Malon & Naneah - Die 20. Hungerspiele | Kapitel 18 Naneah

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Malons gute Laune hielt auch nach dem Essen an. Erfreut sah ich ihm dabei zu, wie er unsere Teller abräumte.
"Sollen wir in den Wald? Ein wenig?" , fragte er hinter mir und ich drehte mich zu ihm um.
„Sicher", gab ich zurück, „wenn du möchtest."
Sofort streckte er seine Hand aus und ich ergriff sie lächelnd, ehe ich ihn aus dem Haus zog.
Es war immer noch warm, wodurch ich froh war, als wir in den Schatten des Waldes traten.
Ich versuchte so entspannt wie möglich zu sein, aber ich wusste, dass der Wald nicht einfach für Malon war, was mich einerseits traurig, andererseits wütend. Aber nicht auf Malon, sondern das Kapitol. Sie hatten uns das genommen.
Ich lehnte mich etwas näher zu ihm, während ich ihn zielgerichtet zu unseren Ort brachte.
Dort war nur gutes passiert. Er gehörte uns und ich würde nicht zulassen, dass das Kapitol auch diesen Ort uns nehmen würde.
Angespannt brach ich durch die dichten Sträucher, als ich den umgestürzten Baumstamm auch schon sah und sofort sanft lächeln musste.
"Hier könnte es funktionieren." , lächelte er und ich spürte, wie etwas Anspannung von mir viel.
„Das hatte ich gehofft.", gab ich zu.
Ich setzte mich auf den Waldboden und lehnte mich an unseren Baumstamm. Hoffte, dass er zu mir kam, aber ich wollte, dass er es von sich aus tat.
Schnell kam er mir hinter her und schmiegte sich an meine Seite.
Kurz schaute ich ihn an, ehe ich meinen Kopf auf seine Schulter legte.
„Ich hätte nicht gedacht, dass wir hier noch einmal sitzen."
Es war riskant dies zu sagen, dass wusste ich aber ich musste es einfach loswerden.
"Ich auch nicht." , flüsterte er leise.
Ich nahm seine Hand in meine, wusste, dass er an seine Schwester dachte und das es hart für ihn war. Auch wenn es schwer war, mussten wir jedoch. Wie sollte er sonst darüber hinweg kommen?
„Sie hätte es so gewollt, dass weißt du, oder? Ich mein, wenn sie nicht leben darf, dann solltest du höchstens überleben."
"Nicht.", bat er und ich sah wie er gegen die Tränen kämpfte, weshalb ich seinen Kopf zu mir drehte.
„Du darfst weinen. Wegen mir Schrei, wenn es dir hilft, aber du musst den Schmerz anfangen rauszulassen, sonst frisst er dich auf."
"Aber ich kann nicht... Es tut so weh. Es ist... als wäre etwas mit ihr gestorben. Und ich gebe mir die Schuld.", gestand er und die erste Träne lief über seine Wange, wodurch ich ihn fester an mich drückte.
„Ich weiß doch Malon, ich weiß. Aber es ist nicht deine Schuld. Wenn überhaupt hat das Kapitol und der Präsident schuld aber nicht du. Du hast sie beschützt Malon, wie du es versprochen hast."
"Ich hatte versprochen sie nach Hause zu bringen, das habe ich nicht geschafft."
„Aber du hast es versucht, in jeder einzelnen Sekunde in der Arena.", erklärte ich, „Du warst bei ihr. Ich weiß, dass sie stolz auf dich ist und nicht wütend. Du musst nur lernen, dir selber zu verzeihen."
Malon schaute zu mir, schien in meinen Augen regelrecht zu versinken.
"Ist es nicht egoistisch wenn ich einfach so weiter lebe, meine Zukunft mir dir plane, während sie solche Dinge nie mehr machen kann?"
„Es wäre egoistisch, das Geschenk nicht anzunehmen. Das Kapitol hat dir das angetan. Dreiundzwanzig Jugendliche sind gestorben und du hast überlebt. Es ist schwer, damit weiterzuleben aber du bist es ihnen schuldig. Malie und den Anderen.", meinte ich ehrlich.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen musste, in der Gewissheit zu leben, dass so viele Menschen sterben mussten, besonders wenn die eigene Schwester dabei war, aber das war es, was das Kapitol wollte.
Meine Worte schienen jedoch zu ihm durchzudringen.
Er wischte sich die Tränen weg und schaute mich an
"Klingt zumindest besser als meine Version. Wir schieben also einfach alles auf das Kapitol?" , versuchte er zu scherzen.
„Sie geben uns doch auch für alles die Schuld. Ich bin der Meinung wir sind mal dran.", schmunzelte ich.
"Okay. Womöglich musst du mich nur ein paar Mal daran erinnern, aber vielleicht bekomme ich es hin." Sanft streichelte er über meine Wange. „Und bitte sei nicht böse, aber ich möchte nach Hause."
„Natürlich.", gab ich zurück und stand schwungvoll auf, ehe ich nach seiner Hand griff, um ihn ebenfalls hochzuziehen.
Gemeinsam machten wir uns auf den Rückweg und ich fühlte mich gut. In mir kam die Hoffnung auf, dass es wieder gut werden konnte. Natürlich nicht wie früher aber immerhin annähernd.
Ich hörte das Knacken eines Astes nehmen mir und spürte wie Malon sich verkrampfte.
Sein Kopf schoss in die Richtung des Geräusches und ich bereitete mich schon auf alles vor, als ein Junge in unseren Alter auftauchte.
Szoran. Er war wohl so was wie Malons bester Freund in der Schule gewesen.
"Ich wusste doch, dass ich etwas gehört habe.", meinte er und kam lächelnd auf uns zu. "Euch hätte ich allerdings am wenigsten erwartet. Alles klar?"
Kurz funkelte ich ihn an, ehe ich mich wieder fing.
„Den Umständen entsprechend.", presste ich hervor.
"Oh ja. Malie. Tut mir wirklich leid , muss schwer für dich sein.", meinte Szoran und ging auf Malon zu, um ihn auf die Schulter zu klopfen, „Aber die Schlange war schon hinterhältig, du konntest nichts tun. Zum Glück hast du es geschafft."
„Du verdammter Idiot.", flüsterte ich, während ich zu Malon herumwirbelte.
Sein Blick schien dunkler, weiter weg.
„Was ist los?", fragte Szoran verwirrt und tat das Dümmste, was er machen konnte. Er griff wieder nach der Schulter von Malon.
Ehe ich reagieren konnte, hatte Malon auch schon Szorans Hand gepackt und sie verdrehte, wodurch dieser schmerzhaft auf keuchte. Im nächsten Moment lag er jedoch schon auf den Rücken. Malon über ihn aufragend und auf ihn einschlagend.
Ich hatte ihn vorher noch nicht so gesehen, nur die Schläge gespürt.
Der Schock brauchte, um abzuklingen, doch endlich bekam ich wieder Luft.
„Malon stopp!", schrie ich ihn so laut ich konnte an.
Auch wenn mein Verstand mir sagte wegzubleiben, ging ich näher an ihn ran und versuchte ihn von Szoran herunterzuziehen. Lieber sollte er auf mich einschlagen, als auf den Jungen, der nichts davon verstehen würde und dazu noch für sein loses Mundwerk bekannt war.
Wieder schien Malon mich jedoch zu hören.
Er erstarrte, ehe er auf Szoran starrte.
"Es... tut mir... leid." , flüsterte er leise, ehe er von Szoran runter kroch und neben ihn selber kraftlos zusammenbrach.
Sofort ließ ich mich neben ihn nieder, interessierte mich erst einmal nicht für den anderen Jungen.
„Malon.", begann ich leise und Strich über seine Haare, „Ist okay. Alles ist gut. Ganz ruhig."
"Alles ist gut?", schrie Szoran neben uns ungläubig. "Der Idiot hat mich verprügelt, einfach so! Bist du übergeschnappt?"
„Halt die Klappe, du Vollidiot.", brüllte ich zurück, „Du bist selber Schuld! Wie kannst du ihn daran erinnern! Hier! In einem Wald!"
"Deshalb braucht er doch nicht so durchdrehen! Ich verschwinde, das ist ja nicht normal." , beschwerte er sich und lief davon.
„Idiot.", knurrte ich ihm hinter her, ehe ich mich wieder zu Malon wand. Er hatte sein Gesicht in seinen Händen vergraben.
„Malon", flüsterte ich leise. „Malon es ist okay. Es war seine Schuld."
"Nein war es nicht. Es liegt an mir, mir ganz allein.", meinte er und rappelte sich auf, ohne mich anzusehen. Er schaute sich um, versuchte sich zu orientieren. „Ich muss noch Hause."
„Okay.", gab ich leise zurück.
Da er mich immer noch nicht ansehen wollte, deutete ich in die richtige Richtung.
„Bei den beiden Bäumen da vorne durch, dann immer einfach gerade aus."
Sofort lief er los, ohne sich noch einmal umzudrehen und ich ging hinter her. Folgte ihm mit ein wenig Abstand aber versuchte mit ihm mitzuhalten, als er auf einmal stehen blieb.
Ich konnte mir denken, was er suchte oder hoffte es zumindest.
Mich.
„Ich bin hinter dir.", flüsterte ich deswegen leise.
Sofort wirbelte er herum, wodurch ich erschrocken, einen Schritt nach hinten auswich.
"Kannst du vor mir gehen?", bat er.
„Sicher."
Langsam und ohne hastige Bewegungen ging ich an ihm vorbei und lief weiter, lauschte jedoch darauf, ob er mir auch wirklich weiterhin folgte.
Als ich hörte, wie er hinter mir lief, entspannte ich mich ein wenig, auch wenn mir bewusst war, dass Szoran all unsere Fortschritte zerstört hatte.

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