhm und die ganzen Leute, die sich an mich hängen, sind nur eine Fassade. Ich dachte, ich müsste mich beweisen. Vor ihnen. Vor mir selbst. Aber..."

Er hielt inne, und sein Blick wurde weicher, fast flehend.

„Aber du bist die Einzige, bei der ich einfach ich selbst sein kann. Mit dir will ich nicht irgendjemand sein, sondern einfach Jamal."

Seine Worte trafen mich tief. Mein Herz schlug schneller, während ich ihn ansah.

„Aber was, wenn es nicht reicht?" flüsterte ich, meine Hände nervös ineinander verschränkt. „Was, wenn wir es versuchen und... alles kaputt geht?"

Er trat einen Schritt auf mich zu, aber diesmal war es kein Versuch, mich zu küssen oder mir näherzukommen.

„Weißt du, was mir wirklich Angst macht?", fragte er leise. „Nicht, dass wir scheitern könnten. Nicht mal, dass wir uns verlieren könnten. Was mir Angst macht, ist, dass wir es nie versuchen und du irgendwann... jemand anderen findest." Er atmete tief ein und aus, als versuche er, die richtigen Worte zu finden. „Jemanden, der nicht ich ist."

Ein kleines, unfreiwilliges Lachen entwich mir bei seinen letzten Worten, und Jamal lächelte schwach, als hätte ich ihm damit eine Last von den Schultern genommen.

„Ich will dich nicht verlieren, Jamila", flüsterte er. „Aber ich will auch nicht so tun, als wäre das hier zwischen uns nichts. Wir könnten weitermachen wie bisher und so tun, als wäre alles in Ordnung. Oder wir riskieren es und sehen, was passieren könnte."

„Jamal, ich will, dass du weißt, dass du meine erste romantische Erfahrung wirst", erwiderte ich leise, und mir wurde bewusst, wie dumm das klang. Es war eine meiner tiefsten Ängste, eine, die ich vor ihm noch nie zugegeben hatte.

Sein Blick wurde weich, und ohne weiter nachzudenken, legte er seine Hand auf meine Wange. Diesmal wich ich nicht zurück. Sein Daumen strich sanft über meine Haut, und ich spürte die Wärme seiner Berührung.

„Vertraust du mir?", fragte er leise, als wäre es die einfachste Frage der Welt.
„Ja", sagte ich entschlossen, und Jamal lächelte.

„Also, sind wir jetzt Freund und—" begann ich, doch Jamal unterbrach mich.
„Sag das nicht fertig, das ist so kitschig."

Plötzlich trat Jamal wieder näher, seine Hand immer noch auf meiner Wange, während er die andere nun auf meinen unteren Rücken legte und mich zu sich zog. Er schaute zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin und her, bis ich mich ebenfalls näherte und unsere Lippen sich sanft trafen.

Ich spürte etwas, was ich noch nie empfunden hatte. Ein seltsames Kribbeln in meinem Bauch. Und irgendwie konnte ich nicht genug von ihm bekommen. Schließlich löste ich mich von ihm.

„Du musst mir sagen, wenn ich es nicht kann—" fing ich hektisch an.
„Junge, halt's Maul. Das war einer der besten Küsse, die ich hatte."

Ich wollte mich gerade darüber freuen, als ich den Satz in meinem Kopf noch einmal durchspielte.

„Du Hampelmann, Junge", entgegnete ich und schlug ihm spielerisch auf den Arm.
„Ich mache Spaß, Digga. Hör auf, mir in den Arm zu schlagen, das tut dir mehr weh als mir", lachte er.

Dann trat er einen Schritt zurück und streckte mir die Hand entgegen.
„Komm. Ich begleite dich nach Hause, okay?"

Ich legte meine Hand in seine. Es fühlte sich seltsam und doch richtig an—als wäre dies der Anfang von etwas Neuem. Etwas, das vielleicht großartig oder vielleicht katastrophal enden würde. Aber ich wusste jetzt, dass ich bereit war, es herauszufinden.

„Okay", sagte ich leise und lächelte zaghaft

Verliebt, trotz allem. - jamal blaqWo Geschichten leben. Entdecke jetzt