Kapitel 1 ~ Eltern #1

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In den letzten Wochen und Monaten hatte sich einiges verändert. Zoey und Cale waren jetzt ein glückliches Paar und ich freute mich für die beiden, obwohl ich mich wie das dritte Rad am Wagen fühlte, wenn wir gemeinsam etwas unternahmen. Gewissermaßen tat es mir auch ein wenig weh, die beiden so zu sehen.

Es erinnerte mich nur noch mehr daran, was ich mit Jason eben nicht hatte. Wir machten jetzt öfter etwas zusammen und meistens fühlte sich auch alles genauso an, wie ein Date, aber es ging nie weiter, als Freundschaft. Was meine Gefühle für ihn leider nicht minderte, eher im Gegenteil.

Desto länger ich ihn kannte, desto mehr verliebte ich mich in ihn. Manchmal fragte ich mich, ob er es wirklich nicht bemerkte, oder ob er einfach gar nicht mehr wollte, und deshalb keinen Finger rührte, um aus unserer Freundschaft mehr zu machen. Aber ich wollte mich ja gar nicht beschweren, wo ich doch froh sein sollte, dass die Spannung zwischen uns endlich verschwunden war. Ich war trotzdem traurig. Konnte man mir das wirklich verübeln? Ich hätte gerne behauptet, dass es anders war.

Das meine Gefühle in der Vergangenheit lagen und ich weitergezogen war. Aber nichts da. Ich lief in einem endlosen Kreis hin und her, nicht in der Lage, auszubrechen. Ein ziemlich großer Teil von mir wollte es auch gar nicht. Ich fand es schön, diese Gefühle gegenüber jemandem zu hegen, selbst wenn er sie nicht erwiderte. Wenn man überlegte, in welcher Situation wir uns noch vor wenigen Monaten befunden hatten, sollte ich doch wirklich froh sein, wie es jetzt war. Es könnte doch wirklich um einiges schlimmer sein.

„Cora? Cora! Hallo? Willst du mir vielleicht auch mal antworten?" Entgeistert sah ich Zoey an, die wohl schon länger in meiner Tür stand. Ich hatte keine Ahnung, was sie mich gefragt haben könnte. „Willst du mit ins Kino? Ich und Cale-." Das reichte mir schon, denn ich ließ den beiden gerne ihre Zeit zu zweit.

„Lass mal gut sein. Mir geht's gut hier. Ich hab meine Bücher. Viel Spaß euch beiden." Zoey setzte sich seufzend auf mein Bett: „Hör mal Coco. Ich will nicht, dass du dich ausgeschlossen fühlst. Du bist meine beste Freundin und ich kann es echt nicht mehr sehen, dass du nie etwas mit uns beiden unternehmen willst." Das klang fast wie ein Vorwurf.

Dabei war sie insgeheim wirklich froh, dass ich nicht jedes Mal mitkam. Man traute es den beiden zwar nicht zu, aber sie und Cale waren wahrlich nicht so unschuldig, wie man meinen konnte. Sie bestritten zwar beide, dass sie bisher Sex gehabt hatten, aber das lag auch nur daran, dass immer etwas -oder jemand- dazwischen kam. Zum Glück hatte ich dieses Vergnügen noch nicht gehabt.

„Das liegt ja nicht an euch, ich komme mir nur immer so fehl am Platz vor. Ihr seid jetzt seit einer ganzen Weile zusammen und ich erwarte doch auch gar nicht, dass ihr andauernd etwas mit mir unternehmen wollt." „Tun wir aber", beharrte sie und ich konnte nur lächelnd den Kopf schütteln.

Sie war wirklich eine tolle Freundin. „Ihr seid aber ein Paar und nicht ein Paar und Cora." Zoey rümpfte die Nase und grinste mich breit an: „Doch, genau das sind wir jetzt." Ich schüttelte sanft den Kopf: „Jetzt geh schon und mach was mit ihm. Ich werde schon nicht dabei umkommen, wenn ich mal einen Nachmittag alleine bin."

Sie schob die Unterlippe und schmollte einige Sekunden lang, aber als ich nicht nachgab, ging sie. „Wir machen morgen einen Mädelstag, versprochen?", fragte sie, bevor sie dir Tür hinter sich schloss. Ich seufzte, stimmte aber zu. Mädelstag bedeutete in der Regel, dass es irgendwelche Neuigkeiten gab, die man mir unbedingt berichten musste. Obwohl ich in der Schule nach wie vor fast niemanden kannte, war ich immer auf dem neusten Stand, was den Klatsch betraf.

Kein Magazin könnte mit Zoey mithalten. Ich fragte mich selbst immer wieder, wie sie das anstellte. In den Pausen waren wir immer gemeinsam unterwegs und auch im Unterricht hatte sie eigentlich keine Möglichkeit, sich über diese ganzen Sachen zu informieren. Trotz ihrer guten Noten, hatte sie offenbar doch eine innere Tusse, die sich vor allem in solchen Dingen äußerte.

Aber die hatte wohl jeder, sogar ich, auch wenn es mich davor grauste. Es war schon gegen Abend, als ich in die Küche schlich und mir etwas zu Essen holte. Tanner und Sarah wurden nur ungerne beim Arbeiten gestört, deshalb verhielt ich mich auch immer ruhig. Sie waren schließlich meine Gasteltern und ich wollte sie nicht verärgern. Ich machte mir einen Bagel, weil ich davon ausgehen konnte, dass ich heute ansonsten nichts mehr zu essen bekommen würde.

Zoey aß aller Wahrscheinlichkeit nach mit Cale und ihre Eltern rechneten vermutlich nicht mal damit, dass ich daheim war. „Seid ihr schon wieder zurück?" Erschrocken fuhr ich zusammen, als Tanner mich so plötzlich ansprach. „Nein, aber ich bin gar nicht weggegangen", gab ich zu. Er wusste zwar, dass Zoey mit Cale zusammen war, aber er hatte ihn bisher nicht kennengelernt.

Zoey hatte auch nicht wirklich Lust dazu, ihn ihm vorzustellen. Man konnte es ihr nicht übel nehmen, nachdem was er an meinem ersten Tag über Kyle gesagt hatte. Dabei hatte ich bei Cale allerdings weniger Sorgen. Im Grunde war er Kyle zwar gar nicht so unähnlich, aber die Randbedingungen schienen wesentlich angenehmer. Wenn ich meinen Eltern jemals einen Jungen vorstellen würde, hätten sie mit Sicherheit kein Mitspracherecht, ob ich die Beziehung weiterführen würde oder nicht.

Aber ich glaube Zoey war inzwischen so weit, dass sie sich ebenfalls durchsetzen konnte. Da könnte ihr Vater noch so sehr gegen Cale sein, er würde sie nicht mehr auseinanderbekommen. Ich persönlich fand die beiden einfach nur süß zusammen. Sie grinsten immer so verliebt, wenn sie sich ansahen. Es war schon fast unerträglich. „Sag mal, Cora, dieser Cale..." Er musste seinen Satz gar nicht zu Ende bringen, da hatte ich schon das Bedürfnis ihn verteidigen zu müssen.

„Ist ein ganz toller Typ. Er macht Zoey wirklich glücklich." Ich suchte in seinem Gesicht nach einem Anzeichen dafür, dass er ihre Beziehung nicht befürwortete, doch er lächelte nur. „Gut zu wissen, dass meine Tochter bei ihm in sicheren Händen ist." Ich nickte zustimmend: „Das ist sie. Ich bin überzeugt davon, dass du und Sarah ihn mögen werdet."

Er war ein Traum von einem potenziellen Schwiegersohn, alle Väter wären froh, wenn ihre Töchter ihn mit nach Hause bringen würden. „Ich glaube, Zoey möchte gar nicht, dass wir ihn kennenlernen." Innerlich verdrehte ich die Augen. Warum bloß wollte sie das nicht? Trotzdem tat er mir in gewisser Weise leid, er wollte schließlich auch nur das Beste für seine Tochter.

Aufmunternd lächelte ich ihn an. Wenn es um die Erziehung seiner Kinder ging, sollte er vielleicht jemanden fragen, der schon mehr Erfahrung damit hatte. Trotzdem wollte ich ihm einen guten Rat geben. „Sie wird ihn euch schon noch vorstellen, da würde ich mir keine Sorgen machen."

Bevor das Gespräch noch weitergehen konnte, nahm ich meinen Bagel, der inzwischen fertig war und flüchtete nach oben in mein Zimmer. In Zukunft würde ich solchen Gesprächen noch besser aus dem Weg gehen müssen.

My heart is on vacationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt