8. Kapitel - In der Weihnachtsbäckerei

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Fröhlich pfeifend werkelte ich in der Küche herum.
Es war ungefähr zehn Uhr, aber Mum schlief noch und ich hatte beschlossen, ein bisschen für die Weihnachtsstimmung zu sorgen.
Im Ofen waren zwei Bleche meiner Lieblingskekse und auf dem Herd stand ein Topf mit Kinderpunsch, in dem ich gerade rührte. Wäre meine Mutter schon wach, hätte sie jetzt bestimmt hoffnungvoll gefragt, ob wir ein wenig Vanille auf dem Herd erhitzen könnten. Es würde dann noch Wochen im ganzen Haus danach duften.
Das Problem war nur, dass ich zwar gegen naturbelassene Vanille absolut nichts einzuwenden hatte, aber künstlich verstärkten Geruch verabscheute. Dazu gehörten sowohl Parfüm als auch Duftkerzen als auch eben gegrillte Vanille. Und darum hatte ich bis jetzt immer entschieden abgelehnt.

Der Küchenwecker klingelte, um mich an die Kekse zu erinnern. Als ich den Ofen öffnete kam mir ein Wall Keksgeruch entgegen.
Ich lächelte. Keksgeruch mochte ich, schon allein aus dem Grund, dass ich Kekse grundsätzlich vergötterte.
Ich drapierte die Kekse auf einem hübschen Frühstücksteller, füllte den Kinderpunsch in eine Kanne und stellte beides auf den Tisch. Dann noch den Kuchen, Teller, Tassen und Besteck.
Warum hatte ich eigentlich so gute Laune? Schließlich war Luca heute mit Maja unterwegs...

Mensch, Emily!, schimpfte ich mich aus. Geht es in deinem Leben etwa nur um Luca?
Ja? Zur Zeit doch irgendwie schon, oder? Die letzten Wochen hatte ich jeden einzelnen Tag mit ihm verbracht - bis auf heute. Und dennoch ging es mir gerade super... Vielleicht war es ja aufgrund der Tatsachen, dass er mich gestern überrascht hatte, mir sogar ein Geschenk überreicht hatte und dass darauf keine Maja zu sehen war? Die Schneekugel thronte nun in dem Regal, das gegenüber meines Bettes stand. Als ich heute aufgewacht war, hatte sie mich sofort an den wunderbaren gestrigen Tag erinnert und ich hoffte, dass sie dies noch eine Weile lang tun würde.

Ein zweiter Wecker riss mich aus meinen Gedanken, ich sollte jetzt Mama aufwecken, die Schlafmütze.

Plötzlich musste ich grinsen, ich wusste, wie ich das anstellen würde.
Ich nahm den Teller mit den Keksen und schlich hoch zu ihrem Zimmer. Leise, ganz leise ging ich zu ihrem Bett, in dem sie noch immer friedlich schlummerte.
Nun hielt ich ihr den Teller unter die Nase. Sie schnupperte. Sie schnupperte noch mehr und...

nieste!

Ich konnte die Kekse gerade noch in Sicherheit bringen.

"Guten Morgen, Mama!", lachte ich. "Komm, der Tisch ist schon gedeckt!"
Dann ging ich die Treppe wieder hinunter, um die Kekse zurück zu stellen.
Wenig später kam Mama gähnend die Treppe hinunter, doch als sie den Tisch sah, machte sie große Augen.
"Wow! Hast du das alles heute morgen gebacken?", staunte sie.
"Jap. Guten Appetit", sagte ich und sah ihr zu, wie sie sich erfreut einen Keks nahm.
"Wie war jetzt eigentlich dein Tag gestern? Ich habe ja gar nicht mehr gefragt, wo du deinen lieben langen Geburtstag über warst.", sagte Mum irgendwann.
"Spazieren, das habe ich dir doch gesagt", antwortete ich.
"Mit Begleitung?" Ich wurde rot.
"Vielleicht?", sagte ich und meine Mutter lachte.

Ich lächelte ebenfalls. Luca war heute vergeben? Gut, dann würde ich eben mal wieder einen Tag mit meiner Mutter verbringen. Wer weiß, vielleicht würde ja heute etwas aus dem Winterspaziergang werden?

"Du... Mum?", fragte ich vorsichtig und knabberte an einem Keks herum. "Wollen wir heute vielleicht... den Spaziergang nachholen?"
Mum hielt in der Bewegung inne und drehte sich um, um einen besorgten Blick aus dem Fenster zu werfen.
"Schätzchen... sieh mal, du weißt, ich mag kein Glatteis... der Boden ist komplett zugefroren. Ich-"

"Schon gut", unterbrach ich sie und zwang mich zu einem verständnisvollen Lächeln. "Macht ja nichts."
Ich schob meinen Stuhl zurück und wandte mich zur Treppe; wenn ich diesen fröhlichen Gesichtsausdruck noch länger als zwanzig Sekunden behielt, würde ich einen Krampf bekommen.
"Kein Problem, Mum", fügte ich hinzu und hastete die Treppe hinauf. Der hin- und hergerissene Blick meiner Mutter folgte mir...

"Ach, was soll's!", rief sie plötzlich, als ich den oberen Treppenabsatz erreicht hatte. "Ich werd' schon nicht ausrutschen."
Sofort drehte ich mich zu ihr um. "Heißt das, wir gehen doch?", fragte ich hoffnungsvoll.
"Ja, das heißt es wohl", seufzte Mum, doch ihre Mundwinkel zuckten.
"Wie schön!", jauchzte ich, rannte die Treppe wieder hinunter und fiel meiner Mutter um den Hals.

Dann zog ich mir flink meine Schneesachen an und wartete halbwegs geduldig auf Mum, die ganz gemächlich vom Esstisch aufstand, ihren Teller in die Küche brachte und dann langsam ihre Stiefel aus dem Regal holte. Erst als sie sich fertig angezogen hatte, erlaubte ich mir, die Haustür zu öffnen und vor ihr nach draußen zu hüpfen. "Komm schon, Mum!", rief ich glücklich, zog sie durch die Tür und drückte diese zu.
Endlich würde es mal wieder einen guten, alten Mama-Tochter-Spaziergang geben - und dazu noch im Winter! Ja, dieser Tag musste einfach schön werden.

Liebe im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt