2.Kapitel

365 29 8
                                    


"Man kann vieles unbewusst wissen, indem man es nur fühlt aber nicht weiß."

- Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Man kann hier nicht rein. Es ist unmöglich.

All die Hoffnung, die ich mir gemacht hatte, war verschwunden. Obwohl ich keine Ahnung hatte, wie lange ich schon nach einem Weg hier raus suchte, fühlte es sich wie Tage an. Ich seufzte verzweifelt und schloss die Augen.

Mach dir nichts vor. Du hast schon ein Dutzend Mal nachgesehen.

Es gab keine Tür. Oder irgendeine andere Möglichkeit den Raum zu verlassen. Wahrscheinlich hatte ich mir meine Übelkeit nur eingebildet. Ich hatte mich nie übergeben.

Doch, dachte ich, ich weiß es ganz genau. Es ist keine Einbildung gewesen. Hier war jemand drinnen.

Aber ich hatte keine Ahnung, wie dieser Jemand in das Zimmer gekommen ist. Die ganze Situation machte mich verrückt. Ich wollte endlich wissen, wieso ich hier war. Ob es überhaupt einen Grund gab.

Außerdem war es mir auch rätselhaft, wie es sein konnte, dass es mir von Tag zu Tag körperlich besser ging. Klar, psychisch wurde es jeden Tag beschissener. Ich wurde wahnsinniger und wahnsinniger und ich wusste es, aber ich hatte nie Durst oder Hunger. Eigentlich müsste es mir schon richtig schlecht gehen, ja, vielleicht müsste ich sogar schon tot sein. Doch jeden Morgen, wenn ich die Augen öffnete, ging es mir besser. Das war doch nicht normal. Es war unmöglich.

﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏﹏

2 Tage später

Die Frauenstimme aus dem Lautsprecher sagte nie viel. Manchmal zwitscherte sie mit ihrer nervigen Stimme nur "Guten Morgen" und sagte dann nichts mehr, bis sie mich am nächsten Tag wieder weckte. Vermutlich, damit ich nicht die ganze Zeit schlafe, was ich sicher getan hätte, denn es war unerträglich langweilig hier drinnen. Alles, womit ich mich beschäftigen konnte, waren meine Haare. Die roten Strähnen waren das einzig farbige in diesem faden, leeren, weißen Raum. Da sie so lang waren, konnte ich sie flechten oder ich spielte einfach nur an meinen Haaren herum. Manchmal zupfte ich auch an meiner Kleidung herum, doch ich hatte nur ein graues Kleid an und das war mir auch zu fad.

Ich brauchte Beschäftigung. Meistens lief ich einfach im Kreis, bis mir klar wurde, wie sinnlos das ist und dann brach ich meistens in Tränen aus, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte. Es war alles sinnlos, was ich hier drinnen machte. Die Zeit verging viel zu langsam und mit jedem Tag wurde ich verzweifelter.

Doch am schlimmsten war, dass ich mich nicht erinnern konnte. Es zerstörte mich, dass ich nichts, wirklich NICHTS wusste.

Aber das sollte sich ändern.

Stolen LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt