Kapitel 2: Ein neuer Anfang

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Hermine öffnete die Augen und blinzelte in das weiche Morgenlicht, das durch die Vorhänge ihres Schlafsaals sickerte. Die vertrauten Umrisse des Gryffindor-Turms, der Duft von altem Holz und ein Hauch von Asche erfüllten den Raum. Es fühlte sich eigenartig an, wieder hier zu sein und doch war es genau das, was sie gebraucht hatte - ein Stück Normalität in einer Welt, die sich so sehr verändert hatte. Ginny saß bereits auf ihrem Bett, zog sich die Socken an und summte leise vor sich hin. ,,Guten Morgen, Schlafmütze", sagte sie mit einem frechen Grinsen. Hermine lächelte schwach zurück. ,,Guten Morgen. Wie kannst du um diese Uhrzeit schon so gut gelaunt sein?" ,,Es ist der erste richtige Schultag! Außerdem will ich unbedingt wissen, wie unsere neuen Mitschüler so sind - und ob Malfoy wieder Ärger macht." Ginny warf ihr einen spitzbübischen Blick zu. ,,Wetten, dass er es keine Woche ohne eine Standpauke schafft?" Hermine schüttelte den Kopf. ,,Vielleicht sollten wir ihm eine Chance geben. Es könnte sein, dass er sich geändert hat." Ginny hob skeptisch eine Augenbraue. ,,Glaubst du das wirklich?" ,,Ich weiß es nicht", gestand Hermine. ,,Aber nach allem, was passiert ist, sollte jeder die Gelegenheit bekommen, neu anzufangen."

Beim Frühstück in der Großen Halle war die Stimmung lebhaft, wenn auch ein wenig angespannt. Die Schüler waren in kleinen Gruppen versammelt, tuschelten und tauschten Neuigkeiten aus. Hermine konnte fühlen, dass viele Blicke auf sie gerichtet waren - das berühmte Trio war für seine Rolle im Krieg bekannt und auch wenn Harry und Ron dieses Jahr nicht hier waren, schien Hermines Rückkehr die Aufmerksamkeit der anderen Schüler zu wecken. Ginny war bereits in ein Gespräch mit ein paar Gryffindor-Drittklässlern vertieft, als Hermine bemerkte, dass jemand auf sie zukam. ,,Granger." Die Stimme war tief und vertraut. Als sie aufsah, stand Draco Malfoy vor ihr, die Hände in den Taschen seiner makellosen Slytherin-Robe. ,,Malfoy", antwortete sie ruhig, ihre Gabel auf halbem Weg zu ihrem Mund angehalten. ,,Ich dachte, du wärst zu beschäftigt mit deiner glorreichen Karriere, um zurückzukehren." Seine Stimme hatte noch immer diesen schnippischen Unterton, aber sie war weniger scharf als früher. ,,Ich dachte, du würdest Hogwarts meiden wie der Teufel das Weihwasser", konterte sie, den Blick fest auf ihn gerichtet. Für einen Moment verzog sich sein Gesicht, als ob sie einen Nerv getroffen hätte, doch dann zuckte er mit de Schultern. ,,Manchmal überrascht das Leben eben. Was auch immer." Er drehte sich um und ging zurück zum Slytherin-Tisch, bevor Hermine noch etwas sagen konnte. Ginny warf ihr einen vielsagenden Blick zu. ,,Der ist ja freundlich wie eh und je", bemerkte sie trocken. ,,Vielleicht ist er genauso nervös wie wir", sagte Hermine, doch selbst sie war nicht sicher, ob sie das wirklich glaubte.

Die erste Stunde des Tages war Verteidigung gegen die dunklen Künste und Professor McGonagall hatte einen neuen Lehrer angekündigt: Professor Sterling, ein junger Zauberer mit scharfen Gesichtszügen und einer Ausstrahlung von Selbstsicherheit. ,,Willkommen zurück in Hogwarts", begann er, seine Stimme klar und eindringlich. ,,Ich weiß, dass einige von Ihnen denken, sie hätten nach dem letzten Jahr alles gesehen. Doch lassen Sie mich Ihnen versichern: Es gibt immer noch viel zu lernen." Hermine hörte aufmerksam zu, während Professor Sterling über fortgeschrittene Verteidigungszauber sprach und demonstrierte, wie wichtig es war, auch in Friedenszeiten wachsam zu bleiben. ,,Miss Granger", sagte er plötzlich und sie zuckte zusammen. ,,Können Sie mir erklären, warum der Patronus-Zauber als einer der wichtigsten Verteidigungszauber gilt?" Sie nickte und beantwortete die Frage präzise, wobei sie sich bemühte, nicht an den Moment zu denken, in dem sie ihn während des Krieges eingesetzt hatte. ,,Sterling nickte zufrieden. ,,Gut. Der Rest von Ihnen sollte sich ein Beispiel nehmen." Ginny stupste Hermine grinsend an. ,,der neue Lehrer mag dich schon jetzt."

Nach dem Unterricht blieb Hermine ein Moment länger zurück, um Professor Sterling ein paar Fragen zu stellen. Als sie schließlich den Raum verließ, stieß sie beinahe mit jemandem zusammen. ,,Granger." Es war Snape. Sein Umhang wirbelte leicht, als er einen Schritt zurücktrat. Seine schwarzen Augen fixierten sie mit der gleichen Intensität, die sie immer einschüchterte. ,,Professor", sagte sie und bemüht sich, ihre Stimme ruhig zu halten. ,,Ich hätte nicht gedacht, dass Sie nach Ihrer offensichtlichen Vorliebe für Aufmerksamkeit auch noch Zeit finden, sich mit trivialen Fragen zu beschäftigen", sagte er kühl. Hermine spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, aber sie hielt seinem Blick stand. ,,Wissen anzustreben ist nie trivial, Professor." Seine Augen verengten sich leicht und für einen Moment war sie sich sicher, ob er beeindruckt oder genervt war. ,,ich hoffe, Ihre Strebsamkeit reicht aus, um die Anforderungen meines Unterrichts zu erfüllen", sagte er schließlich und ging weiter, ohne eine Antwort abzuwarten. Hermine atmete tief durch und setzte ihre Weg fort. Ihre Gedanken schwirrten, doch eines war klar: Dieses Jahr würde alles andere als einfach werden.

Gefährliche NäheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt