9.Kapitel

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Lachen.

Sie hat so ein schönes Lachen.
"Mum?"
"Ja, mein Schatz?"
"Wieso tun sie den Tieren sowas an?"

Ihr Lachen verschwindet.

"Sie sind böse Menschen. Du darfst ihnen nicht vertrauen. Hörst du?"
"Ja, Mummy. Ich versprech es."
"Braves Mädchen. Und jetzt wach auf."

Stirnrunzelnd sitzt das kleine Mädchen auf der Bettkante und sieht seine Mutter fragend an.

"WACH AUF!", schreit die hübsche Frau plötzlich hysterisch.
"SIE KOMMEN!
WACH AUF, FINJA!"

Ich fuhr schweißgebadet aus meinem Traum hoch, als jemand die Tür öffnete.
Verwirrt blickte ich dem breiten Grinsen von Dr. Lewis entgegen. "Guten Morgen, Nummer 8. Ich wollte dich nur informieren, dass das Training in 20 Minuten beginnt.
Ich werde dich dann abholen. Frühstück gibt es heute zum ersten Mal mit den Anderen im Gemeinschaftsraum." Sie zwinkerte mir noch zu, bevor sie den Raum wieder verließ.

Das Training. Ich hatte es fast vergessen.

Ich ging unter die Dusche, putzte mir die Zähne und zog mich an, während ich ständig versuchte, die Ereignisse von gestern zu verarbeiten.

Dann ging ich nach draußen, wo schon Nummer 1, Alexa, stand. Von Dr. Lewis keine Spur.

Also ging ich auf die Brünette zu und rechnete mit einem wütenden Blick.

Doch sie lächelte mich an.

Nur ganz zögernd, doch es war eine ehrliche und gut gemeinte Geste. Nicht so ein falsches Grinsen, welches Dr. Lewis immer aufsetzte.

Ich versuchte so freundlich und aufmunternd wie möglich zu wirken, aber ich fürchtete, dass es mir nicht recht gut gelang, denn ihre besorgte Miene veränderte sich nicht.
"Alles okay bei dir?", fragte ich vorsichtig.
"Wenn man mal davon absieht, dass wir die Welt retten müssen und ich keinen Schimmer habe, wie wir das schaffen sollen und wir wahrscheinlich alle sterben werden..." Sie schnaubte. "Dann eigentlich schon, ja."

"Warte... die Welt?
Wir sollen die Menschheit retten,
die Erde ist ja nicht in Gefahr..."

Sie unterbrach mich.

"Oh, doch! Ich glaub der blonden Wissenschafts-Tussi kein Wort. Sie redet nur alles schön und verheimlicht uns die Realität.

Diese Mutanten sind nicht nur für uns Menschen eine Gefahr, sondern auch für alle Tiere. Die Killermaschinen halten da oben doch keinen Tag aus, ohne was zu fressen.
Aber sie werden nicht nur alle Tiere ausrotten.

Denk doch mal nach, Finja.
Auch Monster müssen mal.

Ich hab Dr. Blondie belauscht und sie sprach von 'schädlichem Kot' oder sowas.
Die Mutanten scheiden extrem giftige und radioaktive Stoffe aus, wodurch alle Pflanzen sterben und die Umwelt zerstört wird. Wenn wir sie nicht stoppen, gibt es da draußen bis auf diese Monster bald kein Leben mehr.

Menschen sind mir egal.
Versteh mich nicht falsch, aber wir haben schon genug angerichtet. Auch diese Killermaschinen sind unser Werk.
Die Menschheit hat schon mehr erreicht, als sie sollte.
Vielleicht ist es richtig so, wenn das unser Ende ist.

Jedoch die Erde... ist viel zu wertvoll um aufgegeben zu werden. Viel zu schön.
Ich kann mich zwar an fast nichts erinnern, aber eins weiß ich:

Diese Welt ist es wert, gerettet zu werden."

Plötzlich ertönte hinter uns eine mir sehr bekannte, hohe Stimme.

"Nummer 1 und Nummer 8, das Training beginnt in wenigen Minuten. Wenn ich euch also auffordern dürfte, mir..."

Dr. Lewis verstummte, als ihre Kitteltasche merkwürdige Piep-Geräusche von sich gab. Sie wühlte darin, bis sie ein Funkgerät mit Display hervorholte. Dann starrte sie gespannt auf den Bildschirm, hob einen Finger und verkündete uns:
"Einen Moment bitte."

Sie wandte sich von uns ab, verließ allerdings nicht den Gang.
Alexa und ich warfen uns neugierige Blicke zu und versuchten zu verstehen, worüber und mit wem 'Dr. Blondie' sprach.

"Ja? Hi, Niklas. Nein... glaub nicht... Haben jetzt Training... Bin schon unterwegs... ja, ich beeile mich... bis gleich."

Mehr konnten wir nicht aufschnappen. Dr. Lewis kam auf uns zu und schilderte uns den Weg zum Trainingssaal, dann entschuldigte sie sich, ein heller Strahl erschien und sie verschwand.

"Diese Telepathie ist echt seltsam.", bemerkte ich kopfschüttelnd.
"Wem sagst du das.", entgegnete Alexa.

Wir gingen in den linken Korridor und marschierten auf die Tür gegenüber dem Gemeinschaftsraum zu, wie Dr. Lewis es uns beschrieben hatte. Alexa drückte die Klinke runter und trat ein, ich folgte ihr.

Der Saal war riesig. Mit einer Höhe von mindestens 15 Metern war er der höchste Raum, den ich je gesehen hatte. An fast jeder Wand hingen Waffen. Von alten Schwertern bis zu modernen Maschinengewehren gab es alles. Eine Mauer diente als Kletterwand, an einer anderen waren Zielscheiben befestigt.
"Wow", sagte Alexa beeindruckt, "endlich mal ein Raum der nicht weiß ist."
Ich musste lachen.
Sie hatte recht, der Trainingssaal war toll, und nicht nur, weil er größtenteils grau und nicht weiß gestrichen war.

Die anderen Teenager warteten in der Mitte des Saals bereits auf uns.
Sie standen um eine kleine, aber muskulöse Frau mit schwarzen Canerow-Haaren, die offenbar unsere Trainerin war.

"Hi, ich bin Samantha. Nennt mich ruhig Sam. Na kommt, stellt euch in den Kreis." Wir gehorchten ihr und sie fuhr fort:

"Also, das wichtigste für den Anfang: Widmet eure Aufmerksamkeit mir und nicht den Waffen, denn die werdet ihr noch oft genug brauchen und verwenden."

Oliver, Nummer 6, schien ihre Rede nicht zu interessieren, denn er starrte gerade die Dolche an der Wand an.

Samantha marschierte zu ihm und packte ihn am Arm.

"Hey! Tu lieber was ich dir sage, denn da draußen wirst du nicht lange überleben, wenn du hier nicht mitmachst, und dein Leben ist leider verdammt wichtig!"
Obwohl Sam viel kleiner war als er, strahlte sie Autorität aus und wirkte sehr einschüchternd.

Oliver murmelte "Tschuldigung" und sah zu Boden.
Die Trainerin funkelte ihn noch böse an, dann ließ sie ihn los und ging wieder zurück in die Mitte des Kreises, den wir bildeten.

"Ich möchte, dass ihr das hier ernst nehmt. Es ist eure einzige Chance, die Mutanten zu vernichten."

Sie schaute streng in die Runde.
Ihr Blick wanderte von einem Gesicht zum anderen und blieb schließlich auf meinem ruhen.

"Du da. Nummer 8. Du bist als letzte aufgewacht, nicht wahr? Wird Zeit, dass du mal die Erste bist."





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