Kapitel 1

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Tess:

Boom, boom, boom. Der monotone Bass vibriert in meinem Magen, es ist eng und stickig auf der Tanzfläche, ein Kerl scheint mich von hinten antanzen zu wollen und der Alkohol entfaltet langsam seine Wirkung in meinem Körper. Mir wird schlecht und auf einmal bekomme ich Platzangst in dem überfüllten Club mitten in New York. Ich muss hier raus. Sofort. Ohne Rücksicht auf die tanzenden Menschen ergreife ich die Flucht. Kühle Luft schlägt mir entgegen, als ich ins Freie stolpere. Ich atme ein paarmal tief durch, um das Schwindelgefühl und die Übelkeit loszuwerden. Es ist das letzte Wochenende meiner Sommerferien und ich fliege morgen wieder zurück nach Deutschland, um mein Abitur zu schreiben. Mein Vater besteht darauf, dass ich den Abschluss mache, dabei arbeite ich doch schon längst in meinen Traumjob. Als Tochter eines einflussreichen Geschäftsmannes habe ich schon früh Kontakt zu den großen Modelabels gehabt und so bin ich mit 14 zu meinem ersten Fotoshooting gekommen. Drei Jahre später ist es normal für mich, jedes Wochenende von einem Shooting zum anderen um die Welt zu jetten und auf angesagte Partys zu gehen. 

"Hey!", ein Ruf holt mich aus meinen Gedanken. Verwirrt sehe ich mich um, kann aber niemanden entdecken. "Alles okay, Mädchen?", diese Stimme scheint aus dem Nichts zu kommen. "J-ja, schon. Wer ist da?", antworte ich in die Dunkelheit hinein. "Wieso klammerst du dich dann wie eine Ertrinkende an den Laternenpfosten?", eine Gestalt tritt in den Lichtkegel, als ich verlegen meine Hand von der Laterne löse. Sie ist etwa einen Kopf kleiner als ich und das erste, was mir auffällt sind die unzähligen Tattoos, die ihren Körper bedecken. Mit einem schiefen Lächeln und einem amüsierten Glitzern in den blauen Augen, fährt sie sich durch die kurzen schwarzen Haare. Mein Herz setzt für einen Moment aus, nur um dann in doppelter Geschwindigkeit weiterzuschlagen. Was geschieht hier nur mit mir? Sie macht noch einen Schritt auf mich zu und ist plötzlich so nah, dass ich ihren Atem an meinem Hals spüren kann. Fuck! Das darf doch nicht wahr sein, wieso reagiert mein Körper so heftig auf diese Frau? Sie scheint es auch zu bemerken und ihr Lächeln wird zu einem breiten Grinsen. "Ich bin Kay.", sagt sie und streckt mir ihre Hand hin. Ich ergreife sie und murmele:"Tess." Ihre Hand ist weich und warm. Ich möchte sie am liebsten nie wieder loslassen. Mein Blick wandert zu Kays vollen Lippen und auf einmal habe ich das Verlangen, sie zu küssen. Wir halten uns noch immer an den Händen, als ich sie näher zu mir ziehe. Ermutigt vom Alkohol überbrücke ich die letzten Zentimeter und lege meine Lippen ganz sanft auf ihre. Sie erwidert den Kuss sofort und legt ihre Hände um meinen Nacken, um mich noch näher zu sich zu ziehen. Ich stöhne auf, als sie ihre Zunge in meinen Mund schiebt und mit meiner zu kämpfen beginnt. Mein Atem geht flach und schnell und meine Hände wandern ihre Seite entlang bis zu ihrem Hintern. Dort lasse ich meine Finger Kreise zeichnen, sodass auch sie beginnt in den Kuss zu stöhnen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Noch nie habe ich einen derart intensiven Kuss erlebt. Ich bin traurig, als sie sich atemlos von mir löst. Ich blicke in ihre Augen und sehe, dass die Pupillen vor Lust geweitet sind. "Lass uns abhauen von hier.", murmelt sie mit einer heiseren Stimme, die meine Beine zu Wackelpudding werden lässt. Ihr Gesicht ist immer noch nah bei meinem und ihr Atem kitzelt auf meiner Haut. Nur langsam realisiere ich, was sie gerade gesagt hat. Sie will abhauen mit mir. Ich kann das nicht, ich hatte noch nie Sex in meinem Leben. Ich will mir das aufsparen für den einen, richtigen Menschen. Sie beginnt meinen Hals mit ihrer Zunge zu liebkosen und ich werde schwach. Ein wohliges Seufzen entgleitet meiner Kehle. Es kostet mich verdammt viel Kraft, sie von mir zu schieben und den Kopf zu schütteln. "Es tut mir leid, Kay. Ich kann das nicht - nicht so.", sage ich. Hätte sie jetzt weiter meinen Hals geküsst, wäre ich vermutlich doch mitgekommen. Aber sie respektiert meine Entscheidung, denn sie zuckt nur mit den Schultern und drückt mir einen letzten Kuss auf den Mund, bevor sie sich eine Zigarette aus der Lederjacke holt und meint: "Du lässt dir da ganz schön was entgehen, Süße." Sie dreht sich um und zündet sich ihre Kippe an. Ich beobachte sie, wie sie geht und bereue es, nicht mitgegangen zu sein. Ich habe meine Chance verpasst. 


Hold on to me (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt