Kapitel 13 ☾

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Heute rief mich Jamal kurz an und bat mich, bei seinem Clubauftritt dabei zu sein. Zuerst zögerte ich, unsicher, ob ich wirklich in seine Welt eintauchen wollte. Doch nach langem Überreden von seiner Seite gab ich nach.

Ich zog mir eine schwarze Baggy-Jeans an, kombinierte sie mit einem weißen Crop-Top und setzte als Highlight meine Jordan 4 dazu. Mein Haar lockte ich, um den Look abzurunden. Wir hatten vereinbart, uns bei ihm zu treffen, also machte ich mich zügig auf den Weg zu seiner Wohnung.

„Jamal!" rief ich, als ich die Tür hinter mir schloss.
„Badezimmer!" hörte ich ihn zurückrufen.

Ich zog meine Schuhe aus und ging ins Badezimmer, wo er gerade dabei war, sich einzucremen.

„Für wen machst du dich so schick?" fragte ich, während ich mich an den Türrahmen lehnte und ihn beobachtete.

„Für dich, bella," sagte er grinsend, als er zu mir trat und meine Hand nahm. Er drehte mich einmal um sich selbst, als wolle er mein Outfit begutachten. „Du siehst gut aus," fügte er mit einem anerkennenden Nicken hinzu.

„Du siehst auch nicht schlecht aus," antwortete ich und ließ meinen Blick über ihn gleiten. Er trug eine blaue Dsquared-Hose, ein weißes T-Shirt und dazu eine hellblaue, durchsichtige Cartier-Brille. Natürlich durfte seine schwarze Bauchtasche nicht fehlen – ein Teil von ihm.

„Wollen wir los? Die Jungs sind gleich unten," sagte er, und ich nickte.

Wir zogen unsere Schuhe an und machten uns auf den Weg nach unten, als uns Alim bereits entgegenlief.

„Wesh Jamila," sagte er grinsend, und ich konnte das Glitzern in seinen Augen sehen. „Jetzt bist du offiziell Jamals Chaya, wa?"

Ich wurde etwas nervös. Schliesslich nickte ich grinsend und schlug mit ihm ein.

„Los jetzt, wir müssen uns beeilen. Steigt in den schwarzen Caddy da vorne ein," drängte uns Alim.

Wir liefen auf den Wagen zu und stiegen ein. Ich fand mich auf dem Rücksitz wieder, eingezwängt zwischen Jamal und Mali. Die Fahrt war kurz und verlief ohne Zwischenfälle. Kaum angekommen, zog jeder eine Maske auf und richtete sich ein letztes Mal, bevor die Türen aufgerissen wurden. Ich folgte dicht hinter Jamal, umgeben von seiner Präsenz, als wir durch den Hintereingang in den Backstage-Bereich schlüpften.

Dort warteten bereits einige Leute auf die Jungs. Der Raum war gefüllt mit neugierigen Blicken und einer Menge Frauen, die kaum bekleidet in der Gegend standen. Ihre Kleider waren eng und aufreizend, ihre Blicke durchdringend. Es war das erste Mal, dass ich diesen Teil von Jamals Leben wirklich sah – und ich war mir sicher, dass dieser Teil uns nur Schwierigkeiten bringen würde.

Einige der Frauen warfen ihm bereits aufdringliche Blicke zu, während andere sich an die Jungs schmiegten, die diese Aufmerksamkeit genossen. Ein Gedanke nagte an mir:
Würde Jamal dasselbe tun, wenn ich nicht dabei wäre?

Ich konnte nicht aufhören, ihn zu beobachten. Er wirkte so gelassen, so selbstsicher, als wäre dies sein natürlicher Lebensraum. Die Frauen, die uns umgaben, schenkten ihm Blicke, die alles sagten, und es fühlte sich an, als wäre ich bloß ein stiller Zuschauer in seiner Welt.

„Alles gut?" fragte Jamal plötzlich, als er meinen nachdenklichen Blick bemerkte. Seine Stimme klang ruhig, doch seine Augen suchten in meinem Gesicht nach Antworten.

„Ja, alles gut," log ich und zwang mich zu einem Lächeln. Ich wollte nicht, dass er sah, wie sehr mich die Situation verunsicherte. Das war seine Welt, eine, in der er aufgewachsen war, und ich wollte ihn unterstützen, nicht ihn ausbremsen.

„Jamal! Wir müssen uns langsam bereit machen," rief Moussa von der anderen Seite des Raumes. Die Jungs begannen, sich zu sammeln, ihre Masken zu richten und die Mikrofone zu überprüfen. Die Spannung im Raum stieg, und ich spürte, wie die Energie sich veränderte. Gleich würde es losgehen.

„Bleib hier, okay? Ich bin gleich zurück," flüsterte Jamal mir ins Ohr, bevor er mir einen schnellen Kuss auf die Stirn gab und zu den anderen ging.

Die Musik begann zu dröhnen, und die Jungs von Hoodblaq betraten die Bühne. Die Menge tobte, jubelte und streckte die Hände nach ihnen aus. Hit nach Hit feuerten sie ab, und Jamal bewegte sich mit der Leichtigkeit eines Stars, der genau wusste, wo er hingehörte. Und er gehörte hierher – das war offensichtlich. Doch trotz des Stolzes, den ich für ihn empfand, nagte die Unsicherheit in mir.

Plötzlich fiel mir eine Frau auf, die sich zielstrebig durch die Menge nach vorne kämpfte. Ihre Augen waren fest auf Jamal gerichtet, und ihr Lächeln war mehr als eindeutig. Sie trug ein enges Kleid, das kaum etwas der Fantasie überließ, und bewegte sich mit einer Selbstsicherheit, die mich unbehaglich machte. Ich konnte nicht anders, als ihr nachzusehen, wie sie immer näher an die Bühne kam.

Jamal bemerkte sie nicht sofort, aber als sie direkt vor ihm stand und ihn mit einem süßen Lächeln ansah, nickte er ihr zu, als wäre es das Normalste auf der Welt. In meinem Magen zog sich alles zusammen.

Nach dem Auftritt kehrten Jamal und die Jungs in den Backstage-Bereich zurück. Die Stimmung war ausgelassen, Lachen und Schulterklopfen erfüllten den Raum. Jamal kam zu mir, immer noch atemlos vor Adrenalin.

„Und, wie war's? Was sagst du?" fragte er mit einem breiten Grinsen und zog mich in seine Arme. Sein Gesicht strahlte vor Energie und Zufriedenheit.

„Es war krank," antwortete ich, obwohl meine Stimme nicht so begeistert klang, wie ich es wollte. Ich zwang mich zu einem Lächeln, aber die Szene mit der Frau spielte sich immer wieder in meinem Kopf ab.

Bevor Jamal richtig auf meine Antwort eingehen konnte, riefen ihn die anderen Jungs schon wieder zu sich, um ein paar Drinks zu holen. Ich blieb allein im Backstage-Bereich zurück, umgeben von Gesichtern, die mir fremd waren. Alles wat laut, chaotisch, und es fühlte sich an, als wäre ich unsichtbar, sobald Jamal nicht in meiner Nähe war.

Eine der Frauen, die zuvor in der Nähe von Veysel gewesen war, trat plötzlich zu mir. Sie wirkte fröhlich, vielleicht auch etwas betrunken, und lehnte sich mit einem Lächeln an die Wand neben mir.

„Du bist Jamals Freundin, oder?" fragte sie mit einem fast zu neugierigen Unterton.

„Ja, wieso?" antwortete ich vorsichtig, unsicher, was sie damit bezwecken wollte.

Sie lachte leise und ließ ihren Blick langsam über mich gleiten. „Weißt du, das hier... ist nicht leicht. Und glaub mir, sie sind nicht immer so treu, wie sie vorgeben. Ich kenne sie. Besonders Jamal." Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag, auch wenn sie sie mit einem Lächeln äußerte.

Ich schluckte schwer, aber bevor ich etwas erwidern konnte, rief jemand nach ihr, und sie verschwand wieder in der Menge. Ihre Worte hallten noch lange in meinem Kopf wider, während ich verzweifelt versuchte, sie zu ignorieren.

Jamal warf mir ab und zu einen Blick zu, aber ich wich ihm mittlerweile aus.

Verliebt, trotz allem. - jamal blaqWo Geschichten leben. Entdecke jetzt