Meine Mutter ist eine Bitch.
Sie ließ mich und meine kleine Schwester allein, obwohl ich nicht einmal alt genug bin, mich um mich selbst zu kümmern.
Ich tue was ich kann um meine Schwester zu beschützen, doch manchmal ist alles nicht genug.
Mein Na...
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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, umhüllte mich eine wohlwollende Wärme. Der Raum war ruhig, die weichen Sonnenstrahlen fielen sanft durch die großen Fenster und zeichneten goldene Muster auf den Holzboden. Für einen Moment fühlte es sich an, als wäre all das, was gestern geschehen war, nur ein Traum gewesen. Einige Minuten vergingen, in denen ich einfach nur dalag, ließ die Ruhe auf mich wirken und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Doch so sehr ich mich auch an die friedliche Atmosphäre klammerte, in meinem Kopf schwirrten immer noch die vielen Fragen. Über Malakai, über Demjan, über die Welt, in die ich ungewollt geraten war. Selbst über Maxim. Langsam setzte ich mich auf und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Alles sah noch genauso aus wie am Abend zuvor – die Pflanzen, die Küche, die schlichte, aber warme Einrichtung. Es war fast beruhigend zu wissen, dass sich zumindest hier nichts verändert hatte. Ich hatte gestern Abend noch solange gegrübelt, dass ich einfach auf der Couch eingeschlafen war, obwohl sich ein Stockwerk über mir ein großes, gemütliches Schlafzimmer befand, welches ich gestern bei meiner kleinen Erkundung des Hauses gesehen habe. Mein Blick landete auf dem erloschenen Kaminfeuer und dann erneut auf den teuren Boden, auf dem das Licht tanzte und mir einen guten Morgen wünschte. Sonnenlicht? In einer Höhle? Verwirrt runzelte ich die Stirn und lief zu dem Fenster, aus welchem ich über die Stadt blicken konnte. Draußen erstreckte sich eine ruhige, verschlafene Stadt, die in der Morgensonne lag. Nichts deutete darauf hin, dass sich hier dunkle Geheimnisse verbargen. Menschen gingen ihrem Alltag nach und ich konnte das entfernte Geräusch von Vogelgezwitscher hören. Vögel? Als ich meinen Blick weiter nach links schweifen ließ, entdeckte ich ein Loch an der Decke der Höhle, durch das das Licht fiel. Es war weit oben, unerreichbar für einen Menschen. Es war, als hätte die Natur sich ihren eigenen Weg in dieses abgeschottete Refugium gebahnt, als wollte sie zeigen, dass selbst an den verborgensten Orten das Leben blühen konnte. Mir klappte der Kiefer nach unten. Der Fluss, der unter der Brücke hindurch lief, schimmerte fast türkisfarben. Bäume und Blumen streckten an jedem freien Platz ihre Körper richtung Sonne. Die Pflanzen, die sich an den Mauern hochrankten, die saubere Luft, die Ruhe. Einige der Häuser wirkten alt, fast historisch, mit kunstvollen Verzierungen und Details, die ich in der modernen Welt selten gesehen hatte. Das Holzhaus, in dem ich mich befand, strahlte eine warme, gemütliche Atmosphäre aus, während die aus Stein erbauten Häuser eher robust und unerschütterlich wirkten. Dann gab es die aus Marmor – sie gaben dem Ort etwas Erhabenes, fast Erlesenes. Ihre polierten Fassaden glänzten im Sonnenlicht und erinnerten an Paläste oder Tempel. Es war faszinierend, wie harmonisch die Natur und die Architektur ineinander übergingen. Ranken kletterten an den Wänden empor, als würden sie die Gebäude liebevoll umarmen, während die Bäume ihre Schatten über die Straßen warfen und eine kühle Brise wehte, die den Duft von Blumen und frischem Wasser mit sich trug. Dieser Ort, so bizarr er auch war, hatte eine Art verwunschene Schönheit, die mich in ihren Bann zog. Doch gleichzeitig spürte ich das Gewicht der Geheimnisse, die unter der Oberfläche lauerten. Nichts konnte so perfekt sein, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Seufzend wandte ich mich von dem Fenster ab und begann, mich für den Tag fertig zu machen - was auch immer mir bevorstand. Kai war noch so jung - nicht viel älter als ich - und doch hatte er diese Stadt erschaffen? Er konnte sie all die Jahre geheim halten und hier unten sein Imperium aufbauen? Vermutlich war er schlauer und entschlossener, als ich ihn bisher eingeschätzt hatte. Ich dachte an all die Menschen da draußen, die nichts von diesem Ort wussten. Wie viel Macht musste es erfordern, so etwas zu erschaffen und zu kontrollieren, ohne dass es jemals ans Licht kam? Vielleicht hatte ich ihn nicht ernst genug genommen. Innerlich sagte ich mir, dass ich, wenn ich ihn heute sehen würde, zuhören musste, ohne ihm Vorwürfe zu machen. Kai ist ein guter Mensch. Vermutlich der Beste den ich kennengelernt habe. Sollte ich Demjan und seinen Worten glauben schenken? Immernoch tobte die Wut auf Malakai in mir. Auf das was er mir verschwiegen hatte. Er handelt aus den richtigen Gründen. Ich schloss meine Augen. Auf seinen Schultern lastet einiges an Gewicht. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen, oder? Er tat es für diese unzähligen Menschen vor meiner Tür, für diese Stadt und dennoch riskierte er das alles, um mich zu warnen und um diesen widerlichen Kreis seines Vaters zu zerschlagen. Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich zusammenzucken. Ich atmete tief ein, versuchte meine Gedanken zu sortieren und ging zur Tür. Als ich sie öffnete, stand Demjan da, die Hände locker in den Taschen vergraben, seine grauen Augen ruhig auf mich gerichtet. «Kai hat mich gebeten, dich zu holen. Wir frühstücken jeden Morgen zusammen, und er dachte, vielleicht hast du Hunger» sagte Demjan, seine Stimme ruhig und fast schon beiläufig, als wäre es das Normalste der Welt. Ich zögerte einen Moment, ließ seine Worte auf mich wirken. Hunger? So viel war passiert, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie leer mein Magen sich anfühlte. Trotzdem war der Gedanke, Malakai zu sehen, noch schwerer zu verdauen als das Knurren in meinem Bauch. «Frühstücken?» fragte ich skeptisch, als könnte das gemeinsame Essen all die Fragen und Unsicherheiten einfach so wegwischen. All die Gefahr. Demjan nickte. «Es wird nicht so formell sein, wie du vielleicht denkst. Er will einfach mit dir sprechen.» Ich atmete tief durch, strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und zwang mich, ruhig zu bleiben. «Okay» sagte ich schließlich. Vielleicht sollte ich anfangen ihnen zu trauen oder wenigstens zu versuchen die Dinge zu verstehen. Demjan lächelte leicht, trat einen Schritt zur Seite und machte mir Platz, um hinauszutreten. «Wie geht es dir?» fragte Demjan, während er darauf wartete, dass ich meine Schuhe angezogen und die Jacke von Kai übergestreift hatte. Seine Stimme klang mitfühlend, aber ich konnte nicht einschätzen, ob er wirklich daran interessiert war oder ob es nur eine weitere höfliche Floskel war. Ich trat hinaus und spürte, wie die warmen Sonnenstrahlen mein Gesicht berührten. Für einen Moment schien es, als könnte die Hitze meine Gedanken klären und die Last von der Nacht und den vielen ungelösten Fragen abnehmen. «Ich weiß nicht» antwortete ich ehrlich und ließ meinen Blick durch die Höhle schweifen, die mich jetzt und am Abend zuvor so sehr fasziniert hatte. «Es ist viel. Zu viel, um es so schnell zu verarbeiten.» Demjan nickte, als würde er genau verstehen, was ich meinte. «Das ist verständlich» sagte er leise. «Es wird mit der Zeit klarer werden.» Hatte er am Anfang auch nicht hieran geglaubt oder war er von anfang an mit Malakai einer Meinung? «Gehen wir.» Demjan bedeutete mir, ihm zu folgen und erneut tat ich es.