Der Gedanke, Snape direkt zu konfrontieren, ließ Hermines Herz schneller schlagen. Sie wusste, dass der Professor scharfzüngig und misstrauisch war, vor allem, wenn er glaubte, jemand könnte sich in seine Angelegenheiten einmischen. Aber sie hatte keine Wahl. Die Gravuren auf dem Schlüssel waren ein Rätsel, das sie nicht allein lösen konnte. ,,Wie willst du das anstellen?", fragte Ginny, während sie sich durch die Korridore des Schlosses bewegten. Hermine hielt inne, den Schlüssel fest in ihrer Hand. ,,Ich werde ehrlich sein. Wenn ich versuche, ihm etwas vorzumachen, wird er es sofort merken." Ginny zog skeptisch eine Augenbraue hoch. ,,Du weißt, dass das nicht gut ausgehen kann, oder?" ,,Wahrscheinlich nicht", murmelte Hermine. Die beiden machten sich auf den Weg in die Kerker. Der Flur vor Snapes Büro war düster und still, die Luft schwer mit dem Geruch von altem Stein und einer Spur Trankzutaten. Hermine hob die Hand, um anzuklopfen, zögerte jedoch. ,,Ich komme mit", sagte Ginny entschieden. Hermine schüttelte den Kopf. ,,Nein. Wenn er wütend wird, ist es besser, wenn du nicht auch noch involviert bist." Ginny wollte widersprechen, doch der entschlossene Ausdruck auf Hermines Gesicht ließ sie verstummen.
Hermine klopfte an die schwere Tür und nach einem Moment erklang Snapes tiefe, kalte Stimme: ,,Herein." Sie trat ein und spürte sofort die erdrückende Atmosphäre des Raumes. Snapes Blick war wie ein kalter Schlag, als er sie betrachtete. ,,Miss Granger", begann er, seine Stimme mit einem Hauch von Spott. ,,Welche dringende Angelegenheit hat Sie in mein Büro geführt?" Hermine schluckte schwer und hielt den Schlüssel hoch. ,,Ich brauche Ihre Hilfe." Ein amüsiertes Lächeln zog sich über Snapes Lippen, doch seine Augen blieben hart. ,,Interessant. Und warum, glauben Sie, sollte ich Ihnen helfen?" ,,Weil Sie mehr über dunkle Magie wissen als jeder andere hier", sagte Hermine ruhig, obwohl ihr Inneres bebte. Snapes Blick verengte sich und er lehnte sich zurück. ,,Was genau erwarten Sie von mir, Miss Granger?" Hermine legte den Schlüssel auf seinen Schreibtisch. ,,Dieser Schlüssel ist magisch. Ich habe ihn an einem sehr ungewöhnlichen Ort gefunden, zusammen mit einer Karte. Ich kann die Runen darauf nicht entziffern, aber ich glaube, sie könnten wichtig sein" Snape betrachtete den Schlüssel, ohne ihn zu berühren. ,,Und was lässt Sie glauben, dass ich mich für Ihre kleinen Detektivspielereien interessiere?" Hermine spürte, wie ihre Kehle trocken wurde. ,,Weil ich weiß, dass Sie sich ebenfalls damit beschäftigen. Ihre Spuren sind auf der Karte deutlich zu erkennen." Snapes Augen blitzten gefährlich und für einen Moment dachte Hermine, er würde sie hinauswerfen. Doch dann nahm er den Schlüssel und drehte ihn in seinen Händen. ,,Diese Runen sind älter, als Sie vermutlich vermuten", sagte er schließlich. Seine Stimme war jetzt ruhiger, fast nachdenklich. ,,Sie stammen aus einer Zeit, in der Magie nicht nur ein Werkzeug, sondern ein Lebensstil war. Jeder Schlüssel wie dieser ist Teil eines größeren Ganzen." Hermine nickte langsam. ,,Dann ist er also mit den Knotenpunkten auf der Karte verbunden?" Snape hob eine Augenbraue. ,,Sie haben mehr herausgefunden, als ich erwartet hätte. Vielleicht unterschätze ich Sie doch noch." Die Andeutung von Anerkennung in seiner Stimme ließ Hermines Wangen leicht erröten, doch sie zwang sich, konzentriert zu bleiben. ,,Was bedeutet das?", fragte sie. Snape legte den Schlüssel zurück auf den Tisch. ,,Das bedeutet, dass Sie mit Kräften spielen, die Sie nicht vollständig verstehen. Diese Schlüssel und die Orte, zu denen sie führen, sind keine harmlosen Spielereien. Sie sind gefährlich - und sie wurden aus einem bestimmten Grund verborgen." ,,Aber Sie wissen mehr darüber", drängte Hermine. ,,Bitte, Professor, ich muss das verstehen." Snape musterte sie lange, bevor er aufstand und sich über den Schreibtisch beugte. ,,Wenn ich Ihnen helfe, Miss Granger, tun Sie genau das, was ich Ihnen sage. Kein Herumirren, keine voreiligen Schlüsse und vor allem keine Alleingänge. Haben wir uns verstanden?" Hermine nickte eifrig. ,,Ja, Professor." Snape lehnte sich zurück und seufzte leise. ,,Gut. Kommen Sie morgen Abend wieder. Und bringen sie niemanden mit."
Als Hermine das Büro verließ, wartete Ginny bereits in einem nahen Korridor. ,,Und?", fragte sie aufgeregt. ,,Er hat zugestimmt, mir zu helfen", sagte Hermine und fühlte eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Unruhe. ,,Ernsthaft?", rief Ginny aus. ,,Das ist... überraschend." ,,Ja", sagte Hermine nachdenklich. ,,Aber er hat Bedingungen gestellt. Ich muss alleine weitermachen." Ginny runzelte die Stirn. ,,Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?" Hermine zuckte mit den Schultern. ,,Es ist die einzige Option, die wir haben."
In dieser Nacht lag Hermine lange wach. Der Gedanke, Snape morgen erneut zu begegnen, ließ sie nicht los. Irgendetwas an seinem Verhalten hatte sie überrascht. Seine Worte, seine Augen - es war, als hätte er mehr gesehen, als sie preisgegeben hatte. Sie wusste, dass sie vorsichtig sein musste. Snape war nicht der Typ Mensch, der jemanden aus reiner Freundlichkeit unterstützte. Aber sie spürte, dass sie ihm zumindest ein wenig vertrauen musste. Mit diesem Gedanken schlief sie schließlich ein, bereit für das, was der nächste Tag bringen würde.
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Gefährliche Nähe
FanfictionNach dem Ende des Krieges kehrte Hermine Granger nach Hogwarts zurück, um ihre Ausbildung abzuschließen. Doch der alte Zaubererkrieg hatte tiefe Spuren hinterlassen und Hogwarts war nicht mehr der Ort, den sie einst gekannt hatte. Professor Severus...