Jamies Sicht

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Dann gebe ich Noah noch einen Abschiedskuss, da er ja heute so lieb war und dann gehe in rein und suche meine Eltern, doch die sind irgendwie nicht Zuhause. Ich rufe meine Mutter an, doch sie geht nicht ans Handy und dann versuche ich es bei meinem Vater, doch der geht auch nicht ans Telefon. Ich suche überall im Haus, nach einem Zettel, den sie mir geschrieben haben könnten, so wie sie es sonst immer machen. Seltsam. Ich mache mir Gedanken darüber. Vielleicht ist etwas passiert, aber dann müssten sie mir doch erst recht Bescheid sagen, oder nicht? Ich habe keine Ahnung, ich versuche noch ein paar mal, die beiden zu erreichen. Doch ich habe keine Chance. Niemand geht ran, aber auch niemand ruft mich zurück. Ich setze mich also auf das Sofa, schreibe Noah und schaue mir dann einen Film an. Spät am Abend klingelt dann das Telefon, ich wache davon auf, weil ich bei dem Film eingeschlafen bin und überlege dann, ob ich heran gehen soll, da es ja schon so spät ist, aber dann denke ich an meine Eltern.

"Hey, meine kleine. Wir sind jetzt endlich angekommen. Ich hoffe du hast den Zettel gefunden und hast dir etwas zu essen gemacht. " sagt mein Papa durch das Telefon. Ich bin ziemlich verwirrt.

"Wo seit ihr?" frage ich.

"Gerade sind wir am Münchener Flughafen, wir müssen aber gleich auch schon wieder in unseren nächsten Flieger steigen. Ich kann also nicht lange reden. Das stand doch auf dem Zettel, den dir Mama geschrieben hat. " höre ich ihn sagen, aber dann höre ich meine Mama im Hintergrund.

"Ich dachte du hast den zettel geschrieben. "

"Okay, süße. Tut uns leid, wir hatten da ein Missverständnis, es gab wohl keinen Zettel. Also ich und Mama mussten spontan auf Geschäftsreise, wir sind in zwei Wochen wieder da. Du kannst gerne Freunde einladen. Frage doch mal Shanti, ob sie bei dir übernachtet. Ich habe dir 200 Euro da gelassen, du weißt ja wo. Aber mache ja keinen Mist. Ich muss jetzt Schluss machen, ich rufe dich wieder an, wenn wir im nächsten Land angekommen sind. Viel Spaß. " sagt er und legt auch schon wieder auf.


Ich soll also zwei Wochen hier, in einem riesigen Haus, allein wohnen. Das kann einfach nicht gut gehen, aber mein Vater vertraut mir, also muss ich das auf die Reihe bekommen, sonst wird er mich nie wieder alleine lassen. Sie müssen auf Geschäftsreise, mal wieder. Ich habe das Gefühl, sie sind nur noch unterwegs, sie haben gar keine Zeit mehr für mich. Warum haben sie bloß den gleichen Job? Ich habe das Gefühl, sie vergessen das sie ein Kind haben. Sie haben mich vergessen, seit sie beide diesen Job haben. Ich rufe Noah an.

"Hey Noah, ich bin die nächsten zwei Wochen alleine. Willst du bei mir einziehen? " lache ich.

"Nichts lieber, als das. " sagt er ernst.

"Ich packe kurz meine Sachen und dann komme ich vorbei, okay?" fragt er.

"Okay. " sage ich und er legt auf.

Zehn Minuten später klingelt es dann an meiner Tür. Ich stehe vom Sofa auf und gehe an die Tür. Es ist Noah, mit seinen Sachen und begrüßt mich mit einer Umarmung. Dann kommt er rein und packt seine Sachen in mein Zimmer.

"Was haben deine Eltern eigentlich gesagt, als du deine Sachen gepackt hast und meintest, das du für zwei Wochen bei deiner Freundin bleibst?" frage ich ihn.

"Sie haben gefragt, warum ich zwei Wochen zu dir soll und dann habe ich ihnen erklärt, das du nicht alleine sein sollst und deine Eltern mich gefragt habe, ob ich die zwei Wochen zu dir kommen kann und dann waren sie einverstanden. Sie dürfen jetzt bloß nicht mit deinen Eltern reden." lacht er.

"Die sind eh nicht zu erreichen. " lache ich.

"Wieso sind die den eigentlich für zwei Wochen weg, also beide?"

"Mal wieder eine Geschäftsreise, die beiden arbeiten das gleiche." antworte ich.

"Ist das schon öfter passiert?" fragt er.

"Gefühlt jeden Monat mindestens einmal. Jetzt habe ich endgültig das Gefühl sie haben mich vergessen. Am Anfang ist es ganz nice, aber es wird nach einer zeit langweilig. Aber da du jetzt da bist, kann es nur schön werden." antworte ich und lege mich wieder auf das Sofa, da die Werbung gerade zu ende gegangen ist und mein Film weiter geht.

"Welchen Film guckst du denn da?" fragt Noah mich und setzt sich neugierig neben mich.

"Vielleicht lieber morgen." sage ich.

"Und wie ist der Film?" fragt er.

"Schön" sage ich und kuschel mich an ihn. Jetzt ist er auch leise und guckt mich. Leider bin ich schon relativ am Ende, man muss den Film von Anfang an gucken, damit man ihn richtig versteht. Damit alles Sinn ergibt.

Er holt uns eine Decke, als ich sage das mir kalt ist und nimmt mich noch fester in den Arm. Er macht mir auch noch essen, da er denn Film eh nicht versteht. Er macht ein spezielles essen, das seine Mama immer macht, ich habe leider vergessen wie das Gericht heißt, aber dieses Essen ist so lecker. Ich habe so viel davon gegessen, mindestens drei Portionen, wenn nicht sogar noch mehr. Er hat nicht so viel gegessen, da er Zuhause auch schon gegessen hatte. Dann haben wir auch noch einen anderen Film geguckt, denn er dann auch verstanden hat. Das war einfach ein perfekter Abend. Naja, die Tage, Abende, Momente mit meinem Freund sind immer perfekt. Ich schlafe aber bei dem Film wieder ein und am nächsten Morgen weckt mich Noah. Wir haben heute Schule und er scheucht mich aus dem Bett, ich will da nicht hin.

"Können wir nicht schwänzen und uns einen schönen Tag machen?" frage ich ihn.

"Wenn du uns beide in der Schule abmeldest. " sagt er.

"Mache ich gerne, aber deine Eltern finden das nicht heraus, oder?" frage ich.

"Nein, darin bin ich Profi. " scherzt er.

"Ich habe noch nie geschwänzt, aber sie werden es nicht heraus finden. " sagt er dann.

Ich nehme also das Telefon und rufe damit in der Schule an und melde mich krank. Dann nehme ich ein anderen Telefon, wegen der Telefonnummer und melde dann meinen angeblichen Sohn, Noah krank. Und dann fangen wir an uns einen schönen Tag zu machen. Es beginnt mit Frühstück im Bett.


Zwei GesichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt