Kapitel 15 ☾

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Die letzten Tage waren ein einziges Chaos in meinem Kopf. Ich dachte ununterbrochen an die Situation mit Jamal, versuchte, die Puzzleteile zusammenzusetzen, aber nichts ergab Sinn. Der Schmerz und die Zweifel fraßen mich innerlich auf. Irgendwann konnte ich es nicht mehr ertragen. Ich musste Klarheit haben. Also beschloss ich, Jamal direkt zu konfrontieren.

Als ich aus dem Fenster schaute, entdeckte ich die Jungs unten im Park. Sie saßen locker verteilt auf der Parkbank, lachten laut und machten ihre üblichen Faxen. Für einen kurzen Moment sah es aus, als wäre alles normal – aber der Kloß in meinem Hals ließ mich wissen, dass nichts mehr normal war.

Ich entschied mich, runterzulaufen. Vielleicht war Jamal ja bei ihnen, und ich konnte das Ganze endlich klären. Als ich näher kam, hörte das Lachen der Jungs plötzlich auf. Ihre Blicke richteten sich auf mich, und für einen kurzen Moment schien es, als würden sie angespannt abwarten.

„Was geht ab?", sagte ich, als ich bei ihnen ankam, versuchte, ruhig zu bleiben.

„Ewa, Jamila", erwiderte Alim und streckte mir die Hand entgegen, die anderen folgten, als wollten sie die Spannung überdecken. Ich schlug ein, konnte aber das seltsame Gefühl nicht abschütteln, das sich in meinem Bauch ausbreitete.

„Wo ist Jamal?" fragte ich direkt in die Runde. Die Jungs tauschten Blicke aus, schienen mit den Augen zu diskutieren, wer die Antwort geben sollte.

„Der kommt gleich", murmelte schließlich Safraoui und wich meinem Blick aus.

„Also ist er oben?" hakte ich nach und runzelte die Stirn.

Safraoui setzte gerade an, um zu antworten, aber Mali fiel ihm ins Wort: „Yane, setz dich doch zu uns. Wir quatschen ein bisschen, Jamal kommt gleich. Ich ruf ihn an."

„Ne, danke", sagte ich und schüttelte den Kopf, während die Wut in mir hochstieg. „Ist mir gerade zu komisch hier. Ich geh rauf."

„Jamila, bleib hier", rief Veysel, fast schon flehend. Aber ich hörte nicht auf ihn. Die Stimmung war zu merkwürdig, und irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.

„Ich schwöre euch, wenn ihr was wisst und Jamal dabei deckt, werde ich euch das nie verzeihen", sagte ich mit fester Stimme und wandte mich ab, meine Schritte schnell und entschlossen. Die Jungs riefen mir noch hinterher, aber ich ignorierte sie und marschierte zum Blockeingang.

Mit jedem Schritt, den ich Jamals Wohnung näherkam, wurde das mulmige Gefühl in meinem Magen stärker. Mein ganzer Körper sträubte sich dagegen, weiterzugehen. Etwas in mir schrie, dass ich besser umdrehen sollte – dass nichts Gutes auf mich wartete, wenn ich diese Tür öffnete. Aber ich musste es wissen.

Oben angekommen, klopfte ich an seine Tür. Keine Antwort. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Ohne lange zu überlegen, drückte ich die Klinke herunter. Die Tür war nicht abgeschlossen.

Ich hörte gedämpfte Stimmen aus dem Wohnzimmer. Mein Herz raste. Er war nicht alleine.

„Jamal?" rief ich, doch wieder keine Antwort.

Mit rasenden Gedanken lief ich in die Wohnung, den Flur entlang, bis ich schließlich das Wohnzimmer erreichte. Und da stand er. Aber er war nicht allein.

Vor ihm stand Alisha, fast völlig nackt, nur noch ihren BH tragend. Ihr Oberkörper war entblößt, als würde sie sich nicht im Geringsten für ihre Situation schämen. Jamal war angezogen, doch das spielte in diesem Moment keine Rolle. Sein Gesichtsausdruck war eindeutig – er sah aus, als hätte er gerade seinen schlimmsten Albtraum erlebt.

„Was zum Fick...", flüsterte ich entsetzt, meine Stimme überschlug sich.

„Jamila, nein, das ist nicht, was du denkst!", rief Jamal panisch und machte einen Schritt auf mich zu.

Alisha lachte leise, beinahe genüsslich, und schaute von ihm zu mir, als wäre die ganze Situation ein Spiel für sie. „Oh, bitte. Das hier ist doch harmlos. Wir haben doch nur geredet, oder?" Ihr Ton war voller Spott.

Ich fühlte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. „Deshalb haben die Jungs so komisch reagiert. Sie wussten, was du hier abziehst... mit ihr..."

„Nein, nein, das ist nicht wahr!", stammelte Jamal, als er auf mich zukam. „Ich schwöre, Jamila, es ist nicht so, wie es aussieht!"

„Das ist alles, was du mir zu sagen hast? Dass es nicht so aussieht?" Ich konnte kaum noch atmen, meine Brust zog sich zusammen, als der Schmerz mich durchflutete. „Ich bin gekommen, um mit dir zu reden und das Ganze zu klären, aber jetzt... du hast alles bestätigt."

„Bitte, lass mich das erklären!" Jamals Stimme wurde verzweifelt, doch ich wich vor ihm zurück. „Ich wollte mit dir reden, nicht mit ihr. Sie hat sich hier aufgedrängt."

„Ich hab keine Lust mehr auf deine Erklärungen", flüsterte ich, meine Stimme brach vor Emotionen. „Das ist alles so krank. So falsch."

Alisha grinste schadenfroh. „Jamal hat mir schon gesagt, dass du immer überreagierst, aber das hier? Wow, das ist ja echt... dramatisch."

Diese Worte trafen mich härter als alles andere. Ich sah Jamal an, wartend, dass er etwas sagte, etwas tat – aber er schwieg. Er stand da, wie gelähmt, schüttelte nur den Kopf, als wollte er mich dazu bringen, nicht an das zu glauben, was ich mit eigenen Augen sah.

Die Tränen liefen unaufhaltsam über mein Gesicht, und plötzlich schien der Raum sich um mich zu drehen. Ich konnte nicht mehr atmen, die Luft war stickig und die Wände schienen immer näher zu kommen. Ich musste hier raus. Jetzt.

Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und stürmte aus der Wohnung, die Treppen hinunter, zurück zu den Jungs. Als ich unten ankam, schnappte ich nach Luft, versuchte, meine Fassung wiederzugewinnen, doch der Schmerz war zu groß.

„Ihr wusstet es!", rief ich, als ich bei den Jungs ankam. Sie standen sofort auf, ihre Gesichter voller Schuld.

„Jamila, die wollten nur reden!", rief Safraoui, als er auf mich zukam.
„Nackt?", fragte ich sarkastisch, während ich ihn wütend anstarrte.
„Wie ?" Alim sah mich verwirrt an, als hätte er keine Ahnung, wovon ich sprach.

Bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich Schritte hinter mir. Jamal rannte die Treppen herunter und kam direkt auf mich zu.

„Jamila, bitte!", flehte er und griff nach meinem Arm, doch ich riss mich von ihm los.

„Fass mich nicht an", sagte ich kalt und sah ihm direkt in die Augen. „Fass mich nie wieder an."

Sein Gesicht war voller Schmerz, aber es gab nichts mehr zu sagen. Zu viel Vertrauen war zerbrochen.

„Ich wusste, dass das nie funktionieren wird", sagte ich, meine Stimme voller Enttäuschung.

„Sag das nicht, bitte", flehte er erneut, aber ich konnte den Schmerz in seiner Stimme nicht mehr ertragen.

Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und ging, die Tränen liefen unkontrolliert über mein Gesicht. Das konnte doch nicht das Ende sein.

Verliebt, trotz allem. - jamal blaqWo Geschichten leben. Entdecke jetzt