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Als wir endlich vor Peytons Wohnung ankommen, hilft Austin ihr aus dem Auto, während sie immer noch etwas vor sich hinredet. Sie winkt uns übertrieben, bevor Austin sie ins Haus bringt.

Kenzo sieht ihr kurz nach, bevor er wieder losfährt. „Sie hat viel geredet," murmelt er schließlich, ein Hauch von Belustigung in seiner Stimme.

„Ja, das hat sie," sage ich und lache leise.

Später, als wir endlich bei ihm zu Hause ankommen, setzen wir uns gemeinsam auf die Couch. Hope, die mittendrin kurz wach wurde, ist jetzt tiefer am schlafen denn je. Die Stille ist spürbar, fast greifbar, aber ich weiß, dass das Gespräch jetzt nicht mehr vermeidbar ist.

„Also?" frage ich schließlich, mein Blick auf ihn gerichtet. „Wollen wir jetzt reden?"

Kenzo lehnt sich zurück, seine Arme auf der Rückenlehne des Sofas ausgestreckt. „Ich weiß nicht, was du hören willst, Iliana," sagt er leise.

„Ich will verstehen," sage ich und ziehe meine Beine an meine Brust. „Warum du so bist...? Warum reagierst du so extrem?"

Er sieht mich lange an, bevor er spricht. „Weil ich das alles nicht kenne," gibt er schließlich zu, seine Stimme etwas rau. „Diese Nähe. Dieses... Gefühl, jemanden so wichtig zu finden, dass es mich verrückt macht."

Ich blinzle, überrascht von seiner Offenheit. „Du meinst...?"

„Ja, dich," sagt er und sieht mir direkt in die Augen. „Ich habe niemanden, Iliana. Ich hatte nie jemanden. Und jetzt... bist du da. Du und Hope. Und das macht mir Angst. Weil ich nicht weiß, wie ich das machen soll."

Seine Worte treffen mich mitten ins Herz. Ich rücke näher zu ihm, lege meine Hand vorsichtig auf seine. Sein Blick landet auf diese, lindert dort nachdenkend.

„Kenzo... es ist okay, dass du das nicht weißt. Niemand weiß, wie man mit sowas umgeht. Aber... wir können es zusammen herausfinden."

Er hält meinen Blick fest, als wolle er sicherstellen, dass ich meine Worte ernst meine. „Es ist nicht so einfach," murmelt er, seine Stirn in Falten gelegt. „Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, mich von anderen fernzuhalten. Gefühle waren immer Schwächen. Und jetzt..."

Er bricht ab, als würde ihm die Vorstellung, sich so verletzlich zu zeigen, immer noch schwerfallen.

„Jetzt ist es anders," vollende ich seinen Satz. „Weil wir da sind. Und weil es dir wichtig ist."

Kenzo nickt langsam, seine Kiefermuskeln arbeiten, während er nach den richtigen Worten sucht. „Es ist, als würde ich ständig das Bedürfnis haben, dich zu schützen. Aber nicht, weil ich denke, dass du schwach bist – du bist alles andere als das. Sondern weil ich weiß, wie die Welt da draußen aussieht. Und ich will nicht, dass sie dir weh tut."

Mein Herz zieht sich bei seinen Worten zusammen. „Kenzo, du kannst mich nicht vor allem beschützen. Ich weiß, dass du das willst, aber... ich muss auch meinen eigenen Weg finden."

Er senkt den Blick, wirkt für einen Moment fast verloren. „Ich weiß. Und ich will dir nichts nehmen. Aber ich brauche Zeit, um das zu lernen... dieses Gleichgewicht. Es ist schwer für mich, Iliana."

„Du musst das nicht alleine lernen," sage ich sanft. „Wir sind ein Team. Du, ich und Hope. Und Teams halten zusammen, auch wenn einer mal Fehler macht."

Ein schwaches Lächeln spielt um seine Lippen, und er schüttelt den Kopf. „Du lässt es so klingen, als wäre ich nicht der größte Idiot für dich."

„Du bist kein Idiot," entgegne ich und drücke seine Hand leicht. „Du bist nur jemand, der es nicht gewohnt ist, Gefühle zuzulassen. Und das ist okay."

Er hebt seine andere Hand und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. Sein Blick ist sanft, beinahe liebevoll. „Du hast mehr Geduld mit mir, als ich verdiene."

„Vielleicht," sage ich und lächle schief. „Aber du bist es wert."

Für einen Moment sagt er nichts, sieht mich nur an, als würde er versuchen, all die unausgesprochenen Dinge in meinem Gesicht zu lesen. Dann lehnt er sich zurück und seufzt tief. „Ich werde es versuchen, Iliana."

„Das ist alles, was ich will," sage ich leise und lehne meinen Kopf an seine Schulter.

Hope schnauft leise neben uns, und die Stille, die sich ausbreitet, ist keine angespannte, sondern eine beruhigende. In diesem Moment fühlt sich alles richtig an.

,,Bleibst du heute bei mir?'' fragt er plötzlich.

Ich blinzle überrascht und fühle, wie mein Herz schneller schlägt. „Meinst du... hier?"

Er nickt langsam, ein schwaches Lächeln umspielt seine Lippen. „Ja. Du könntest bei mir schlafen. Hope würde sich sicherlich freuen...und ich auch."

Ein warmer Schauer durchläuft mich bei seinen Worten „Okay," sage ich schließlich und lächle. „Ich bleibe."

Kenzo scheint erleichtert, auch wenn er es sich nicht anmerken lässt. „Gut."

——

Später am Abend, nachdem wir uns fürs Bett fertig gemacht haben, öffnet Kenzo die Schlafzimmertür für mich. Hope hat sich bereits in ihrem Körbchen neben dem Bett zusammengerollt und schnarcht leise vor sich hin.

„Warte," sagt er, geht zu seinem Schrank und zieht eines seiner T-Shirts heraus. Es ist schwarz, weich und viel zu groß für mich.

„Zieh das an," sagt er schlicht.

Ich schaue ihn skeptisch an. „Dein T-Shirt?"

„Ja."

Mit geröteten Wangen nehme ich das T-Shirt und ziehe es an. Es ist viel zu groß für mich, der Stoff fällt locker über meine Schultern, aber es riecht nach ihm – ein vertrauter, beruhigender Duft, der mich sofort entspannen lässt.

Kenzo beobachtet mich, seine dunklen Augen gleiten langsam über mich und es fühlt sich auf einmal so an, als würde er mich mit seinen Blicken ausziehen „Perfekt.'' murmelt er leise vor sich hin.

Als wir schließlich im Bett liegen, drehe ich mich automatisch auf die Seite, und er tut dasselbe. Unsere Gesichter sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, und die Dunkelheit des Zimmers wird nur von dem schwachen Licht der Straßenlaterne draußen durchbrochen.

Seine Augen fixieren meine, als wäre ich das Einzige, was für ihn zählt. Sein Blick ist intensiv, als würde er versuchen, jede einzelne Linie meines Gesichts auswendig zu lernen.

„Du bist so wunderschön," murmelt er leise, seine Stimme rau und ehrlich.

Mein Atem stockt, und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. „Kenzo..."

Er hebt seine Hand und streicht sanft eine Haarsträhne aus meinem Gesicht, seine Finger gleiten warm über meine Haut. „Du bist alles für mich," sagt er schließlich, als ob er selbst kaum glauben kann, was er sagt. „Und das macht mir Angst."

Ich sehe ihn an- die Worte, die er sagt, treffen mich tief. In solch einer kurzen Zeit, die wir uns kennen, hat er mich Dinge fühlen lassen, die ich für unmöglich hielt. Seine Ehrlichkeit, seine Verletzlichkeit – all das zeigt mir eine Seite von ihm, die so selten zu sehen ist.

„Du musst keine Angst haben," sage ich leise. „Nicht, wenn wir beieinander sind."

Sein Blick wird weicher, und seine Hand gleitet langsam von meiner Wange hinab, seinen Fingerspitzen folgen die Linie meines Arms, bis sie an meiner Hand ruhen. Er verschränkt unsere Finger miteinander, und ich spüre die Wärme, die von ihm ausgeht.

„Bleib bei mir," murmelt er.

„Ich bin hier," antworte ich, und es ist nicht nur eine Antwort auf seine Worte, sondern auch ein Versprechen.

Wir liegen so da, unsere Blicke ineinander verfangen, und ich spüre, wie eine Welle der Ruhe über mich hinwegzieht. Kenzo streicht mit den Fingern sanft über meine Hand, seine Berührung beruhigend und voller Zärtlichkeit.

Zum ersten Mal seit langem fühle ich mich vollkommen sicher. Sicher bei ihm. Sicher bei uns. Und als ich schließlich meine Augen schließe, begleitet mich der Gedanke, dass es keinen Ort auf der Welt gibt, an dem ich lieber wäre.

Es ist die Ruhe vor dem Sturm.

Aiming at LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt