Kapitel 12: Der Schlüssel zur Wahrheit

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Der Morgen nach ihrer Begegnung mit Snape war ungewöhnlich still. Hermine saß in der Großen Halle, das Frühstück unberührt vor sich, während Ginny versuchte, beiläufig zu wirken - was ihr nicht besonders gut gelang. ,,Hör auf, Ihn anzustarren", zischte Hermine leise und warf Ginny einen Blick zu. ,,Ich starre nicht", verteidigte sich Ginny und schob ein Stück Toast in den Mund. ,,Aber er sieht so aus, als hätte er die halbe Nacht nicht geschlafen." Hermine folgte Ginnys Blick. Snape saß an der Tafel der Lehrer, eine Hand unter seinem Kinn, während seine dunklen Augen über die Schüler glitten. Tatsächlich wirkte er müder als sonst, doch seine Ausstrahlung war unverändert bedrohlich. ,,Vielleicht ist das deine Schuld", murmelte Ginny mit einem Anflug von Belustigung. Hermine schüttelte den Kopf. ,,Das glaube ich kaum. Er hat wahrscheinlich Wichtigeres zu tun, als sich um uns zu kümmern." Ginny hob eine Augenbraue. ,,Wichtigeres als zwei Gryffindor-Schülerinnen, die in seinen privaten Sachen herumstöbern? Ich bezweifle es." Hermine wollte etwas entgegnen, doch in diesem Moment kam Malfoy mit seiner üblichen Arroganz in den Raum. Sein Blick fiel kurz auf Hermine und er lächelte kühl. ,,Oh, großartig", murmelte Ginny. ,,Der ist bestimmt auch wieder hinter irgendetwas her." ,,Vielleicht weiß er mehr, als er zugibt", flüsterte Hermine, während sie beobachtete, wie Malfoy sich an den Slytherin-Tisch setzte. Ginny schnaubte. ,,Denkst du, er würde uns helfen?" Hermine zögerte. ,,Ich denke nicht, dass er uns direkt helfen würde. Aber er könnte unabsichtlich etwas verraten."

Nach dem Frühstück zog Hermine Ginny beiseite. ,,Ich muss mehr über diese Karte herausfinden. Es gibt ein Buch in der Bibliothek, das ich dazu benutzen kann." ,,Du meinst, wir können dazu benutzen", korrigierte Ginny. Hermine lächelte. ,,Natürlich." Zusammen verbrachten sie Stunden in der Bibliothek, tief in die Regale der Abteilung für Magiegeschichte vertieft. Hermine zog ein dickes, verstaubtes Buch mit dem Titel Magische Knotenpunkte und ihre Geheimnisse hervor und schlug es vorsichtig auf. ,,Hier", sagte sie und zeigte auf eine Passage. ,,Magische Knotenpunkte sind Orte, an denen Magie besonders konzentriert ist. Sie wurden oft in alten Ritualen genutzt." Ginny lehnte sich näher. ,,Und die Karte zeigt solche Orte?" Hermine nickte. ,,Ja. Und sie scheinen miteinander verbunden zu sein. Aber ich verstehe noch nicht, warum Snape sich damit beschäftigt." Ginny dachte nach. ,,Vielleicht versucht er sie zu schützen?" ,,Oder er versucht, sie zu aktivieren", sagte Hermine leise. Ginny runzelte die Stirn. ,,Das klingt nicht nach Snape. Ich meine, der Typ ist seltsam, aber das klingt zu... gefährlich." Hermine klappte das Buch zu. ,,Ich glaube, wir müssen mehr herausfinden, bevor wir etwas vermuten können."

Am nächsten Abend beschlossen sie, Malfoy auf die Probe zu stellen. Sie warteten, bis er alleine durch einen der hinteren Korridore ging und traten ihm dann in den Weg. ,,Was wollt ihr?", fragte er, offensichtlich genervt, als er die beiden Gryffindor-Mädchen sah. ,,Wir wollen reden", sagte Hermine ruhig. Malfoy hob eine Augenbraue. ,,Ihr? Mit mir? Das ist neu." Ginny verschränkte die Arme. ,,Wir wissen, dass du etwas mit Snape zu tun hast." Ein kaltes Lächeln erschien auf Malfoys Gesicht. ,,Das ist eine interessante Behauptung. Und wenn es so wäre?" Hermine trat einen Schritt vor. ,,Du weißt, woran er arbeitet. Und du weißt, dass es gefährlich ist." Malfoy musterte sie für einen Moment schweigend, bevor er leise lachte. ,,Ihr habt keine Ahnung, worum es wirklich geht, oder?" ,,Vielleicht nicht", gab Hermine zu. ,,Aber ich werde es herausfinden." Malfoy schüttelte den Kopf. ,,Pass auf, Granger. Manche Wahrheiten sind es nicht wert, entdeckt zu werden." Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging davon, bevor sie ihn aufhalten konnten.

,,Was für eine verschwendete Zeit", murmelte Ginny, als sie zurück in den Gryffindor-Turm gingen. Hermine war jedoch gedanklich bereits woanders. Malfoys Worte hatten sie nicht abgeschreckt - sie hatten ihren Entschluss nur gestärkt. ,,Es gibt etwas, das er uns nicht sagt", sagte sie schließlich. ,,Natürlich gibt es das.", sagte Ginny. ,,Das ist Malfoy. Er lebt praktisch davon, Geheimnisse zu haben." ,,Dann müssen wir seine Geheimnisse lüften", sagte Hermine entschlossen. Ginny seufzte. ,,Natürlich. Warum habe ich auch etwas anderes erwartet?"

In der Nacht konnte Hermine kaum schlafen. Ihre Gedanken kreisten um die Karte, die Knotenpunkte und Malfoys kryptische Bemerkungen. Was, wenn sie wirklich etwas aufdeckte, das sie besser nicht wissen sollte? Doch in ihrem Innersten wusste sie, dass es kein Zurück gab. Die Wahrheit war zum Greifen nah - und sie würde nicht ruhen, bis sie sie gefunden hatte.

Gefährliche NäheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt