Kapitel 23: Jack

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Etwas zögerlich las ich weiter...

17.02.

Liebes Tagebuch,
Es ist für mich immer noch ungewohnt in meinem Alter noch Tagebuch zu schreiben... Aber es heißt, dass man dadurch Erlebnisse besser verarbeiten kann und nun ja mein Mann ist als Chirurg nicht oft zu Hause und ich habe nun meine Eltern kurz hintereinander verloren... Ich hatte schon immer ein gutes Verhältnis zu ihnen und daher fällt es mir schwer loszulassen. Mein Sohn, Jack, hilft mir die Trauer zu überwinden. Er ist nun fast zwei Jahre und so liebenswürdig. Schade nur, dass er die Großeltern meinerseits nicht mehr kennen lernen durfte....

Ich blätterte etwas vor. Sie schrieb nicht jeden Tag einen Eintrag, sondern nur gelegentlich.

08.06.

Liebes Tagebuch,
Mein Mann ist wiedermal nicht zu Hause, aber Jack ist ja bei mir. Auch wenn ich meinen Gatten sehr vermisse, zaubert mir mein Sohn immer wieder ein Lächeln auf mein Gesicht. Er ist ein so intelligenter Junge, schon mit vier Jahren... Er interessiert sich sehr für die Arbeit seines Vaters (auch wenn er noch kaum etwas davon verstehen kann). Er liebt es Insekten, Pflanzen und alles was er findet zu 'untersuchen'. Letztens hatte er einen für ihn viel zu großen Arztkittel von seinem Vater geklaut und hat so getan, als wäre er Arzt. Dabei musste auch ich als Patientin herhalten... Er war so niedlich... Doch ich habe das Gefühl, dass er sich immer weiter von den anderen Kindern entfernt. Er hat bisher keine richtigen Freunde gefunden und manche fürchten sich auch vor ihm....

Einen Monat später schrieb sie wieder einen Eintrag, der mir durch Mark und Bein ging.

26.07.

Liebes Tagebuch,
Ich... Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll... Ich kann es selbst nicht glauben, aber.. aber... Ich habe seit drei Wochen solche Schmerzen... Überall dumpfe, bohrende Schmerzen und vor fünf Tagen war ich im Krankenhaus... Diagnose.... akute Leukämie... Mein Mann weiß davon noch nichts und Jack.... Ich möchte gar nicht daran denken... Die Ärzte geben mir höchstens 3 Jahre... und wenn ich an Jack denke, der dann ohne Mutter groß werden muss...

Mehrere verblasste Tropfen sind auf dem Blatt zu erkennen. Sie hatte geweint... Ich blätterte weiter. Plötzlich kam ich zum letzten Tagebucheintrag zwei Jahre später...

24.11.

Liebes Tagebuch,
Nun ist es  bald soweit... Ich fühle es. Ich fühle wie mich meine Kräfte verlassen. Ich schreibe dies hier bereits im Krankenhaus, mein Mann schläft gerade und ich weiß nicht wie viel Zeit mir noch bleibt. Jack schläft gerade ebenfalls tief und fest... Er hatte heute wieder den Arztkittel dabei und hatte versucht mich gesund zu machen... Ich war so gerührt, dass ich mich zusammenreißen musste, nicht zu weinen. Ich weiß ich hätte eigentlich noch ein Jahr, ich hatte es gehofft, aber alles wurde plötzlich schlimmer... Ich kann mich kaum noch bewegen und das Morphium wirkt nur noch mäßig, selbst das schreiben fällt mir schwer. Deswegen möchte ich meinen wahrscheinlich letzten Eintrag dafür zu mutzen, für dich, Jack eine Nachricht zu verfassen.

Mein geliebter Sohn,
Vielleicht liest du dies hier eines Tages. Ich bitte dich, sei mir nicht böse, weil ich dich schon so früh verlassen musste. Ich werde nie erleben, wie du groß wirst... wie du vielleicht mal deine erste Freundin mit nach Hause bringst, wir uns in endlose Diskussionen verwickeln und uns immer wieder wegen Kleinigkeiten in den Haaren liegen. Ich hätte gerne erlebt wie du deinen Abschluss machst und zu sehen, wie selbstständig du geworden wärst, wäre für mich das schönste, was ich mir vorstellen könnte. Ich wünschte ich könnte mit dir jedes Glück und jeden Schmerz erleben. Ich wünschte ich könnte dir in 10 Jahren erzählen, wie süß du warst und du mir mit rollenden Augen sagst, wie peinlich ich bin... Ich bitte dich nochmals um Verzeihung Jack. Leb das Leben, das du leben willst. Sei so wie du sein willst. Verändere dich nicht für jemand anderes. Ich will dass du den Weg gehst, der für dich der richtige ist. Bitte vertrag dich gut mit deinem Vater, denn auch er hats nicht leicht und wird es... auch nicht einfach haben. Vergiss nicht, ich werde immer bei dir sein und auf dich aufpassen, also benimm dich. Mama sieht immer noch alles. Egal was du tust: Ich bin stolz auf dich. Du bist ein intelligenter, wundervoller Junge, vergiss das nie. Ich liebe dich Jack. Du bist mein ein und alles. Egal wie viel Trauer dir wiederfährt, egal wie viele Schmerzen du erleidest, schließe deine Augen, denk an das liebste das du hast und kämpfe! Ich wünsche dir kein perfektes Leben. Ich wünsche dir Fehler aus denen du lernen kannst, Abenteuer die du meistern musst und Freunde die dich so akzeptieren wie du bist und mit dir durch die Hölle gehen wenns sein muss.

Bloody fate (Creepypasta Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt