Hermine saß am nächsten Morgen in der Großen Halle und starrte auf ihr Frühstück, ohne wirklich etwas davon zu essen. Die Ereignisse der letzten Nacht ließen ihr keine Ruhe. Snapes Worte hatten sie gleichermaßen verärgert und fasziniert. Was verheimlicht er? Und warum hatte er nicht einfach offen mit ihr gesprochen? Ginny setzte sich neben sie und schenkte ihr einen prüfenden Blick. ,,Du bist seit gestern seltsam", bemerkte sie. ,,Hast du wieder bis spät in die Nacht gelernt?" ,,So etwas in der Art", murmelte Hermine und rührte in ihrem Tee. Ginny schnaubte. ,,Was auch immer es ist, du solltest es nicht allein durchstehen. Ich bin hier, weißt du? Und wenn du mich nicht einweihen willst, dann wenigstens Harry oder Ron." ,,Harry und Ron sind nicht hier", erwiderte Hermine mit einem schwachen Lächeln. ,,Und ich möchte nicht, dass du da mit reingezogen wirst, Ginny. Es ist... kompliziert." ,,Was könnte so kompliziert sein, dass du nicht mit mir reden kannst?" Ginny verschränkte die Arme und musterte sie ernst. Hermine zögerte. Sie wollte Ginny nicht belasten, doch sie wusste auch, dass sie ihre Freundin nicht ewig im Dunkeln lassen konnte. ,,Es geht um Professor Snape", begann sie vorsichtig. Ginny zog die Augenbraue hoch. ,,Snape? Was hat er jetzt schon wieder getan?" ,,Er... verhält sich seltsam", erklärte Hermine. ,,Und ich habe das Gefühl, dass er etwas verheimlicht. Etwas Wichtiges." Ginny sah sie an, als hätte sie gerade verkündet, dass sie mit einem Drachen befreundet war. ,,Hermine, du weißt, dass Snape immer Geheimnisse hat. Das ist seine Natur." ,,Aber das ist anders", beharrte Hermine. ,,Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber ich spüre, dass da mehr ist." Ginny seufzte. ,,Okay, ich verstehe, dass du dich da reinsteigerst. Aber versprich mir, dass du vorsichtig bist. Wenn Snape etwas verheimlicht, dann gibt es wahrscheinlich einen guten Grund, warum niemand davon wissen soll." Hermine nickte. ,,Ich werde vorsichtig sein. Danke Ginny."
Der Unterricht an diesem Tag zog sich endlos hin. Hermine hatte Schwierigkeiten, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren und fand ihre Gedanken immer wieder bei den seltsamen Worten von Snape und Malfoy. Als der Abend heranbrach, beschloss sie, einen anderen Ansatz zu versuchen. Vielleicht konnte sie mehr über Snape herausfinden, indem sie mit jemandem sprach, der ihn gut kannte - oder zumindest besser als die meisten anderen. Ihr Ziel war niemand anderes als Draco Malfoy. Sie wartete in der Nähe des Gemeinschaftsraums der Slytherins, bis sie ihn schließlich allein in einem der Korridore entdeckte. ,,Malfoy!", rief sie und er drehte sich mit einem genervten Ausdruck um. ,,Granger", sagte er und verschränkte die Arme. ,,Was willst du diesmal?" Hermine blieb entschlossen. ,,Ich brauche Antworten. Du hast mir gestern gesagt, dass Snape nicht immer da ist, wo er sein sollte. Was meintest du damit?" Malfoy musterte sie einen Moment lang, bevor er leise sprach. ,,Du bist wirklich hartnäckig, Granger. Aber das könnte dir mehr Ärger einbringen, als du dir vorstellen kannst." ,,Das ist meine Entscheidung", entgegnete Hermine. ,,Also, was weißt du?" Malfoy zögerte, bevor er schließlich seufzte. ,,Snape hat Verbindungen zu alten, dunklen Zirkeln. Nach dem Krieg haben viele gedacht, dass diese Verbindungen gekappt wurden, aber das stimmt nicht ganz. Er hat immer noch Kontakt zu bestimmten Leuten - und ich vermute, dass er versucht, etwas zu verhindern." ,,Zu verhindern?", fragte Hermine skeptisch. Malfoy nickte. ,,Ja. Aber das Problem ist, dass ich nicht genau weiß, was. Ich habe nur Gerüchte gehört. Und ich bin mir nicht sicher, ob du in der Lage bist, die Wahrheit zu akzeptieren, wenn du sie erfährst." Hermine war frustriert, aber sie wusste, dass sie Malfoy nicht zwingen konnte, mehr zu sagen. ,,Danke", sagte sie schließlich. ,,Ich werde den Rest selbst herausfinden." Malfoy grinste schwach. ,,Das glaube ich dir sogar. Aber sei vorsichtig, Granger. Snape spielt ein gefährliches Spiel und wenn du nicht aufpasst, wirst du mit hineingezogen."
Zurück in ihrem Schlafsaal setzte sich Hermine sich mit einem Notizbuch an ihren Schreibtisch und begann, alles aufzuschreiben, was sie bisher wusste.
1. Snapes Verhalten: Er ist verschlossener als je zuvor und scheint nachts Geheimnisse zu wahren.
2. Malfoys Warnung: Snape hat Verbindungen zu dunklen Zirkeln und könnte versuchen, etwas zu verhindern.
3. Patronus: Der silberne Patronus, den sie gesehen hatte - wer könnte der Empfänger gewesen sein?
Hermine starrte auf die Notizen, bis die Worte zu verschwimmen begannen. Sie wusste, dass sie noch weit von einer Antwort entfernt war, aber sie war entschlossen, weiterzumachen. Bevor sie ins Bett ging, warf Ginny ihr einen besorgten Blick zu. ,,Du siehst aus, als würdest du dich in eine verrückte Theorie verbeißen", sagte sie. ,,Vielleicht mache ich das auch", murmelte Hermine und legte das Notizbuch beiseite. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie die Wahrheit finden würde - egal, wie viele Hindernisse sich ihr in den Weg stellten.
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Gefährliche Nähe
FanfictionNach dem Ende des Krieges kehrte Hermine Granger nach Hogwarts zurück, um ihre Ausbildung abzuschließen. Doch der alte Zaubererkrieg hatte tiefe Spuren hinterlassen und Hogwarts war nicht mehr der Ort, den sie einst gekannt hatte. Professor Severus...