3.Kapitel

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In dieser Nacht konnte ich kaum schlafen.

Immer wieder schreckte ich schweißgebadet hoch. Der kalte, harte Boden machte mir schmerzhaft meine ausweglose Situation bewusst. Egal wie viel Albträume ich in dieser Nacht hatte, jedes mal, wenn ich aufwachte, musste ich feststellen, dass die Realität nicht viel besser war. Irgendwann beschloss ich, einfach wach zu bleiben und an die Decke zu starren.

Plötzlich wurde es gleißend hell im Raum, so dass ich meine Augen fest zukneifen musste. Und dann hörte ich eine Stimme.

"Nummer 8 ist am Leben. Keine Betäubung notwendig, schläft. Hat fast bestanden, werde ihr jetzt die letzte Dosis geben.", flüsterte eine Frau, vermutlich dieselbe, die auch durch den Lautsprecher gesprochen hatte, in eine Art Funkgerät.

Bestanden? WAS habe ich fast bestanden? Und WAS gibt sie mir?

Am liebsten hätte ich die Augen aufgerissen und die Frau gefragt, was hier vor sich ging. Doch dann hätte sie mich wahrscheinlich doch betäubt und ich wollte unbedingt wissen, wie sie hier reingekommen ist. Also blieb ich einfach ruhig liegen und stellte mich schlafend.

Ich hörte, wie sie auf mich zukam. Dann nahm sie sanft meinen Arm und ich spürte das Pieksen einer spitzen Nadel, die mir etwas in die Adern spritzte. Nun legte die Frau meinen Arm wieder langsam auf den Boden und marschierte in die Mitte des Zimmers. Ich öffnete meine Augen ein wenig und sah ihr gespannt nach. Doch in der Mitte dieses würfelartigen Raums drehte sie sich zu mir um und blieb einfach stehen, als würde sie auf irgendetwas warten. Zuerst dachte ich, sie hatte gemerkt, dass ich gar nicht schlief, aber die Frau sah nicht mich an, sondern ihr Handgelenk, an dem vermutlich eine Uhr war, und so öffnete ich die Augen ein bisschen weiter. Jetzt erst konnte ich die Lautsprecher-Dame richtig sehen. Sie war blond, hatte riesige blaue Augen und trug einen weißen Laborkittel. Ich schätzte sie um die 30 Jahre alt. Außerdem hielt sie ein Klemmbrett in der Hand, das so gedreht war, dass ich lesen konnte, was darauf stand:

Nr.1: A; w; bestanden; aggressiv

Nr.2: S; m; bestanden; harmlos

Nr.3: C; w; bestanden; sehr aggressiv, besonders seit E

Nr.4: ---

Nr.5: M; w; bestanden; ängstlich

Nr.6: O; m; bestanden; aggressiv

Nr.7: J; m; bestanden, jedoch Nebenwirkungen; nicht aggressiv, aber auch nicht harmlos

Nr.8: F; w; noch nicht bestanden; noch nicht eindeutig

Ich konnte gerade noch das letzte Wort lesen, als die Blondine einen Knopf auf ihrer Uhr betätigte und es wieder so unerträglich hell wurde. Trotz dem extrem blendenden Licht, welches anscheinend von ihrer Uhr ausging, zwang ich mich, die Augen nicht zu schließen. Also sah ich die Frau einfach an, auch wenn ich sie wegen der Helligkeit fast nicht sehen konnte.

Sie bewegte sich nicht, keinen Millimeter, und trotzdem war sie auf einmal verschwunden. Das Licht folgte ihrem Beispiel ein paar Sekunden später.

Ich blinzelte. Zum einen wegen der schwarzen Punkte in meinem Blickfeld die das Licht verursacht hatte und zum anderen vor Verwunderung. Wie war das möglich?

Langsam fing ich an zu glauben, dass umso mehr ich wusste, umso mehr Fragen tauchten auf und umso weniger wusste ich letztendlich.

Also war es wohl besser, wenn ich mich erst mal mit dem beschäftigte, was ich möglicherweise wusste. Die Sache war allerdings die: Ich wusste ja, dass ich nichts wusste.
Oh Gott, das klang so richtig erbärmlich...

Das Klemmbrett, fiel es mir plötzlich ein. Da stand doch 'Nr.8'. Bin ich nicht Nummer 8? Was stand da noch... 'noch nicht bestanden'...ja, aber was soll das bedeuten? Ist das alles etwa nur ein Test?

Schon wieder nur Fragen. Das machte mich wirklich wahnsinnig.

Ich stand auf und ging exakt dorthin, wo die Blondine vorher gestanden hatte, als sie sich in Luft auflöste. Nichts passierte. Natürlich nicht.

Ich wollte einfach schreien, weinen und mit meinen Fäusten gegen die Wände trommeln. Doch ich war einfach schon zu lange hier und ich wusste, dass das nichts bringen würde.

Ich schlurfte deprimiert zurück zu meiner Schlaf-Ecke und setzte mich auf den Boden.

So saß ich eine Ewigkeit da. Ich rührte mich nicht und starrte auf den Boden.

Weiß. Dieses schreckliche weiß. Ich schwöre, ich werde diese Farbe für den Rest meines Lebens hassen.

Plötzlich wurde das Weiß heller und heller und ich schaute auf.

Und sah die Frau. Sie lächelte mich an.

Ich runzelte verwirrt die Stirn.

Was ging hier vor sich?

"Hallo,", sagte die hohe, sanfte Stimme der Blondine, "ich wette, du willst hier raus, oder?"

Stolen LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt