14. Kapitel - Majas Geschichte

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Lächelnd ging ich den verschneiten Fußgängerweg entlang. Irgendwie war das Leben doch nicht immer so schlimm dramatisch...
Plötzlich hörte ich Geraschel.
Schon wieder im Gebüsch!
Na warte, diesmal kriege ich dich!, dachte ich und wollte gerade losstürmen, da trat der Verursacher des Geräusches überraschenderweise selber aus dem Gebüsch heraus.
Es war Maja. Sie lächelte!
Ich musste mich zwingen, nicht wegzulaufen, denn ich wusste, wie sie mir da gegenüberstand, lässig, mit diesem seltsamen Lächeln im Gesicht, das war nur eine Maske.
In ihrem inneren brodelte Wut, Wut auf mich! Keine Ahnung, woher ich das wusste, aber ich war mir todsicher: In diesem Zustand war Maja gefährlich wie eine Raubkatze.

"H-hi", sagte ich unsicher. "Warum spionierst du uns hinterher?"
"Jemand hat dir hinterherspioniert?", fragte Maja, scheinbar überrascht.
Alles Maske.
"Ja und dass du dich gerade vor mir im Gebüsch versteckt hast, kannst du nicht leugnen", erwiderte ich.
"Will ich ja auch gar nicht. Ich will dich warnen", meinte sie.
"Wovor?"
"Nun", sagte sie, "vor Luca"

Wie bitte?
"Ich weiß, du denkst jetzt, ich bin übergeschnappt, aber du solltest dich vor Luca in Acht nehmen. In ihn verliebt zu sein ist ein großes Verhängnis, du tust mir wirklich-"
"Ich bin nicht in-"
"Lüg nicht!", schrie sie. "Mir kannst du nichts vormachen!"
"Aber ich-"
"Und du hast mich unterbrochen!", ergänzte sie etwas beherrschter. "Also, ich habe Erfahrung auf diesem Gebiet.

Ich war eine lange Zeit Lucas Freundin und kann dir nur einen Rat geben: Lass dich nicht auf ihn ein!"
Jetzt wirkte sie wieder gefasster. Sie strich sich eine Strähne ihrer langen, blonden Haare hinters Ohr und sah mich abwartend an.
"Und warum sollte ich das? Er ist mein bester Freund und ich habe viel Spaß mit ihm!", sagte ich trotzig.
"Tja weißt du... Wie kann ich das erklären? Nun ja, er ist ein Junge. Und Jungen sind nicht gerade für ihre Treue bekannt, nicht wahr?

Luca jedoch ist die Spitze aller untreuen Jungs.
Er ist... sagen wir... rund zehn mal fremd gegangen?"
Ich glaubte dieser Schminktusse kein Wort. Die hatte ja selbst bei mir gedacht, dass ich was mit Luca hätte, da, als sie sich mit ihm gestritten hatte.
"Und was, wenn ich dir nicht glaube?", fragte ich.

Sie beäugte ihre Fingernägel.
"Schätzchen. Ich hätte es doch nicht nötig, dir Lügen zu erzählen. Ich selber dachte, er sei meine große Liebe-"
"Ich bin nicht in ihn-"
"Unterbrich mich nicht!", fauchte sie. Doch sofort setzte sie wieder ihre Freundlichkeitsmaske auf und fuhr fort.

"Ich selber dachte, Luca sei meine große Liebe. Er war so lieb, so verständnisvoll. Als ich ihm meine Gefühle gestand, sagte er, es ginge ihm genau so und küsste mich.
Ab da waren wir zusammen und unternahmen viel miteinander. Wir waren glücklich.

Aber nach etwa drei Monaten bekam ich mit, dass er etwas mit einem Mädchen aus seiner Klasse ausgemacht hatte.
Ich wurde eifersüchtig und schlich ihnen hinterher, als sie zu ihr nach Hause gingen. Sie setzten sich ihren Garten und redeten zunächst nur, aber das Mädchen begann mehr und mehr zu flirten.
Schließlich gingen sie rein und wenig später hörte ich komische Geräusche..."
Majas Mund wurde zu einem dünnen Strich.

Ich starrte sie an.
"Und dann?"
"Ich bin weinend nach Hause gegangen. Als Luca danach zu mir kam, traute ich mich nicht, ihn danach zu fragen.
Aber dasselbe passierte wieder. Und wieder!
Als ich ihn irgendwann doch zur Rede stellte, antwortete er ausweichend und hat immer abgelenkt.
Zum Glück hat er sich irgendwann nicht mehr mit ihr getroffen und ich dachte, es sei vorbei.
Doch dann kamst du! Er bestand darauf, dich mir vorzustellen und... Du schienst dich schon richtig gut mit ihm zu verstehen, kein Wunder, dass ich eifersüchtig wurde!

Und nach unserem Kennenlernen traft ihr euch immernoch fast jeden Tag und ich wurde langsam sauer, denn mich vernachlässigte er ziemlich. Ich stellte ihn zum wiederholten Mal zur Rede, aber wieder sagte er nichts.
Er hat dir nicht gesagt, warum er wirklich Schluss gemacht hat, nicht wahr?"
Ich schüttelte den Kopf und erwischte mich bei dem Gedanken, dass ich es vielleicht gar nicht wissen wollte.
Es ist alles gelogen, Emily! Lass dich doch nicht so verwirren!
Aber so gut konnte doch kein Mensch lügen?

"Ich habe ihm erzählt, dass ich ihm damals gefolgt bin und dass ich alles gehört hätte.
Er meinte, das sei doch Blödsinn, sie hätten sich nur unterhalten und diese Geräusche seien aus dem Schlafzimmer der Eltern des Mädchens gekommen.
Natürlich glaubte ich ihm kein Wort. Und so hat er mich verlassen."

Ich fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen mit so vielen Informationen.
Maja, hinter einer harten Maske versteckt, schien im Grund einfach zutiefst verletzt und verzweifelt zu sein. In ihre Vermutungen über Lucas Untreue schien sie sich ja richtig hineingesteigert zu haben.
Nun verstand ich auch, weshalb Maja mich so schnell als eine Gefahr wahrgenommen hatte: Sie vertraute Luca schon lange nicht mehr.
Aber was ihre Erzählungen über seine Untreue anging...
Sie täuscht sich!
Ja. Was sie erzählte, passte einfach nicht zu Luca. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es wahr war.

"Und was, wenn es doch stimmt, was Luca zu seiner Verteidigung gesagt hat?", fragte ich vorsichtig.

Ihr Gesicht wurde sofort wieder hart.
Mit verächtlicher Stimme sagte sie:
"Du bist noch blinder als ich dachte! Verliebt und blind!
Du hast keine Chance, mit Luca glücklich zu werden, der hat noch jeden betrogen.
Denke an meine Worte!"

Liebe im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt