31

90 5 6
                                    

Es ist mitten in der Nacht, als ich aus meinem unruhigen Schlaf geweckt werde. Ich blinzele verschlafen, mein Kopf noch halb in einem Traum, als ich spüre, wie mich jemand hochhebt. Es dauert einen Moment, bis ich realisiere, was geschieht. Arme, stark und vertraut, halten mich, und ein leichter Geruch von Kälte und Leder steigt mir in die Nase.

Kenzo.

„Du bist schon wieder hier?", murmele ich schläfrig, während mein Kopf gegen seine Brust sinkt.

„Du bist auf der Couch eingeschlafen", sagt er leise, seine Stimme tief und beruhigend. „Komm ins Bett."

Ich bin zu müde, um zu protestieren, obwohl mein Herz schneller schlägt. Ich habe ihn vermisst – mehr, als ich mir eingestehen wollte.

Er trägt mich ins Schlafzimmer und legt mich sanft auf das Bett. Die Dunkelheit des Raumes wird nur von dem schwachen Licht der Straßenlaterne durch die Vorhänge durchbrochen. Ich spüre, wie die Matratze sich senkt, als er sich neben mich legt.

„Schlaf weiter", murmelt er, und ich höre, wie er tief ausatmet.

Doch ich kann nicht. Meine Augen bleiben offen, fixieren die Decke, während sich meine Gedanken überschlagen.

Die Nachricht über Diablo Torres geht mir nicht aus dem Kopf, und der Gedanke, dass Kenzo etwas damit zu tun haben könnte, lässt mir keine Ruhe.

Die Minuten ziehen sich, und ich spüre, wie sein Atem ruhiger wird. Er ist eingeschlafen, seine Präsenz neben mir so vertraut und doch so fremd.

Ich drehe mich langsam zur Seite, sehe sein Gesicht im schwachen Licht. Es sieht entspannt aus, friedlich fast. Aber ich weiß, dass hinter diesem friedlichen Ausdruck Geheimnisse stecken, von denen ich keine Ahnung habe.

Langsam schiebe ich die Decke zur Seite und stehe leise auf. Hope hebt kurz den Kopf, legt ihn dann aber wieder hin, als ich meine Finger impulsiv nach Kenzos Handy ausstrecke, das auf dem Nachttisch liegt. Ich nehme es in die Hand, gehe auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer und schließe die Tür hinter mir.

Jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Im Wohnzimmer setze ich mich aufs Sofa, das Handy in meiner Hand. Es ist ein neueres iPhone, aber als ich es entsperre – ohne PIN, was mich überrascht –, merke ich sofort, dass es kaum genutzt wird.

Ich öffne die Anrufliste. Nur wenige Nummern sind gespeichert, und immer wieder taucht dieselbe, nicht eingespeicherte, Nummer auf. Kein Name, keine Erklärung. Er hat fast keine Kontakte, keine Nachrichten und keine sozialen Medien-Apps. Es ist, als würde dieses Handy ausschließlich für Anrufe existieren.

„Das ergibt keinen Sinn", flüstere ich, während ich das Gerät weiter durchschaue. Kenzo scheint nichts von sich preiszugeben. Kein Instagram, kein WhatsApp, nichts, was darauf hindeutet, dass er ein normales Leben führt. Und in diesem Alter, ist das weitaus mehr als nur merkwürdig.

Plötzlich vibriert das Handy in meiner Hand, und der Ton hallt durch die Stille des Hauses. Ich schrecke zusammen, meine Hände zittern, während ich schnell den Ton ausstelle.

Die Nummer, die anruft, ist dieselbe, die immer wieder in der Anrufliste auftaucht. Mein Herz schlägt so laut, dass ich befürchte, es könnte Hope und sogar ihn wecken.

Ich zögere, dann nehme ich den Anruf an, ohne ein Wort zu sagen.

„Hast du ihn beseitigt?" Die Stimme eines Mannes durchdringt die Stille, kalt und monoton.

Ich bleibe stumm, meine Kehle wie zugeschnürt.

„Hast du ihn getötet? Ja oder nein, Keanu?"

Aiming at LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt