10. Kapitel - Neuigkeiten und ein verspätetes Geschenk

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Ich hatte geschlafen wie ein Murmeltier. Tief und fest.
Und lang!
Erschrocken blickte ich nochmal auf meinen Wecker. Es war bereits halb elf! Na hoppla, so lang schlief ich sonst nie...
Ich torkelte zu meinem Kleiderschrank und wühlte darin herum, bis ich ein Oberteil ohne Löcher gefunden hatte. Dann stampfte ich die Treppe herunter und registrierte, das Mama schon längst ihr Frühstück aufgegessen hatte und nun auf dem Sofa ihr Buch las.

"Guten Morgen, Langschläfer!", begrüßte sie mich und zog mich in eine Umarmung.
"Morgen", murmelte ich und gähnte.
Dann überfluteten mich die Erinnerungen an gestern und ich war schlagartig hellwach.
Luca hatte sich für mich eingesetzt, er mochte mich wirklich!
Du Dramaqueen, das war doch schon längst klar. Nur - lieben tut er leider Maja.
Ich schüttelte den Kopf, um die Stimme loszuwerden, denn ich hatte nicht vor, mir meine Stimmung vermiesen zu lassen.
Nach einer ordentlichen Portion Corn Flakes schlüpfte ich wieder in meine Schneesachen, verabschiedete mich schnell von Mama und rannte beinahe zum Hügel.

Luca war schon da. Er sah mich nicht an, sondern blickte zu Boden. Er hatte geweint.
"Hey, was ist denn mit dir los?", fragte ich besorgt und setzte mich neben ihn.
Er schwieg.
Dann seufzte er: "Ich habe mit Maja Schluss gemacht."
Er hatte... was?!? Ich musste mich zwingen, nicht vor Freude Tango zu tanzen.
Maja war nicht mehr seine Freundin! Maja war weg!
Und das bedeutete...
Ich hielt die Luft an und schielte zu Luca hinüber.

Nein, das ging nicht. Er sah ziemlich fertig aus und hatte im Moment wahrscheinlich mehr als genug von der Liebe, da konnte ich ihm jetzt nicht mit einem Liebesgeständnis kommen.
Also legte ich ihm den Arm um die Schultern und sagte gar nichts.
Irgendwie wurde das Schweigen leider immer unangenehmer. Unauffällig beobachtete ich Luca aus den Augenwinkeln und hörte ihn hin und wieder schniefen.

Sollte ich wegen der Sache mit Maja nachharken? Vielleicht wollte er ja darüber reden. Aber vielleicht wollte er auch einfach nur in Ruhe gelassen werden?
Schlussendlich entschied ich mich dafür, Luca einfach aufzumuntern.
"Äh Luca? Schau mal, ich, äh, hab eine Idee. Lass uns doch ein Iglu aus Schnee bauen! Hier... äh... ist so ein Eimer, den können wir als Form benutzen."
Luca lächelte schwach und zog seine Handschuhe an.

Abwechselnd füllten wir den Eimer mit Schnee und stapelten die Schneeblöcke so, dass es nach und nach zu einem Iglu wurde.
Luca arbeitete mit einem Ausdruck von grimmiger Geschäftigkeit, aber ich war immernoch überglücklich, dass Maja mir nun nicht mehr im Weg stand.
Dass sie in genau diesem Moment hinter einer Hecke stand, uns beobachtete und sich insgeheim Rache schwor, konnte ich natürlich nicht wissen...

***

Das Iglu war fertig.
"Komm, Luca!", rief ich und krabbelte hinein. Es war dunkel und kalt, aber irgendwie toll.
Zögerlich kam auch Luca hinter mir her.
"Ganz schön eng hier...", sagte er. Ich lachte. Und sah auf die Uhr.
"Oh, es ist schon halb eins", stellte ich fest. "Du, ich muss nach Hause, es gibt heute Gulasch und Mama würde es mir nie verzeihen, wenn ich zu spät zum Essen käme."
"Kommst du danach wieder her?", fragte Luca.
"Klaro!", meinte ich.

Bisher hatte das mit dem Ablenken offenbar gut geklappt, denn Luca schien wieder einigermaßen entspannt.
Also krochen wir wieder aus dem Iglu hinaus und verabschiedeten uns.
Plötzlich sah ich einen Schatten hinter der Hecke, bei der unser Iglu stand. Schnell rannte ich auf darauf zu, doch als ich bei der Hecke ankam, war er weg.
Wahrscheinlich nur Einbildung, dachte ich schulterzuckend und trat den Heimweg an.

"Hallo Süße!", begrüßte mich meine Mutter, als ich durch die Tür gestapft kam. "Komm doch mal bitte ins Wohnzimmer, ja? Da wartet eine kleine Überraschung auf dich."
Ich lächelte, zog meine Schuhe aus, folgte ihr dann in unser Wohnzimmer und erblickte ein Paket. Falls dies die Überraschung sein sollte, war sie keinenfalls klein. Das Paket war mehr als halb so groß wie ich!
"Ich hatte dir ja am Tag deines Geburtstages gesagt, dass noch ein Geschenk fehlt...", sagte Mama.
Es war ein einfacher Pappkarton. Kein Geschenkpapier, oder so. Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen:
Der Schlitten!
Ich hatte Mama doch den Wunschzettel gegeben!

Aufgeregt schnappte ich mir eine Schere und schnitt das Klebeband durch. Dann machte ich Paket auf und sah einen Schlitten, der tatsächlich beinahe wie der von Luca aussah.
Ich fiel meiner Mutter um den Hals.
"Den werde ich gleich nach dem Essen ausprobieren!", versprach ich ihr.
"Apropos Essen", meinte Mama, "ich habe gehört, es gibt heute Gulasch? Dann hilf mir mal beim Tischdecken."

Liebe im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt