Malon & Naneah - Die 20. Hungerspiele | Kapitel 10 Naneah

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Ich erwachte nach einer nicht wirklich erholsamen Nacht in einem leeren Bett.

Malon war mit mir am Abend zwar zu Bett gegangen aber nun war er nicht mehr da.

Wir hatten nicht wirklich viel gesprochen am gestrigen Tag. Keiner von uns beiden schien zu wissen, wie er mit dem Anderen umgehen sollte.

Sollte ich ihn in Ruhe lassen? Sollte ich ihn auf seine Erlebnisse ansprechen?

Die Seite neben mir war kalt und das Laken glatt, was nur bedeuten konnte, dass er nicht einmal kurz hier geschlafen hatte. Wahrscheinlich hatte er gewartet, bis ich eingeschlafen war, und war danach gegangen.

Ein wenig traurig stand ich auf und nutze die Dusche seines neuen Hauses, um meine Emotionen unter Kontrolle zu bringen. Es war schließlich nicht seine Schuld, dass er schlimme Dinge erlebt hatte.

Früher, wenn er nicht schlafen konnte, hätte er mich sanft geweckt. Wir hätten leise mit einander gesprochen und ich hätte mir Geschichten einfallen lassen, bis er wieder eingeschlafen wäre. Andersrum, wenn ich nicht schlafen konnte, hatte er mich fest an sich gedrückt und leise irgendwelche Melodien gesummt. So waren wir immer wieder eingeschlafen aber anscheinend ging dies nun nicht mehr.

Mit noch feuchten Haar und nur einem langen Shirt, da nur für Malons Größe Kleidung bereits vom Kapitol im Haus war, bekleidet, ging ich nach unten. Ich versuchte, nicht nervös zu werden, während ich meinen Freund suchte.

Trotzdem atmete ich erleichtert auf, als ich ihm im Arbeitszimmer fand.

Ich ignorierte seine dunklen Augenringe und auch, dass alle Lichter brannten. Niemand konnte erwarten, dass er sofort sein Leben weiter lebte und die Arena vergessen konnte.

„Möchtest du etwas zu essen?", fragte ich so leise wie möglich, um ihn nicht zu erschrecken.

Er schüttelte den Kopf und wieder machte sich Unruhe in mir breit. Malon war groß und hatte schon immer viel zu essen gebraucht. Sein Körper war sowieso schon abgemagert.

„Aber nimm dir ruhig was du möchtest. Ich komme mit.", erklärte Malon leise.

Ich nickte ihm schweigend zu und hoffte einfach, dass er mir in die Küche folgte. Vielleicht bekam er ja noch Hunger und ich stellte ihn zumindest ein Glas Milch hin, bevor ich mich mit meinen Brötchen hinsetzte.

Malon kam kurz nach mir in die Küche und trank sogar einen Schluck aus dem Glas, welches ich ihn hingestellt hatte, bevor er es wieder abstellte. Nicht ganz was ich wollte, aber immerhin etwas.

Schweigend aß ich mein Brötchen und überlegte, wie ich ihm sagen sollte, dass seine Schwester heute beerdigt wurde.

Seine Eltern waren der Ansicht, dass wir auf ihn warten sollten, damit er sich in Ruhe noch einmal von ihr verabschieden konnte. Da sie am gleichen Tag gestorben war, wie Malon gewonnen hatte, war dies möglich. Jedoch wollte auch niemand im Dorf länger warten und das arme Mädchen zu seiner letzten Ruhe legen. Niemand dachte wirklich daran, wie Malon sich dabei fühlte.

„Hat sich irgendwas verändert? Während ich weg war?" Seine Stimme klang regelrecht fremd in meinen Ohren.

Im ersten Moment konnte ich ihn nur mit großen Augen anstarren, bevor ich mir überlegte, wie ich es ihm am Besten erzählte.

Alles, schrie mein Inneres, aber das konnte ich schlecht sagen.

Kurz räusperte ich mich.

„Nicht wirklich. Deiner Mutter ging es nicht so gut aber sie hat sich wieder erholt. Mach dir keine Sorge, ich hab ihre Arbeit im Wald mitgemacht, wodurch sie keine Ausfälle haben." Ich konnte ihn nicht wirklich ansehen. Wollte den Schmerz in seinen Augen nicht sehen. „Wir... also... deine Eltern dachten, dass du dich von deiner Schwester verabschieden willst. In der Arena war das ja kaum möglich." Vor meinen inneren Auge, sah ich die Bilder wieder vor mir. Wie er kurz davor gewesen war, sich selber umzubringen und ich vor den Fernseher halb zusammengebrochen flehte, dass er mir das nicht antun konnte. „Die Beerdigung wurde deswegen auf heute Nachmittag verlegt. Da scheint die Sonne am schönsten, auf die Stelle, wo sie begraben werden soll. Die hat sie immer geliebt."

Malon & Naneah - Die 20. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt