Malon & Naneah - Die 20. Hungerspiele | Kapitel 21 Malon

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Die nächsten Wochen vergingen und brachten Höhen wie Tiefen mit sich.
Zwar hatte ich nach wie vor die Kontrollverluste, doch mit Naneah konnte ich sie ohne weitere Zwischenfälle überstehen.
Langsam begann ich auch wieder zu leben, lies mich von ihr an alte Orte führen und konnte dadurch die Spiele ein wenig vergessen. Jedoch nur wenn ich nicht daran dachte, dass ich in ein paar Monaten zur Tour des Siegers aufbrechen musste und dabei zurück ins Kapitol kam.
Ich gewohnte mir wieder an nachts zu schlafen, was ich jedoch nur schaffte, wenn meine Freundin bei mir war. Sonst hielt ich die Dunkelheit nicht aus.
Im Großen und Ganzen konnte man also sagen, dass es besser wurde, wenn man nicht beachtete, dass ich mich nicht mehr in die Öffentlichkeit traute. Der Wald war in Ordnung, jedoch wollte ich nicht in die Nähe von Menschen. Solange nicht, bis ich dem Drängen von meiner Mutter und Naneah nachgab und mit Letzterer nun auf den Weg zum Bäcker war. Schokoladenkuchen klang eben doch ziemlich verlockend.
"Alles okay?", fragte Naneah und ich nickte.
Es war nicht mehr weit, dann hatten wir den Bäcker erreicht und konnten wieder zurück. Das sagte ich ihr natürlich nicht.
Wir bogen um eine Ecke, als ich plötzlich einem Blick begegnete. Ich kannte die Frau nicht und dennoch sah sie mich zuerst überrascht und dann mit Abscheu an.Konnte das wahr sein? Oder bildete ich mir das vielleicht nur ein?
"Was ist?", fragte Naneah und nun sah ich wieder zu ihr.
"Nichts. Schau, wir sind da.", erwiderte ich und deutete nach vorne. Wir hatten den Laden erreicht, wodurch ich sie schnell mit hinein zog. Auch um diesem merkwürdigen Blick zu entgehen.
Doch drinnen war es nicht besser, da mir die Verkäuferin mit fast demselben Blick begegnete. Was war los?
Hatte ich irgendetwas Verbotenes an mir?
Sie begrüßte uns nicht einmal, weshalb ich nervös von einem Bein auf den anderen trat.
"Was haben die alle?", flüsterte ich kaum hörbar zu Naneah, während ich versuchte den Blick der Frau zu ignorieren.
"Nicht wirklich, oder? War ihr Benehmen beim letzten Mal nicht schon schlecht genug? Was ist ihr Problem?", knurrte Naneah und ich legte ihr eine Hand auf den Rücken.
"Tut mir leid, aber ich kann euch nicht bedienen. Bitte verlasst meinen Laden."
Überrascht sah ich sie an. Hatte sie das wirklich gesagt? Warf sie uns gerade aus ihrem Laden?
Verletzt sah ich zu Boden, konnte mir denken woran es lag.
"Wir gehen.", sagte ich leise und nahm Naneah mit, da ich befürchtete, dass sie der Frau sonst an die Gurgel sprang.
Doch als wir wieder nach draußen traten musste ich feststellen, dass sich mein Erscheinen ziemlich schnell herum gesprochen hatte und viele die gleiche Meinung, beziehungsweise den gleichen Blick teilten.
Die Frau von vorhin stand nicht weit von uns entfernt, neben ihr ein Mädchen und zwei Jungs, darunter Szoran.
Daher wehte also der Wind. Was hatte er ihnen gesagt? Doch vermutlich nur die Wahrheit, und die hatte ausgereicht. Verständlich.
"Du kleine Mistratte." schrie Naneah plötzlich und ehe ich begriff warum sie das tat, hatten sich ihre Beine auch schon in Bewegung gesetzt. Sie hatte Szoran entdeckt und kam wohl zu demselben Entschluss wie ich.
"Naneah!", rief ich leise, doch sie dachte gar nicht daran auf mich zu reagieren, zu wütend schien sie zu sein.
Naneah packte ihn am Shirt und zog daran, sodass er sich zu ihr herunter beugen musste.
"Was hast du behauptet du elender Versager." fauchte sie und kurz war ich nur überrascht, dass sie sie so etwas tat.
"Ich habe nichts behauptet, nur erzählt was passiert ist.", knurrte er und packte ihre Hände, was mich dazu brachte sofort zu ihnen zu laufen.
"Lass sie los Szoran."
Kaum hatte ich auch nur ein Wort gesagt, zuckte das Mädchen, welches bei der Frau stand, zusammen. Den Schmerz darüber ignorierend sah ich wieder meinen Freund an.
"Ich sie los lassen? Sie soll mich los lassen! Die ist ja schon genauso verrückt wie er!", rief er und irgendjemand lachte auf.
"Naneah, lass uns gehen.", sagte ich und legte meiner Freundin eine Hand auf die Schulter.
