Kapitel 9

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Kensis Sicht:

Ich sitze im Klassenzimmer und bin unkonzentriert. Freitags in den letzten beiden Stunden französisch ist der Konzentration ja sowieso schon nicht undbedingt zuträglich und wenn man zusätzlich auch noch ununterbrochen an einen Typ denken muss... Mit meiner Banknachbarin kann ich mich leider auch nicht beschäftigen, weil ich neben Charlotte Connor, unseren absoluten Klassenstreberin sitze. Charlotte kann eigentlich keiner leiden. Sie schreibt fast nur Einser, ist zickig und schleimt sich bei den Lehrern ein. Dass ich überhaupt neben ihr sitze, verdanke ich einem blöden Zufall: Am ersten Schultag ist mein Zug ausgefallen, was ich aber leider erst am Bahnhof gemerkt habe, also konnte mich mein Dad  nicht fahren und dann bin ich zu spät gekommen und musste mich neben Charlotte setzen, weil neben der sonst niemand sitzen will. Meine Gedanken schweifen wieder zu Deeks ab... Also süß ist er ja schon irgendwie, mit seiner Kopfkissenfrisur und seinen großen blauen Augen und seinem kleinen Grinsen... Ich muss lächeln. In diesem Moment reißt mich Mrs. Sings Stimme aus meinem Tagtraum über Deeks: „Kensi, wenn du bitte die nächste Aufgabe machen würdest..." Ich schaue auf und mir fällt auf, dass ich keine Ahnung habe, wo wir sind. „Pardon", murmele ich und, dann auf englisch weil ich keine Lust habe mir Gedanken darüber zu machen wie das auf französisch heißt: „Ich habe gerade nicht aufgepasst. Wo sind wir?" Mrs. Sing seufzt: „Kensi, Kensi, was soll ich nur mit dir machen? Du bist doch nicht blöd, du kannst das doch, warum machst du nicht ein bisschen mehr mit, dann würdest du nur Einser schreiben! Erklär's mir bitte." Ich überlege einen Moment dann erkläre ich träge: „Es ist Freitag letzte Stunde, da kann sich doch keiner mehr konzentrieren." Mrs. Sing denkt einen Moment lang nach, dann erklärt sie überraschenderweise: „Das verstehe ich. Also wir haben sowieso nur noch zwanzig Minuten, also raus mit euch" Ich schüttele verwirrt den Kopf als Ralph hinter mir einen Jubelschrei ausstößt und mir auf die Schulter haut: „Du hast sie doch ernsthaft überzeugt uns früher raus zulassen! Super gemacht, Kens!" Langsam stiehlt sich ein fettes Grinsen auf mein Gesicht und ich packe meine Sachen zusammen. Ich bin schon fast vom Schulgelände runter, als sich etwas in meinem Hinterkopf regt: ‚ Wenn du nach Schulschluss zum Footballfeld kommst, erklär ichs dir!', höre ich Deeks Stimme in meinem Kopf, also drehe ich um und gehe langsam in Richtung Footballfeld. Als ich da bin, ist von den zwanzig Minuten, die ich früher aus dem Klassenzimmer gekommen bin nicht mehr viel übrig, deshalb muss ich nur knappe fünf Minuten warten, bis Deeks angerannt. „Hey", sagt er schüchtern und leicht außer Atem. „Hi", sage ich und spüre wie ich knallrot werde. Er lächelt vorsichtig und setzt sich neben mich, sehr nah neben mich. „Was... Äh... Was wolltest du mir erzählen?", frage ich mit etwas wackeliger Stimme. „Warum...", er räuspert sich, dann redet er weiter: „Warum wir ein Sozialfall sind, meine Schwester und ich und warum wir bei Eric wohnen" „Achso klar", mein Kopf fühlt sich irgendwie schwammig an und irgendwie habe ich das Gefühl, dass alles, was ich sage total bescheuert ist, trotzdem frage ich: „Und... und warum?" „Achso ja, sorry. Hab grade