Behind closed doors

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Ich kann es ihm nicht erzählen. Ich würde es ihm am liebsten den ganzen Tag erzählen. Doch dann überkommt mich der unterdrückte Hass auf ihn. Er pullt gerade an seinen Fingernagel herum, "Sebastian, bitte erzähl mir doch warum du weg warst, los erzähl's mir!" Er schluckt, "Ich habe es nur gemacht, weil ich dich liebe...."
Weißes Licht überkommt mich. Ich öffne langsam meine Augen um herauszufinden, was passiert ist. War ich so geschockt mit Sebastians Geständnis, dass ich ohnmächtig wurde? Ich liege in einem großteils leeren, kalten Raum. Blumenbilder zieren die nackten Wände. Auf einem kleinen Tisch, welcher in der hinteren Ecke des Raumes steht, ist eine bunte Ansammlung sämtlicher Briefe und Kuscheltieren. Ein bisschen geschockt, dass so viele Leute in so kurzer Zeit sich Sorgen machten, lächelte ich leicht. Mittlerweile hatte ein Arzt bemerkt, dass ich wach bin. Er schaltet ein Großteil der Maschinen aus und lächelt mich freudvoll an. "Guten Abend, Herr Hardy. Es freut mich, dass sie wach sind. Wie geht's Ihnen so?", er zückt sein Klemmbrett und schaut mich undurchdringlich an. "Ähm, mir geht's bestens. Ich war doch nur kurz ohnmächtig. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich muss los, Sebastian wartet auf mich.", hetze ich den Arzt. Er macht sich ein paar Notizen und schüttelt mit seinem Kopf, um seine folgende Aussage zu unterstreichen, "Das geht nicht, auch wenn ich es so wollte. Sie waren jetzt für einen längeren Zeitraum im Koma, da müssen Sie erstmal zur Überwachung hier bleiben." Ich schlucke, "NEIN! DAS KANN NICHT SEIN. Sebastian war gerade bei mir und wollte mir erklären, warum er weg war! Ich-ich kann nicht im Koma gelegen haben, ich weiß doch, was ich gestern gemacht habe!" Er macht sich weitere Notizen und atmet ruhig aus, "Sie liegen 3 Jahre und 2 Tage in einem Koma. Ich wage zu bezweifeln, dass Sie besser als wir wüssten, was Sie gestern machten. Nämlich nichts."
Ich schluchze. Ich blende alles aus.
3 Jahre. Ohne Liebe, umsonst gehofft.
Nach wenigen Stunden kommt meine Familie und überhäuft mich mit Küssen. Ich lasse die letzten "Jahre" revue passieren, und allein bei den Gedanken an Petrit und Kadl bekomme ich einen Heulkrampf. "Wieso bin ich hier, und wie geht's Sebastian?" Meine Eltern gucken verdutzt, Vater lehnt sich vor an mein Bett und flüstert, "Sohn, du kanntest nie einen Sebastian. Du hast zwar immer von einen imaginären Freund geredet, den du vermisst, aber einen Sebastian kanntest du nie. Deswegen warst du beim Psychiater, weil du deswegen depressiv wurdest, und sagtest, er hätte dich verlassen. Wegen einem besoffenen Vollidioten bauten wir einen Unfall, und seit dem bist du hier. Deine Mutter hätte beinahe die Maschinen abgeschaltet, aber ich glaubte an dich."
Tränen fließen an meinen Wangen herunter.
Es gab nie jemanden der versuchte, mein Leben zu retten. Es war alles nur eine Fiktion eines psychisch Kranken, welcher im Koma lag.

Ende.

Mit VerachtungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt