Wie in Trance

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"Du siehst müde aus.", bemerkte Len, als ich gegen drei Uhr nachmittags aus meinem Zimmer gewankt kam. Ich warf ihm bloß einen scharfen Blick zu und er verkniff sich den eigentlich noch darauffolgenden Kommentar.

"Hast du Nevis gesehen?", fragte ich statt einer Erwiderung und unterdrückte ein Gähnen.

"Gewächshaus.", war die knappe Antwort und ich runzelte die Stirn.

"Was will er denn da immer?", murmelte ich mehr zu mir selbst und machte mich auf den Weg in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Denn ohne Kaffee, würde ich diesen Tag definitiv nicht überleben.

Ich starrte mindestens schon seit zehn Minuten reglos am Tisch sitzend auf einen feinen Riss in der Wand, nur ganz knapp über der Spüle, da gesellte sich Len zu mir.

Ein nervöses Ziehen machte sich in meinem Bauch breit und ich merkte, wie meine Hände kalt und schwitzig wurden. Schnell stellte ich meine immer noch bis zum Rand gefüllte Tasse auf den Tisch und räusperte mich unbehaglich.

Ich wusste nicht, was ich nun tun sollte.

Was, wenn er mich auf meine Müdigkeit ansprach?

"Sarina?"

Ich zuckte zusammen.

Oh Gott, es geht los!

"Hmm?", brachte ich brüchig hervor. Die grünen Augen meines Freundes waren zu misstrauischen Schlitzen zusammengezogen.

"Du verhältst dich komisch. Geht's dir nicht gut?"

Ich legte leicht den Kopf schief und versuchte den Adrenalinstoß zu ignorieren, der durch meinen ganzen Körper jagte.

Sag, du hast . . . Frauenprobleme!

"Ich. . .", setzte ich an, stockte aber kurz darauf. Dann schüttelte ich erschöpft den Kopf. "Entschuldige, wenn ich dir Sorgen mache. Ich bin nur im Moment nicht so gut drauf."

Der junge Alpha erhob sich von seinem Stuhl und umrundete den Tisch. Ich folgte ihm mit meinem Blick und musste den Kopf in den Nacken legen, als er letztendlich vor mir aufragte.

Len streckte die Hände aus.

Verdattert starrte ich sie an.

"Komm her.", sagte er sanft, griff nach meinen Händen und zog mich behutsam auf die Beine. Dann schloss er seine Arme um mich und drückte mich an sich.

Eine kribbelnde Kühle drang langsam durch meine Haut und ich merkte, wie die Anspannung aus meinem Körper wich und meine innere Unruhe schwand. Fest schmiegte ich meinen Kopf an Lens Brust und atmete tief ein und aus.

"Besser?"

"Hmm.", bejahte ich und er gab mir einen Kuss auf den Scheitel.

"Ich kann verstehen, wie du dich fühlst. Die letzten Tage waren einfach viel zu ereignisreich und aufregend, um gesund für uns alle zu sein."

Die Sanftheit seiner Stimme bildete einen Kloß in meinem Hals und ich presste fest die Augen zusammen.

Womit hatte ich ihn nur verdient?

Schniefend löste ich mich von meinem Freund.

"Danke. Es ist lieb von dir, dass du das verstehst."

Er legte zwei Finger unter mein Kinn, hob es an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste, und studierte sorgsam mein Gesicht.

"Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, wenn dich etwas bedrückt. Und ich werde auch immer mein Bestes tun, um dir zu helfen."

Ich nickte schluckend und wich seinem brennenden Blick aus.

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