an was anderes gedacht", murmelt er, dann senkt er seinen Blick und fängt leise an zu erzählen: „Also wir sind ja vor vier Wochen erst hergezogen. Wegen der Arbeit von meinem Dad. Vorher haben wir in Florida gewohnt, in Miami, aber dann hat er ein Angebot gekriegt, für einen Außenposten zu arbeiten, in L.A. Die haben ihm gesagt, da kriegt er mehr Geld und den Umzug und die Wohnung würden sie ihm auch bezahlen, also haben wir beschlossen, dass wir umziehen. Naja eigentlich hat mein Dad beschlossen, dass wir umziehen. Millie und Mom und ich waren dagegen, aber Dad hat nicht auf uns gehört und da haben meine Eltern angefangen sich ständig zu streiten. Mein Dad war schon immer leicht reizbar und wurde schnell wütend, aber als er dann angefangen hat, sich ständig mit Mom zu streiten wurde es richtig schlimm. Da war er mehrmals kurz davor mir und Millie eine runterzuhauen. Und dann war es hier ganz anders als er sich das vorgestellt hatte. Die Wohnung war hässlich, das Geld hat er nicht bekommen und da hat er eben angefangen abends ein Gläschen Whiskey zu trinken. Und dann noch eins, und noch eins. Da gings ihm dann eine zeitlang, so zwei Stunden lang, besser und dann ist er so aggressiv wie noch nie geworden und das jeden Abend. Irgendwann hat er dann angefangen Mom zu schlagen. Meine Mutter hat das wirklich fertig gemacht und dann ist sie auch wegen jeder Kleinigkeit ausgeflippt, das hast du ja neulich mitbekommen. Ich glaube, dass sie an dem Tag, an dem wir abgehauen sind, also ich glaube dass sie da auch weg ist und jetzt bei irgend so einer Freundin von ihr in San Diego ist. Und jetzt weißt du, warum ich ein Sozialfall bin.", damit beendet Deeks seine Erzählung. Ich schlucke schwer und sage leise: „Das ist ja so furchtbar" Ich bin irgendwie total fertig und deshalb habe ich irgendwie ein schlechtes Gewissen, ich meine, er hat das alles wirklich erlebt und mich macht es schon fertig, wenn er nur davon erzählt. Ganz vorsichtig lege ich meine Hand auf seine. „Das tut mir so leid", flüstere ich. Deeks schaut mich an und – grinst. „Naja so schlimm ist es auch wieder nicht, aber wenn du deshalb mit mir Händchen hältst, dass von mir aus schlimm und traurig." Jetzt erst wird mir wirklich klar was wir da machen und ich lasse schnell seine Hand los und rutsche ein Stück weg von ihm. Mir ist das Ganze furchtbar peinlich, aber zum Glück werde ich in diesem Moment von meinem klingelnden Handy erlöst. Als ich sehe wer es ist, stöhne ich genervt auf: Dad. Ich werfe einen Blick auf meine Handyuhr und erschrecke. Es ist schon nach halb zwei da sollte ich eigentlich schon zuhause sein. Ich gehe dran. „Hi Dad", sage ich leise. „Darf man fragen, warum du noch nicht zuhause bist?", Dad klingt ziemlich wütend. „Tut mir leid, wir hatten heute ein Cheerleading-Notfalltreffen weil Mrs. Abernathy irgendwas sagen wollte, aber sie ist nicht aufgetaucht und wir haben bis gerade eben gewartet. Ich geh jetzt gleich los." „Ist gut. Wenn es ums Cheerleading geht, ist es ja okay. Ich hab mich nur gefragt, wo du bleibst.", er klingt besänftigt und in mir kocht das schlechte Gewissen hoch, weil ich ihn angelogen habe. „Ich...ich muss dann mal los", sage ich zu Deeks und spüre wie ich schon wieder knallrot werde. „Okay, bis morgen", murmelt er.


NCIS: L.A. - HighschoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt