Unerwartete Hilfe

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song: Down - Simon ft. Trella

Für einen entsetzlich langen Augenblick konnte ich nicht denken. Das Einzige, worauf ich mich konzentrieren konnte, war meine Atmung, die mit jedem verrauchten Atemzug flacher und schneller wurde. Das Feuer kam immer näher und mir war die Kraft ausgegangen. Ich wollte einfach nur dort liegen bleiben -auf dem kalten Steinboden des Turms und mich nie wieder fortbewegen. Nicht einmal die Verwandlung zur Eule hätte noch geklappt, so zerschlagen und müde war mein Körper.

"Ach, du kleiner Alpha.", säuselte Akaya, die sich mittlerweile wieder von ihrem hysterischen Lachanfall erholt hatte. Das Grinsen, das dabei ihre Fangzähne entblößte, schwebte unheilvoll über mir. "Du musst noch viel lernen."

Mir kam in den Sinn, dass dies wahrscheinlich das Letzte war, was ich in meinem Leben zu sehen bekäme und der Gedanke allein brachte mein Blut in Wallungen. Ich spürte, wie ich vor Wut rot anlief und das dringende Bedürfnis in mir aufkeimte, ihr dieses dreckige Lachen einfach mit meiner Faust aus dem Gesicht zu schlagen. Doch da meine rechte Seite so weh tat, dass ich nicht einmal einen ordentlichen Atemzug nehmen konnte, blieb ich weiterhin regungslos da liegen, wo ich vor wenigen Augenblicken von der Turmwand abgeprallt war.

Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass, wenn ich einfach stillhielt, meine Heilung durch das ganze Adrenalin im Körper schneller einsetzen und vonstattengehen würde. Nur musste ich mir dabei auch irgendwie Akaya vom Leib halten. Wenigstens so lang, bis ich eine leichte Besserung verspürte.

Mir fiel dafür nur ein Weg ein.

Ein bisschen verzögert, aber dennoch recht authentisch, riss ich meine Augen weit auf und schaute zitternd in ihr bleiches, von dunklen Adern durchzogenes Gesicht.

"W-wie? W-was?", stammelte ich völlig verängstigt

Okay, nicht ZU dramatisch, Sarina!

Ich hatte mir eigentlich geschworen, meine Schauspielkünste, die ich seit dem Vorfall mit Nevis im Hinterhof des Pubs tief in mir verschlossen hielt, nie wieder auszupacken. Doch drastische Situationen erfordern nun einmal drastische Maßnahmen. Und da mir nichts Anderes einfiel, als die Vampirdame durch Reden bei Laune zu halten, erschien mir dies als das kleinste Übel. Außerdem war ich wirklich ein wenig neugierig, wie sie diesen höchst tödlichen Trank einfach so überleben konnte.

"Du denkst doch wohl nicht ernsthaft, dass ich mich ohne Vorbereitungen in eine solch herrliche Schlacht werfe?", schmunzelte Akaya hinterlistig. "Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass meine Macht all deine Vorstellungen übertrifft. Soll mich etwa so eine kleine Giftspritze außer Gefecht setzen? Das ist ja lächerlich!"

Ich glaubte nicht, dass Akaya in der Lage war, sich unverwundbar zu machen. Immerhin zählten Vampire im Gegensatz zu Elfen oder Magiern nicht zum magischen Volk, das durchaus Übung darin hatte. Doch dann zuckte mein Blick zum Himmel, wo immer noch Reste der dunklen Blase am Firmament vor sich hin schillerten und war mir plötzlich nicht mehr so sicher.

Ich verspürte das dringende Verlangen, aufzuspringen und mich, ohne auch nur einmal umzudrehen, wegzurennen. Soll das Feuer sie doch verbrennen, wenn schon das Elfengift nichts gegen sie ausrichten kann. Diese Irre darf bloß nicht weiter in meiner oder irgendjemandes Nähe sein.

Probehalber hob ich den Kopf, doch ein scharfer Stich durchfuhr meine Rippen. Dramatisch stöhnend senkte ich ihn wieder und wünschte mir, dass dies wirklich nur gespielt wäre. Doch der Schmerz war realer als die gesamte Situation, in der ich mich befand, was nicht gerade beruhigend war.

"W-was hast du getan?", presste ich mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor. Die untote Baronesse hatte sich mittlerweile hingehockt und beobachtete mich mit ihrem rot lodernden Blick. Das schwarze Sekret lief unaufhaltsam aus ihrem Hals, da dort immer noch feine Glassplitter in ihrer Haut steckten, und führte über die gebrechlich wirkenden Schlüsselbeine bis zu ihrem Dekolleté hinab. Von meiner liegenden Position aus, konnte ich einen Blick auf die Kleidung unter ihrem leichten Mantel erhaschen, der durch unseren Kampf die obersten drei Knöpfe verloren hatte. Sie trug nichts weiter als ein mit Spitze besetztes weißes Kleid, das auch gut als Nachthemd durchgehen könnte. Der blütenweiße Stoff war makellos und doch sah ich, wie bereits das dunkle Blut den Rand ihres Ausschnitts durchtränkte. Es war, als fräße sich Fäulnis unaufhaltsam von der Wunde an ihrem Hals, über das Kleid bis in ihr Herz. Nur eine Frage der Zeit und der ganze obere Teil würde mit schwarzem Sekret vollgesogen sein.

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