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Die Fahrt dauerte etwa 15 Minuten und als ich ausstieg staunte ich nicht schlecht. Das kleine Cafe lag direkt am Rheinufer. Im Frühling ist hier sicher eine Menge los. Es war einfach eine traumhafte Umgebung. Alles konnte ich leider nicht sehen, da es gerade erst anfing hell zu werden!

"Es ist toll hier." sagte ich zu Tom, der schweigend neben mir stand.

"Ich komm immer gern im Winter hier her, da ist wenig los und ich finde hier den Ausgleich zu meiner Arbeit."

Ich lächelte ihn an und sagte:
"Danke nun weiß ich wo ich hin geh, wenn ich Ruhe und Erholung brauch."
"Komm wir gehen rein."
Das taten wir dann auch. Drinnen war es wunderschön warm und es roch nach frischen Kaffee, ich meine wirklich frischen Kaffee, keinen Pad Maschinen Kaffee oder so. Ich schaute Tom an und sagte:

"Obwohl ich den Kaffee noch nicht probiert habe, weiß ich das er besser schmeckt als im Kiosk, die Wette hast du gewonnen."

"Ich wusste nicht das es eine Wette war, was war der Einsatz?" sagte er lachend.
"Keine Ahnung, überleg dir was." grinste ich zurück
"Das werde ich." Wir wurden unterbrochen, eine junge Kellnerin kam auf uns zu und brachte uns zu einem kleinen Tisch. Tom bestellte zwei Kaffee und die Dame brachte uns den Kaffee und die Frühstückskarte, wenige Minuten später.

Schweigend lasen wir die Karten durch. Ich hatte eigentlich keinen Hunger, da mein Bauch voll war mit Schmetterlingen.
"Was möchtest du essen?" fragte Tom
"Lieber nichts, ich habe vorhin im Kiosk schon was gegessen." Das war natürlich nicht wahr, aber ich konnte ja schlecht sagen das ich wegen ihm Schmetterlinge im Bauch hatte.

"Wirklich nicht? Es schmeckt gut hier."
"Nein danke."
"Ok, ich esse auch nur eine Kleinigkeit."

Er bestellte sich sein Frühstück und während wir warteten fragte ich ihn.

"Sag mal dein Akzent, kommst du auch aus Tschechien? "
"Ja komm ich, aus einem kleinen Dorf etwas nördlich von Prag."
"Echt? Ich komm auch aus der Gegend!"
"Wirklich, erstaunlich wie klein die Welt ist."
"Ja, wie lang lebst du schon hier?" fragte ich
"15 Jahre, ich kam Ende der 90iger mit meinen Eltern hier her und du?"
Ich schwieg, ich spürte den Kloß in meinem Hals. Tom schien zu merken das etwas nicht in Ordnung war und hakte nach:
"Marie du musst nicht darüber reden, ich weiß das dich etwas bedrückt."
"Woher...?" fing ich an, aber er ließ mich nicht ausreden.
"Man sieht es an deinen traurigen Augen, heute im Auto auf der Fahrt hier her, habe ich deine Augen zum ersten Mal leuchten gesehen und das gefällt mir im übrigen viel besser. Also lass uns einfach über was anderes reden."

Ich war froh das die Kellnerin uns in diesem Moment unterbrach, ich brauchte kurz Zeit zum nachdenken. Ich wollte eigentlich etwas über meine Heimat erfahren, aber auf der anderen Seite auch nicht. Genau dieser Zwiespalt war seit Jahren in mir. Und ich musste ihn lösen. Aber ich stand mir dabei einfach selber im Weg.

"Ich weiß nicht ob ich jemals darüber reden kann Tom, aber ich würde gern einiges erfahren über meine Heimat. Ich lebe seit fast 20 Jahren hier in Deutschland und ich liebe dieses Land, aber wie die richtige Heimat fühlt es sich einfach nicht an."

"Ich verstehe, warum fährst du nicht einfach mal hin?"
"NEIN!" schrie ich schon fast. Die Kellnerin schaute schon und Tom sagte:

"Ok das geht also auch nicht?"
"Nein." sagte ich etwas leiser.
"Dann hab ich eine andere Idee. Was hältst du davon, wenn wir die Tage mal bei meinen Eltern vorbei schauen, die haben viele Fotos."
"Ich weiß nicht, ich kenne deine Eltern doch nicht und solche Fotos sind doch eher privat Sache?"
"Ach meine Eltern sind sehr gastfreundlich und ich glaube nicht das sie was zu verbergen haben." lachte er
"Ok." sagte ich. Ich war gespannt seine Eltern kennen zulernen.
Er erzählte mir noch von dem Dorf in dem er gelebt hatte und wie es als Kind dort war. Er liebte seine Heimat das merkte man.
"Fährst du eigentlich manchmal noch dahin?" musste ich dann doch fragen.
"Ja eigentlich immer mal wieder. Meine Großeltern leben noch da und sie freuen sich immer über einen Besuch."
Als er das sagte schaute er mir tief in die Augen. Ich spürte vorauf er hinaus wollte. Aber das konnte ich nicht, oder noch nicht....

Als wir aus dem Kaffee traten, blies uns der kalte Wind um die Nase. Ich fröstelte etwas. Tom merkte es sofort.
"Eigentlich wollte ich dich fragen, ob wir noch ein kleines Stück am Rhein spazieren gehen, aber dir scheint kalt zu sein."

"Ja mir ist kalt, aber mir ist immer kalt!" lachte ich "Aber wir können trotzdem ein kleines Stück laufen."

"Ok." sagte er und lief die Stufen runter. Er wartete unten auf mich, lächelte mich an und nahm einfach meine Hand. Ich musste erstmal schlucken und tief einatmen. Ich war scheinbar wirklich verknallt.

Eine Weile liefen wir schweigend, was nicht schlimm war. Es war kein bedrückendes Schweigen, es war wirklich angenehm. Er erzählte mir wenig später, wie er zur Polizei kam und was für kuriose Einsätze er hatte. Da waren schon einige komischen Sachen dabei.
"Komm wir gehen zurück zum Auto, ich fahr dich nach Hause, du frierst ja mittlerweile richtig."
"Ich merke es kaum." sagte ich, aber das war gelogen, ich fror wirklich richtig, aber ich wollte nicht nach Hause. Ich wollte bei ihm bleiben.
"Mag sein, aber du musst ins Warme und auch ins Bett. Ich im übrigen auch. Bist du heute Nacht wieder im Kiosk?"
"Ja und dann hoffe ich das ich morgen mal frei habe, denn es ist dann heute die 12 Nachtschicht in Folge."

"Nicht dein Ernst oder?" sagte er
"Doch."
"Du musst wirklich da weg, ich hör mich mal um, ob nicht jemand einen Job für dich hat."
"Nur wenn es keine Umstände macht."
Er schaute mich an und lächelte.
"Nein ganz sicher nicht."

Als wir an meiner Wohnung ankamen, stieg er aus dem Wagen und öffnete die Beifahrertür.
"Ein wahrer Gentleman." grinste ich
"Manchmal." grinste auch er.
"Ok sehen wir uns heute Nacht?"
"Wenn es nicht so stressig wird wie gestern bestimmt, ich melde mich auf jeden Fall und danke für den tollen Morgen."
"Ich hab zu danken." sagte ich, stellte mich auf meine Zehenspitzen und küsste seine Wange.
Er hielt meine Hüfte und zog mich etwas näher an sich ran. Diese menschliche Wärme und Nähe hatte ich lange nicht mehr gespürt. Es war wunderschön. Ich lächelte ihn noch mal an und löste mich von ihm.
"Bis später." sagte ich.
Er lächelte und winkte bevor er ins Auto stieg.
Diesen Morgen fiel ich wirklich erschöpft aber glücklich ins Bett.....


Mein Leben in KölnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt