Kapitel 11: Unerwartete Unterstützung

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Die Ergebnisse der letzten Nacht ließen Hermine nicht los. Der Raum voller seltsamer Artefakte und Snapes undurchdringliche Warnung hatten ihre Gedanken in einen Strudel aus Vermutungen und Fragen geworfen. Als sie am nächsten Morgen im Gemeinschaftsraum saß, vergeblich über ihren Aufsatz für Verwandlung gebeugt, war sie mit ihren Gedanken weit entfernt. ,,Ich weiß, dass du nicht wirklich liest", sagte Ginny und ließ sich auf den Sessel gegenüber von Hermine fallen. ,,Was? Natürlich lese ich!" Hermine hob das Buch ein wenig zu hastig hoch, doch Ginny ließ sich nicht täuschen. ,,Hör auf, Hermine. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du gestern Nacht nicht geschlafen hast. Du planst doch wieder irgendeine verrückte Aktion, oder?" Hermine überlegte kurz, ob sie alles abstreiten sollte, doch Ginny sah sie mit diesem entschlossenen Blick an, der keine Ausflüchte zuließ. ,,Es geht um Snape", gab sie schließlich zu. Ginny hob eine Augenbraue. ,,Snape? Was ist diesmal mit ihm?"

In gedämpftem Ton erzählte Hermine ihrer Freundin alles, was in den letzten Tagen geschehen war. Sie sprach über Malfoys Andeutungen, ihre heimlichen Nachforschungen und den verschlossenen Raum, den sie entdeckt hatte. Ginny hörte ihr aufmerksam zu, die Stirn nachdenklich gerunzelt. ,,Okay, lass mich das klarstellen", sagte Ginny schließlich. ,,Du bist gestern Nacht in einen verbotenen Bereich geschlichen, hast einen Raum voller dunkler Magie gefunden und Snape hat dich dabei erwischt?" Hermine nickte langsam. ,,Ja, genau." Ginny schnaubte. ,,Das ist selbst für dich ziemlich riskant, Hermine." ,,Ich weiß." Hermine klang fast flehend. ,,Aber ich glaube, dass etwas Großes im Gange ist. Snape hat etwas mit dieser Karte zu tun, die ich gefunden habe und sie zeigt Orte, die offenbar wichtig für magische Knotenpunkte sind. Ich kann das nicht ignorieren." Ginny seufzte und schüttelte den Kopf. ,,Du bist wirklich verrückt, weißt du das?" Hermine sah sie entschlossen an. ,,Vielleicht. Aber ich werde nicht aufhören, bis ich die Wahrheit herausgefunden habe." Ein Lächeln spielte um Ginnys Lippen. ,,Dann solltest du wohl jemanden an deiner Seite haben, der sicherstellt, dass du nicht umbringst." Hermine blinzelte. ,,Du meinst...?" Ginny lehnte sich zurück. ,,Ich bin dabei. Jemand muss ja auf dich aufpassen." Ein dankbares Lächeln breitete sich auf Hermines Gesicht aus.

In den nächsten Stunden entwickelten die beiden einen Plan. Sie beschlossen, die Karte erneut zu untersuchen, die Hermine in Snapes geheimen Raum entdeckt hatte. Doch diesmal wollten sie vorsichtiger vorgehen - und versuchen, unbemerkt zu bleiben. Am Abend schlichen sie sich gemeinsam aus dem Gemeinschaftsraum. Ginny war überraschend geschickt darin, leise zu sein und Hermine war froh über die zusätzliche Unterstützung. ,,Das macht fast Spaß", flüsterte Ginny, als sie durch die dunklen Korridore huschten. ,,Warte, bis Snape uns erwischt", murmelte Hermine. ,,Dann ist der Spaß schnell vorbei." Ginny grinste. ,,Dann hoffe ich, dass du schneller rennen kannst als ich."

Der Raum hinter der verborgenen Tür war unverändert, doch Hermine und Ginny arbeiteten schnell. Sie entzündeten eine kleine Lichtquelle und betrachteten die Karte genauer. ,,Hier", sagte Hermine und zeigte auf einen Punkt, der rot eingekreist war. ,,Das ist derselbe Ort, den ich letzte Nacht gesehen habe." Ginny beugte sich näher heran. ,,Das ist... das Verbotene Waldgebiet?" Hermine nickte. ,,Es scheint so. Aber warum sollte Snape sich für diesen Ort interessieren?" ,,Vielleicht versteckt sich dort etwas", mutmaßte Ginny. Hermine überlegte kurz und ließ dann ihren Blick über die anderen Markierungen auf der Karte schweifen. ,,Es gibt noch mehr Orte, die ähnlich markiert sind. Sie sind über ganz Großbritannien verteilt." Ginny sah sie an. ,,Das klingt nach einem größeren Plan." ,,Genau das befürchte ich", sagte Hermine.

Plötzlich hörten sie ein Geräusch aus dem Korridor. Die beiden Mädchen erstarrten und lauschten angestrengt. Schritte näherten sich - schwere, langsame Schritte, die das Klopfen ihres eigenen Herzens übertönten. Ginny griff nach Hermines Arm. ,,Wir müssen hier raus." Doch bevor sie reagieren konnten, öffnete sich die Tür und Professor Snape stand vor ihnen. Sein Blick war eisig, seine Stimme leise, aber schneidend. ,,Miss Granger. Miss Weasley. Es scheint, als hätten Sie aus unseren letzten Gesprächen nichts gelernt." Ginny öffnete den Mund, doch Hermine trat vor. ,,Professor, ich kann das erklären." ,,Oh, da bin ich mir sicher", sagte Snape, sein Ton sarkastisch. ,,Doch ich habe nicht die Absicht, Ihre Ausflüchte anzuhören." ,,Wir wollen nur helfen", sagte Hermine. ,,Wenn das hier etwas mit Hogwarts zu tun hat, haben wir das Recht, es zu wissen." Snape trat näher, seine schwarze Silhouette wirkte im schwachen Licht bedrohlich. ,,Sie überschreiten eine Grenze, Miss Granger. Und wenn Sie diese Grenze weiterhin ignorieren, werden die Konsequenzen weit über das hinausgehen, was Sie sich vorstellen können." Ginny wollte etwas sagen, doch Hermine hielt sie zurück. ,,Ich verstehe, Professor", sagte Hermine mit fester Stimme. ,,Aber ich werde nicht aufhören, nach der Wahrheit zu suchen." Snape sah sie lange an, sein Gesicht eine Maske aus Stein. Dann nickte er knapp. ,,Dann seien Sie gewarnt, Miss Granger. Manche Wahrheiten sind gefährlicher, als Sie glauben." Mit einem scharfen Schwung seines Umhangs verschwand er und die Tür schloss sich hinter ihm.

Zurück im Schlafsaal saßen Hermine und Ginny auf dem Bett und ließen die Ereignisse Revue passieren. ,,Er ist so gruselig", sagte Ginny schließlich. ,,Aber auch faszinierend", fügte Hermine hinzu. Ginny sah sie skeptisch an. ,,ich hoffe nur, du weißt, was du tust." ,,Das hoffe ich auch", murmelte Hermine und starrte auf ihre Notizen.

Gefährliche NäheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt