Kapitel 14

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Es war genauso grau und regnerisch, wie an dem Tag, an dem sich alles änderte. Leise zog ich mir meine Schnürstiefel an, zog mir schnell meine Auge über die Schultern, bis ich mich davon schlich und die Eingangstür so unauffällig wie möglich hinter mir schloss. Erleichtert lehnte ich mich im Flur gegen die Steinwand und atmete kurz aus. Schon gingen meine Beine weiter, sie steuerten auf die große Eingangstür im Haus zu. Und schon stand ich draußen in der großen, weiten Welt. Es war kalt. Kühler Morgenwind von zwei Grad schlug mir ins Gesicht. "Brr.", nuschelte ich, als ich die Jacke näher an mein Körper drückte und selbstbewusst den Nachhause Weg antrat. 

Dieser Weg führte mich durch die Stadt, dort, wo ich Mason kennengelernt hatte. Dieser saß wirklich wieder am selben Platz wie damals. Mit einem schwachen Lächeln beobachtete ich ihn kurz, war froh, dass er mich nicht bemerkte, wie der Rest hier. Wieder ertönten die Töne von 'Im Ascheregen'. "Danke.", hauchte ich in den kalten Morgen, bevor ich langsam weiterging. Ich hätte nicht gedacht, dass die Geschäfte so früh öffneten. Sogar eine Pommesbude war auf. Weihnachtsbeleuchtung war aufgebaut. Überall schon Lichterketten und Weihnachtsmänner. Ich erinnerte mich gerne an mein erstes Weihnachten zurück. Oder allgemein an die, wo wir alle eine Familie waren. Noah war damals nämlich nicht so. Und meine Eltern haben ihn nicht bevorzugt. Sie waren alle für mich da und wir hatten uns lieb. Wenn ich wüsste, was passiert wäre, würde ich versuchen, dass alles wieder so sein könnte wie früher. Nur sagte mir keiner mehr etwas. Alle lebten sich auseinander. War dies das Erwachsensein? 

Nur noch wenige Meter, dann stand ich vor dem Haus, welches ich vor Monaten unter Tränen und Scherben, sowie Blut verlassen hatte. Das traurigste war, dass meine Eltern nicht nach mir gesucht haben. Kurz dachte ich an Noah, den ich im Wald gesehen hatte. Ich sollte aufhören in Wälder zu gehen. Meine Augen füllten sich ein wenig mit Tränen, als ich das alte, verwahrloste Haus vor mir sah, was ich einst mein Zuhause nannte. Schwarz-gelbes Band trennte mich von dem Haus. Es war still hier in der Siedlung. Spinnennetze besetzten unser Haus. Ich schluckte nervös, ging dann mit dem rechten Fuß voran. Vorsichtig stieg ich die Treppen hoch, als würden sie gleich zerfallen. Komischerweise brauchte ich keinen Schlüssel, denn das Haus stand offen. Als ich die Tür aufschob, spürte ich die eisige Kälte um mich herum. Etwas verwirrt ging ich in den schmalen Flur und schloss die alte Tür hinter mir. Entsetzt sah ich mich um, als ich den zerstörten Spiegel neben mir entdeckte. Blätter lagen auf den Boden, manche waren verbrannt, zerfielen zu Asche. Wenige Schritte weiter konnte ich in die Küche schauen, wo ich zerhakte Möbel, zerstörte Messer, altes Essen und Feuerreste vorfand. Ich traute mich gar nicht mehr in die anderen Räume zu gehen. Geschockt setzte ich mich auf den Boden, lehnte mich an die Kommode im Flur, sodass ich die Küche perfekt im Blick hatte. Mit leerem Blick schaute ich an die Wand in der Küche, wo mit rötlicher Farbe, ich hoffte zumindest, dass es Farbe war, 'Willkommen zurück' geschrieben stand. War das Noah? Auf einmal hatte ich panische Angst um meine Eltern.


Auf und davon {Casper Story} ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt