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Willow

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Willow

Ich lehnte an einer der alten Säulen, die den Übungsplatz umgaben, und ließ meinen Blick über Kais Garde schweifen. Sie bewegten sich in einer disziplinierten Perfektion, die mich fast nervös machte. Jede Bewegung war präzise, als hätten sie diese Abläufe tausendmal geübt. Ihre Uniformen – tiefschwarz mit dunkelroten Akzenten – schienen das Licht der flackernden Lampen zu schlucken, was ihre Präsenz nur noch bedrohlicher machte.
Ihre Schritte auf dem Sand waren leise, fast unhörbar. Trotzdem wusste jeder von ihnen genau, wo er war und was der nächste Zug sein würde. Ihr Trainer schrie über den Platz, brüllte Anweisungen und Korrigierte Fehler bei einzelnen. Es war, als würden sie keinen Platz für Fehler lassen. Ein Teil von mir wollte sie einfach nur beobachten, herausfinden, was sie antreibt, warum sie Kai so blind folgen.
Ein anderer Teil von mir, wollte ebenfalls so ein Vertrauen verspüren.
Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. «Beeindruckend, nicht wahr?»
Ich zuckte zusammen und fuhr herum. Kai stand nur wenige Schritte von mir entfernt, die Hände lässig in den Taschen seines langen Mantels vergraben. Sein Blick war ruhig, doch sein Gesicht trug diesen nachdenklichen Ausdruck, der ihn immer so schwer einschätzbar machte.
«Du bist ziemlich leise für jemanden, der so auffällig ist» murmelte ich und wandte den Blick schnell wieder zur Garde.
«Vielleicht solltest du daran arbeiten, Dinge früher zu bemerken» antwortete er trocken und trat näher, bis er direkt neben mir stand. Ich spürte seine Präsenz mehr, als dass ich sie sah. Sein Blick lag nun ebenfalls auf den Gardisten, und für einen Moment sprach keiner von uns.
«Sie sind nicht nur Soldaten» begann er schließlich, seine Stimme leise, aber klar. «Sie sind ein Teil von Kalia. Sie sind Mütter und Väter, Brüder und Schwestern, Söhne und Töchter.»
«Was willst du mir damit sagen? Es sieht für mich ganz so aus als würdest du sie auf einen Krieg vorbereiten» fragte ich, ohne ihn anzusehen.
Er schwieg einen Moment, als würde er nach den richtigen Worten suchen. Dann atmete er tief durch. «Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, Willow. Das was sie tun, wählen sie selbst. Sie alle sind freiwillig hier und beschützen ihre Stadt.»
Kai ließ seinen Blick über die Garde schweifen, als suche er dort eine Bestätigung für seine Worte. Seine Augen wirkten nachdenklich, fast weich, und doch sprach eine Entschlossenheit aus ihnen, die mich nicht losließ.
«Ich zwinge niemanden» fuhr er fort. «Jeder, der hier steht, hat sich selbst entschieden, Teil der Garde zu werden. Sie wissen, was auf dem Spiel steht – und was sie zu verlieren haben.»
Ich verschränkte die Arme vor der Brust, spürte den leichten Druck meiner Fingerspitzen auf meiner Haut. «Aber es ist nicht normal, sein Leben für eine Stadt zu riskieren, Kai. Selbst wenn es ihre Heimat ist»
Er sah mich an, seine Augen trafen meine, und für einen Moment hatte ich das Gefühl, er könnte direkt in mich hineinsehen. «Es ist ihr Zuhause, ihre Sicherheit – und das Erbe, das sie bewahren wollen. Ihre Kinder und Eltern leben hier und das ist mehr wert als ihr leben»
Ich spürte, wie ein leichter Schauer über meinen Rücken lief. Seine Worte hatten eine Schwere, die ich nicht sofort greifen konnte, doch gleichzeitig sprach er die Worte vorwurfsvoll aus.
Ich schluckte schwer, wandte meinen Blick von seinen durchdringenden Augen ab und ließ ihn erneut über die Garde schweifen. Ihr Training war unermüdlich, fast mechanisch, und doch war da etwas Menschliches, etwas Leidenschaftliches in jeder ihrer Bewegungen.
«Du sprichst, als wäre es ihre einzige Wahl» sagte ich schließlich leise, ohne ihn anzusehen.
Kai trat einen Schritt näher, sodass ich seine Präsenz fast körperlich spüren konnte. «Es ist die einzige Wahl, die zählt» entgegnete er. «Frieden entsteht nicht von selbst, Willow. Und er bleibt auch nicht von allein. Er verlangt Opfer – und die Bereitschaft, für etwas Größeres als sich selbst einzustehen.»
Seine Worte trafen mich, wie er sie wohl beabsichtigt hatte: direkt und ohne Raum für Widerspruch. Dennoch war da etwas in mir, das sich gegen diese Meinung hielt. «Du schickst sie in den sicheren Tod wenn du sie gegen deinen Vater kämpfen lässt.»
Kai schwieg. Seine Kiefermuskeln spannten sich an, und ich sah, wie er tief durch die Nase einatmete, bevor er antwortete. «Es geht nicht darum, sie in den Tod zu schicken» sagte er schließlich, seine Stimme leiser, aber nicht weniger fest. «Es geht darum, ihnen die Wahl zu geben, ob sie für das kämpfen wollen, was ihnen wichtig ist.»
Ich schüttelte den Kopf, meine Gedanken wirbelten durcheinander. «Und was, wenn sie nicht kämpfen wollen, Kai? Was, wenn sie einfach nur in Frieden leben wollen, ohne Angst, ohne… all das hier?» Ich machte eine vage Geste in Richtung des Trainingsplatzes, wo die Gardisten weiterhin ihre präzisen Bewegungen ausführten, als wäre nichts von Bedeutung.
Er wandte sich zu mir, seine Augen durchdringend, aber diesmal ohne Vorwurf. «Du denkst dennoch ich habe sie dazu gezwungen? fragte er, fast flüsternd. «Dass ich sie hierher gezerrt habe, dass ich sie an die Front stelle, weil ich es will?»
Ich zögerte, unsicher, wie ich darauf antworten sollte. Aber bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er fort. «Ich wünsche mir nichts mehr, als dass sie niemals kämpfen müssen. Dass dieser Ort niemals Blut sehen muss.» Seine Stimme brach fast, aber er fing sich schnell wieder. «Aber die Realität, Willow… die Realität ist, dass mein Vater keinen Frieden will. Er wird kommen, und wenn er kommt, dann nicht, um zu verhandeln.»
Seine Worte hinterließen einen bitteren Nachgeschmack, eine Wahrheit, die ich nicht ignorieren konnte, selbst wenn ich wollte. «Und was ist, wenn du falsch liegst?» fragte ich leise, obwohl ich wusste, dass meine Frage naiv klang.
Kai seufzte, legte eine Hand an die Säule neben mir und lehnte sich leicht vor. «Dann habe ich Männer und Frauen trainiert, die wissen, wie sie sich und ihre Familien verteidigen können. Aber wenn ich richtig liege und nichts tue? Dann sterben sie, ohne jemals eine Chance gehabt zu haben.»
Ich konnte ihm nicht widersprechen. Nicht wirklich. Aber der Gedanke, dass all diese Menschen vielleicht in den Tod geschickt werden, war eine Last, die ich nicht tragen wollte. Und im selben Moment fragte ich mich, wie er es konnte.
«Sie vertrauen dir so sehr – aber wem vertraust du?»
Er sah mich an, und für einen Moment glaubte ich, etwas wie Erschöpfung in seinem Blick zu sehen. Doch es verschwand, bevor ich mir sicher sein konnte.
«Manchmal ist es genug, wenn sie wissen, dass ich für sie da bin» sagte er schließlich. «Das Vertrauen, das ich in sie habe, ist alles, was zählt.»
Ich hatte das Gefühl, dass hinter seinen Worten mehr steckte, doch bevor ich nachhaken konnte, ging er ein paar Schritte nach vorne. Seine Präsenz schien den ganzen Platz einzunehmen, und als die Gardisten ihn bemerkten, richteten sie sich alle synchron auf.
Kai sprach mit ihnen, aber ich hörte kaum hin. Meine Gedanken kreisten um das, was er gesagt hatte, um das Vertrauen, das er in diese Menschen setzte. Vertrauen, das mir so fremd war wie der Ort, an dem wir uns befanden.
Vielleicht hatte Kai recht. Vielleicht war Vertrauen etwas, das man sich erarbeiten musste. Doch in diesem Moment konnte ich es mir nicht vorstellen – weder in ihn noch in mich selbst.
Das Gefühl der Schwere ließ mich nicht los, während ich Kai beobachtete, wie er ruhig und mit einer Autorität, die er so mühelos ausstrahlte, zu seinen Gardisten sprach. Seine Worte schienen wie ein unsichtbares Band, das diese Männer und Frauen miteinander und mit ihm verband. Sie hörten ihm zu, jeder Muskel angespannt, jeder Blick fokussiert, als hinge ihre Welt von seinen Anweisungen ab.
Ich konnte nicht leugnen, dass ein Teil von mir von dieser Hingabe beeindruckt war – aber auch, dass sie mich beunruhigte. Wie konnte jemand so viel Verantwortung tragen? So viel Vertrauen verdienen? Und vor allem, wie konnte er es aushalten, wenn dieses Vertrauen gebrochen würde?
Kai schloss seine kurze Ansprache, und ich bemerkte, wie einige der Gardisten nickten, ihre Haltungen sich leicht entspannten. Doch das Feuer in ihren Augen blieb. Ich fragte mich, ob es aus Loyalität, aus Angst oder aus einem tiefen Pflichtgefühl stammte.
Er wandte sich wieder zu mir um, sein Blick fest und durchdringend. Für einen Moment sah ich etwas in seinen Augen, das ich nicht ganz deuten konnte – vielleicht Erschöpfung, vielleicht Sorge, vielleicht etwas anderes. Doch wie immer war es nur ein Hauch, der verschwand, bevor ich ihn greifen konnte.
«Du siehst aus, als hättest du Fragen, Willow» sagte er leise, fast wie eine Feststellung.
Ich zögerte, unsicher, ob ich meine Gedanken wirklich in Worte fassen wollte. Doch irgendetwas an seiner Art ließ mich schließlich doch sprechen. «Ich verstehe immer noch nicht, wie du das machst. Wie du… all das trägst.» Ich machte eine vage Geste, die alles umfasste – die Garde, Kalia, seinen Vater, die Verantwortung.
Kai richtete seinen Blick ein letztes Mal auf die Garde und schrie: «Trainiert weiter!» Die Männer und Frauen verbeugten sich rasch vor ihrem Imperator und folgten seiner Aufforderung, Malakai hingegen lief mit langsam, eleganten Schritten auf mich zu.
Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen, doch es war keineswegs fröhlich. «Ich mache es nicht, weil ich es tragen kann, sondern weil ich muss. Weil es sonst niemand tun würde.» Seine Stimme klang ruhig, doch sie trug die unerbittliche Wahrheit, die mich erneut traf. «Verantwortung ist nichts, was man wählt, Willow. Sie ist etwas, das man annimmt – oder fallen lässt.»
Seine Worte klangen so endgültig, so kompromisslos, dass ich nicht wusste, wie ich antworten sollte. Stattdessen ließ ich meinen Blick erneut über die Gardisten schweifen, die inzwischen wieder zu trainieren begannen.
«Manchmal» fuhr er fort, seine Stimme leiser, «wünsche ich mir, dass es einfacher wäre. Dass ich das Vertrauen, das sie mir schenken, einfach zurückgeben könnte. Aber so funktioniert es nicht.»
Ich sah ihn an, überrascht von der Ehrlichkeit in seinen Worten. «Wie funktioniert es dann?» fragte ich schließlich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Kai hielt meinem Blick stand, und für einen Moment hatte ich das Gefühl, er würde etwas sagen, das er sonst niemandem anvertraut hätte. Doch stattdessen schüttelte er langsam den Kopf.
«Vertrauen ist kein Gleichgewicht, keine Waage. Es ist eine Entscheidung, die du triffst, jeden Tag aufs Neue. Nicht, weil du sicher bist, dass du es verdienst, sondern weil es Menschen gibt die darauf angewiesen sind, Hoffnung zu spüren, wenn ihre Welt droht unterzugehen.» Sein Blick wurde weich, fast melancholisch. «Ich hoffe sehr das du so etwas vergleichbares niemals spüren musst, kleine Kriegerin»

 «Ich hoffe sehr das du so etwas vergleichbares niemals spüren musst, kleine Kriegerin»

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 15, 2024 ⏰

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