„Wie könnt ihr nur.", sagte sie und lies Szoran los. „Ihr Heuchler schlagt euch jeden Abend den Magen voll und sitzt an einem warmen Feuer, wegen Malon. Und hier wagt ihr es über ihn zu urteilen? Über ihn zu reden und zu lachen! Ihr alle seid nicht besser als die Menschen im Kapitol. Und du Szoran.", jetzt sah sie ihn direkt an, „Du schimpfst dich Freund? Ich wünschte, wir könnten dich nächstes Jahr in die Spiele schicken, damit kein unschuldiges Leben verschwendet wird. Jemand wie du hätte es verdient dort zu sterben. Ihr alle.", knurrte sie und wandte sich dann wieder den anderen zu. „Was hat er euch erzählt? Das Malon ihn geschlagen hat? Ja, das stimmt. Aber erst nachdem er sich im Wald an uns heran geschlichen hatte und herzlos erwähnte wie Malie gestorben war. Erinnert ihr euch überhaupt noch an sie? Ihr habt sie geliebt. Jeder von euch hätte das gleiche wie Malon im Wald getan, wenn er das durchgemacht hätte, wie er. Wahrscheinlich hättet ihr es nicht mal geschafft weiterzuleben, geschweige denn, für euren Distrikt gewonnen. Ihr seid erbärmlich und habt kein Mitgefühl. Es ist mir peinlich mit euch in einem Distrikt zu leben. Ihr entehrt alles was gut war hier. Lass uns gehen Malon. Mit diesen dreckigen Lügnern müssen wir uns nicht abgeben."
Naneah nahm meine Hand und drückte sie, während ich damit kämpfte die Tränen zurück zu halten. Ihre Worte hatten mich berührt und verletzt zugleich. Doch in diesem Moment wusste ich, dass ich nie jemanden so lieben könnte wie sie. Sie war alles für mich, und nach dieser Anspreche hatte ich den Glauben, dass ich es auch für sie war.
Ich sah die Leute noch einmal der Reihe nach an, ehe ich nun Naneahs Hand drückte, um ihr damit zu zeigen, dass wir nun gehen konnten.
„Diese Unmenschen. Wie können sie nur?", sagte Naneah, als wir wieder im Siegerviertel angekommen waren.
"Sie haben ganz einfach Angst, und die ist begründet. Ich bin unberechenbar."
"Nein ist es nicht!", brüllte sie und wirbelte zu mir, ehe ihr nun Tränen über die Wangen liefen.
„Es ist nicht begründet! Du hast keinen von ihnen etwas getan! Szoran hatte es verdient! Sie sollten gerade mehr Angst vor mir haben, als vor dir! Es ist nicht fair von ihnen!"
"Naneah, hör auf.", sagte ich und legte meine Hände auf ihre Schultern. "Sie haben mich als verrückt abgestempelt und das werden wir so schnell nicht wieder ändern können. Doch weißt du was? Es ist mir egal was sie denken, das einzige was mir wirklich wichtig ist, ist das, was du denkst. Nur du zählst für mich. Ich liebe dich mehr als alles andere und was du für mich gerade eben getan hast war das schönste überhaupt. Es hat mir außerdem gezeigt, dass ich nur dich will. Für immer."
Mittlerweile hatte ich sie in meine Arme gezogen und drückte sie fest an mich, hätte sie am liebsten nie wieder los gelassen.
„Ich bin so froh, dass du mich noch willst. Das ich bei dir bleiben darf.", flüsterte sie nach einer Weile.
"Wohl eher umgekehrt.", gab ich zurück. "Ich würde dich immer wollen, und zwar bis zum Rest meines Lebens."
„Dann sind wir uns ja da einig. Wir bleiben einfach bei einander für den Rest unseres Lebens."
"Klingt gut.", bestätigte ich und küsste sie flüchtig, ehe mir etwas einfiel. "Mist. Wieder ein Vorantrag. Ich sollte mir mal einen richtigen überlegen.", meinte ich grinsend.
Sie begann zu lachen und sofort fühlte ich mich besser. Ich sah in ihre blauen Augen und mein Herz begann zu rasen. Nur Naneah schaffte es mich immer wieder durcheinander zu bringen, und das nach über zwei Jahren.
Wir gehörten zusammen, was wir nun sicher wussten. Erst in schweren Zeiten merkte man, wer wirklich zu einem stand. Szoran tat das nicht, doch ich würde irgendwann einen Freund finden der es tat, dessen war ich mir sicher.
Ich hob eine Hand und nahm eine ihrer Haarlocken zwischen die Finger. Ihr Geruch brachte mich um den Verstand, genau wie die Nähe zu ihr, und ich hatte plötzlich einen ganz bestimmten Gedanken."
Wir sollten nach drinnen gehen. Jetzt sofort.", flüsterte ich ein wenig verschwörerisch und hoffte, dass sie verstand was ich meinte.
"Sicher?"
Statt einer Antwort küsste ich sie und hob sie ganz einfach hoch. Das dauerte mir zu lange.

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