Ich attackiere meine Direktorin

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"Da gibt es nicht viel zu erzählen." Verlegen kratzte sich Seth am Hinterkopf. "Erwähne dieses Wort einfach nie in der Gegenwart eines Mitschülers."

Entnervt presste ich Zeigefinger und Daumen an den Nasenrücken und atmete tief ein und aus.

"Und warum nicht?" fragte ich langsam und lehnte meinen Kopf an die harte Rinde. Musste man diesem Kerl wirklich alles aus der Nase ziehen?

Er runzelte für einen Moment die Stirn, schüttelte einmal den Kopf und schloss kurz die Augen. Dann öffnete er sie wieder und spielte an seinen Fingern.

Nach einiger Zeit löste er seinen Blick schulterzuckend vom Himmel und antwortete dann schlicht, "Es würde zu viele Fragen aufwerfen."

Frustriert rupfte ich Gras aus dem Boden und zerknüllte es zwischen meinen Fingern. "Aha." erwiderte ich leicht bissig. Dann musste ich eben meine Antennen ausfahren und selbständig nach Informationen kramen, bis ich etwas gefunden hatte, das meine Neugier ein wenig bändigte.

Da fiel mir etwas auf. Anklagend richtete ich meinen Blick auf Seths Gesicht und fixierte ihn aus zusammengekniffenen Augen.

"Wieso weißt du eigentlich davon."

Er schauderte. Statt einer Antwort sagte er "Von Len bin ja einiges gewöhnt, aber du bist irgendwie angsteinflößend."

Das hatte gesessen.

Meine Hände erschlafften. Die Graskugel fiel.

Mir war bewusst, dass sich die Verletztheit auf meinem Gesicht spiegelte.

Aber dieser Satz hatte weh getan.

Schnell wandte ich den Kopf in Richtung Horizont. Der Himmel schien in Flammen zu stehen, aber ich nahm es kaum wahr.

"W-was. . . nein. Nein, Sarina so meinte ich das nicht." bestürzt stützte Seth das Gesicht in die Hände. "Ich und mein großes Mundwerk." nuschelte er fassungslos.

"Nein, ist schon okay." Ich lächelte, aber es erreichte nicht meine Augen.

"Wirklich-" setzte er wieder an, aber ich unterbrach ihn. "Ist schon in Ordnung. Was wolltest du sagen."

Seth sah mich misstrauisch an, aber er erwiderte nichts. Ich merkte wie er um einen unbeschwerten Tonfall rang, als er zu seiner Erklärung ansetzte.

"Okay, das ist eigentlich eine ziemlich lustige Geschichte." Sein Lächeln wirkte ein wenig unsicher, aber ich tat, als würde ich es nicht bemerken.

Er räusperte sich. "Also. Es war mein erstes Jahr an der Akademie. Len kannte ich damals nur vom Sehen, da er eine Stufe höher ist, als ich und weil er" er sah mich von der Seite an " Privatunterricht erhielt. Ich musste damals ins Zimmer der Direktorin, weil. . ." er stockte kurz und grinste dann bei der Erinnerung "ich, sagen wir mal, nicht in der Lage war meine Hausaufgaben zu machen. Und das schon zum fünften Mal." Das brachte mich zum lächeln. "Na ja, jedenfalls wollte ich gerade an die Tür klopfen, um den Vortrag endlich hinter mich zu bringen, als ich hörte wie sich Mrs. Roberts über irgendetwas aufregte. Sie sagte so etwas wie, 'Die Hybriden werden uns alle abschlachten.' und 'Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, sind wir geliefert.'" (Ich bezweifelte, dass meine Schulleiterin Wörter wie 'geliefert' und 'abschlachten' benutzte, aber ich unterbrach Seths Erzählung nicht.) "Glaub mir, so wie sie es sagte, klang das ziemlich angsteinflößend." Er erschauderte.

"Ich wollte mehr wissen und trat noch einen Schritt näher an die Tür. Aber als ich weiterlauschen wollte, wurde die Tür aufgerissen und ich sah in Lens Gesicht.

Natürlich fragten sie mich, was ich alles mitbekommen hatte, aber als sich herausstellte, dass es zu viel war, befahl Mrs. Roberts Len, mich nicht mehr aus den Augen zu lassen. Wahrscheinlich musste sie sicher gehen, dass ich nichts ausplauderte oder nachschnüffelte. Total unnötig." Müde rieb er sich die Augen.

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