Kapitel 17: Déjà-vu

124 9 3
                                    

Vom Gang her vernahm ich schleppende Schritte und angestrengte Stimmen... Eindeutig Jack's sachlicher Tonfall und Jeff's rauchige Stimme. Eine Tür wurde mit Krawall aufgetreten, während sich die beiden ununterbrochen unterhielten. Sie waren zu weit weg und ich konnte kaum ein Wort verstehen. Jeff schien aber sichtlich gereizt und Jack ungewöhnlich beklommen. Zwischendurch wurde ihr Gespräch immer wieder von einem heiseren röcheln unterbrochen. Kaum hörbar schlich ich letztendlich den Flur entlang und linste um die Ecke. Gerade noch bekam ich mit wie der blau maskierte Arzt "Leg ihn auf die Liege", rief und Jeff mit einer weiteren Person im orangen Pulli auf dem Rücken ins beleuchtete Krankenzimmer verschwand. Bald darauf kam dieser schon wieder aus dem Raum und während Jeff die Tür wieder schloss, brüllte er noch in den Raum: "Und nochmal mach ich das nicht mehr mit!" Gereizt drehte er sich in meine Richtung. Seine Hände vergrub er geballt in den Taschen seines Pullis. Erst jetzt bemerkte er, dass ich wie versteinert bei der Ecke stand. Jeff gab ein Seufzen von sich und ließ seinen Kopf dabei kurz nach vorne nicken, wobei schwarze Strähnen sein bleiches Gesicht verdeckten. "Wie lang stehst du schon da?", sein Blick hob sich wieder. "Ich denke lange genug", erwiderte ich etwas schroff. Seine Mimik war leicht verwirrend, einerseits mit dem eingeritzten Grinsen und andererseits war sein Blick angespannt. "Vor dir kann man echt nichts verbergen", seufzte der Killer. "Tja, wenn ihr mir sagen würdet was hier los ist, wär das für alle Beteiligten einfacher", schmollte ich übertrieben und verschränkte meine Arme beleidigt vor meiner Brust. Jeff's Mundwinkel gingen verschmitzt nach oben. Er zog seine Fäuste aus den Taschen und stellte sich vor mich, bevor er eine Hand sanft auf meinen Kopf legte. "Nimms uns nicht übel", lächelte Jeff. Seine blauen Augen, seine eigentlich eiskalten Killeraugen, hatten dabei einen menschlichen Ausdruck bekommen. Die Verkrampfung in meinem Körper ließ nach. Ich verlor mich in den tiefen blau des Massenmörders. Für diesen Augenblick war um uns die Welt in Stille getaucht. "Sonst würde die ganze Sache keinen Spaß machen", grinste Jeff nun herausfordernd und verfrachtete seine Hände wieder lässig in seinem Pullover, Jeff, der vor ein paar Sekunden noch die Sentimentalität in Person war. Innerlich rollte ich meine Augen. "Natürlich, du liebst es ja mich zu ärgern. Weißt du, dass du mir damit echt auf die Nerven gehst?!", motzte ich ihn mit funkelnden Augen an. "Ach jetzt tu nicht so, wer bringt mich den jedes mal zur puren Verzweiflung?", machte Jeff nun auf arme Seele. "Jetzt übertreib mal nicht, du Dramaqueen", neckte ich weiter. "Das nimmst du sofort zurück", drohte er mir grinsend. "Du träumst wohl", doch ehe ich mich versah, hatte Jeff mich gepackt und über seine Schulter geworfen. "Hey was soll das! Lass mich runter!", vergebens strampelte ich mit meinen Beinen und boxte ihn auf seinen Rücken. Jeff dachte wohl nicht daran mich runter zu lassen, denn er rannte mit mir weiterhin lachend den Flur entlang.

"Man bin ich müde...", gähnte ich lauthals und ließ mich auf die Platte meines Tisches fallen.
Aber bei solchen Idioten, die einem ständig auf Trab halten und dann noch so 'nem langen Schulweg am Morgen ist das auch nicht verwunderlich. Celin lachte amüsiert: "Da hat wohl jemand zu wenig Schlaf bekommen", "Ach lass mich", maulte ich zurück. Es war acht Uhr und Jay tauchte wie so oft in der letzten Minute auf. Noch etwas Schlaftrunken schlürfte er zu seinem Platz und würdigte mich keines Blickes. Celin bemerkte wohl meine verwirrte Miene, denn sie stupste mir mit ihren Ellenbogen in die Seite und meinte: "Da ist wohl ein zweiter Morgenmuffel unterwegs". Ich belächelte ihre Aussage nur. Die ersten Stunden vergingen wie im Fluge. Als es zur Pause läutete sprang ich auf und machte mich auf, zu dem Platz, wo ich gestern mit ihm geredet hatte. Dort angekommen dauerte es keine fünf Minuten, als Jay schon auf mich zukam. "Hey, also ich hab mir...", doch noch bevor ich meinen Satz beenden konnte, drückte mich Jay energisch an die Wand. "Was hast du mit Tim zu schaffen?", "Tim...?", ich konnte ihm erst nicht ganz folgen. "Tu nicht so als hättest du von nichts 'ne Ahnung!". Er umschlang mit seinen Händen meine Kehle und fing an mich, wie von einem Irren besessen, zu würgen. Ich fühlte wie sich meine Lunge schlagartig zusammenzog, während ich vergeblich nach Luft rang. "Ich hab euch gesehn! Glaubst du, nur weil er eine Maske trägt erkenn ich ihn nicht?". Moment... redet er von...? "M..ma..sky?", presste ich notgedrungen hervor. "Masky?", von einer Sekunde auf die andere ließ Jay meinen Hals los, sodass ich fast stolperte, als ich gierig die Luft in mich hinein sog. Wohltuender Sauerstoff füllte wieder meine Lungen. "Nennt er sich jetzt etwa so?", fragte er komplett aus allen Wolken gefallen. "Ich kenn ihn ... nur so", langsam fing ich mich wieder. "Woher?", "Versprich mir dass das unter uns bleibt", forderte ich. "Jaja. Jetzt sag schon!". "Ich bin gar nicht mit meinen Eltern hier, sondern lebe mit ein paar weiteren Jugendlichen zusammen. Jeder von ihnen schleppt seine eigenen Sorgen mit sich herum, jedoch hat keiner irgendwie vor mir etwas davon zu erzählen und Masky, oder wie auch immer, trägt ausschließlich nur diese Maske. Wer ist oder war Tim?", "Naja ich kann mich nicht mehr an viel erinnern....", "Wie das?", "Hast du dir das Video angesehn?", "Ah ja hab ich, warte kurz...", ich kramte in meiner hinteren Hosentasche, zückte die Kassette hervor und hielt sie Jay hin. Doch bevor ich sie ihm komplett überließ, fügte ich noch hinzu: "Aber bitte versprich mir, dass du nicht mehr versuchst mich umbringen". Jay kratzte sich verlegen am Hinterkopf: "Ähm ja, geht klar... sorry nochmal, hab überreagiert". "Ist schon gut, ich leb ja noch. Aber wieso kannst du dich nun nicht mehr erinnern? Erklär mir doch endlich mal was hier los ist", versuchte ich wieder auf das Wesentlich zu lenken. "Weißt du... Alex, Tim und Brian waren einst meine Freunde. Vor nicht ganz zwei Jahren wollten wir aus Spaß einen Film drehen, jedoch wurde Alex bald darauf von diesem gesichtslosem Ding", "Slenderman", "Sagte ich doch, auf jeden Fall wurde er von ihm verfolgt und Alex, mein ehemals bester Freund, den ich schon seit Ewigkeiten kannte, fing an sich komplett zu verändern... er wurde zunehmend unruhiger und aggressiver. Ich wollte wissen wieso und beschloss eines Nachts nach den Antworten zu suchen. Bevor ich loszog, machte ich noch eine letzte Aufnahme in der ich mir eben nicht sicher war, ob ich dabei wieder zurück komme. So durchstreifte ich also den Wald beim Rosswoodpark, doch plötzlich tauchte dieser Slender auf und alles wurde schwarz. Ich weiß noch wie ich in meinem Zimmer aufgewacht war und dachte, alles sei ein Traum, doch das war es nicht. Ich hatte mir die Aufnahme angesehen, wobei mir etwas aufgefallen ist: Das Datum des Videos ist der 30. Oktober, aber aufgewacht bin ich am 07. Februar, doch was in der dazwischenliegenden Zeit passiert ist, davon hab ich keine Ahnung. Alex und die anderen beiden waren weg. Ich hab zwar mitbekommen, dass Alex weggezogen ist, aber Tim und Brian waren wie vom Erdboden verschluckt...", "Und du weißt wirklich überhaupt nichts mehr?", "Naja manchmal kommen Bruchstücke zurück, wie beispielsweise dass Tim hinter der weißen Maske steckt. Neben der Aufnahme sind mir auch nur lästige Anfälle geblieben, weswegen ich nun ständig Tabletten schlucken darf", Jay zog ein verärgertes Gesicht. Tabletten... "Darf ich sie mal sehn?". Überrascht musterte er mich, holte aber dann doch ein kleines oranges Döschen hervor, in dem weiße Tabletten kullerten. Die selbe Dose, dieselben Symtome... das muss mit Slender irgendwie zusammenhängen... Wenn ich ihm helfe sich zu erinnern, hilft es mir vielleicht auch weiter.  "Okay wir machen heute einen Ausflug in den Wald", trällerte ich fröhlich, während mein gegenüber einen die-hat-nicht-mehr-alle-Tassen-im-Schrank-Blick aufsetzte.

Bloody fate (Creepypasta Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt