"Und du glaubst wirklich die kann und helfen?" fragte der eine Typ den Typen, der mich her gebracht hatte.
"Vertrau mir, ich weiß was ich tue." antwortete dieser.
"Ja, aber schau sie dir doch mal an. Sie kleidet sich so, wie alle anderen. Sie trägt ihre Haare so, wie alle anderen. Sie schaut so wie alle anderen. An ihr ist nichts, was uns weiterbringt." hält der Andere dagegen.
"Er hat recht." gab nun auch das Mädchen ihren Senf dazu.
"Was kann sie, was andere nicht können?"(Eine ganze Menge du blöde Kuh!)
Der Typ der mich her gebracht hatte, gab nur ein leises Seufzen von sich.
Der Typ der noch gar nichts gesagt hatte, schwieg auch weiterhin.
Der Typ der als erstes gesprochen hatte, sagte auch nichts mehr.
Das Mädchen schaute mich nur dumm von der Seite an.Ich drehte mich also einfach auf dem Absatz um und lief aus der Schwimmhalle. Ich hatte zwar überhaupt keinen Plan, wo ich war oder wo ich hinmusste, aber es war immer noch besser draußen ohne Orientierung, als drinnen mit diesen komischen Leuten. So stiefelte ich also ein paar Meter weit einfach geradeaus, als mich der Typ einholte. Der, der mich hergebracht hatte. Ich drehte mich einfach um und lief in eine andere Richtung. Doch er folgte mir immer noch und versuchte mich am Arm zu packen. Ich zog meinen Arm weg, drehte mich um und starrte ihn böse an. Doch im Gegensatz meiner Erwartungen wirkten seine Augen nicht kalt und gleichgültig, sondern drückten eher so etwas wie Schuldgefühle und Mitleid aus.
(Warum zum Teufel hat er denn bitte Mitleid mit mir?!)"Sorry, sie wissen einfach nicht, wie du wirklich bist, wenn du dich immer hinter dieser grauen Fassade der Anderen versteckst." erklärte er.
"Ach ja? Und du weißt es? Wie ich wirklich bin?" gab ich zurück.
Er schaute mich verlegen an und suchte nach den richtigen Worten.
"Nun ja... ähh..."
"Genau. Du weißt gar nichts über mich. Nicht mal annähernd! Und du versteckst dich ja wohl auch hinter dieser grauen Fassade der Anderen!" sagte ich ein Tick zu laut. Dabei ging ich einfach an ihm vorbei und ging davon.Schwerer Fehler!
Ich hörte ihn noch ein leises "Warte!" rufen, aber er folgte mir nicht.
Nachdem ich gefühlte fünf Stunden durch die Gegend gelaufen und halb erfroren war, realisierte ich, dass ich auch einfach jemanden anrufen konnte.
Ich war schon dabei, mein Handy zu entsperren (was mit halb eingefroren Fingern gar nicht so einfach ist), als ich mitten in der Bewegung inne hielt. Was sollte ich denn sagen? Eigentlich sollte ich brav zu Hause sitzen und Hausaufgaben machen.
Wäre ich (wie geplant) nicht Schokolade kaufen gegangen und wäre nicht (wie geplant) in diesen Typen gelaufen. Dann hätte er mich nicht (ungeplant) hierher schaffen können usw. Ob ich es nun wollte oder nicht, ich musste ihn fragen, ob er mich zurück brachte.Also drehte ich mich um, doch der Typ war schon wieder gegangen. Wahrscheinlich wieder zu den anderen ins Schwimmbad, und da würde ich auf keinen Fall ein zweites mal rein gehen!
Also irrte ich noch mehrere Stunden (gefühlt) durch die Gegend, aber ich kam immer wieder beim Schwimmbad an. Es war kalt. Sehr kalt. Ich überlegte, ob ich meine Vorsatz über den Haufen werfen, und doch wieder ins Schwimmbad reingehen sollte, entschied mich aber schließlich dagegen. Ich wollte einfach nur nach Hause. Ich schwor mir, nie wieder irgendwas ungeplantes zu machen, vor allem nicht Schokolade kaufen. Denn schließlich hatte alles damit angefangen. Als ich Schokolade kaufen wollte, bin ich in den Typen reingelaufen, als ich das zweite Mal Schokolade kaufen war, hat er mich praktisch entführt! Ich sagte mir, dass ich nie wieder Schokolade essen würde.
Leider musste ich diesen Schwur bald wieder brechen, da die Schokolade das einzige Essbare war, was ich dabei hatte (zwar halb gefroren, aber, was soll's, gefrorene Schokolade schmeckt doch auch ganz gut...). Irgendwann hörte ich auf rumzulaufen und setzte mich auf ein mit Moos bewachsenen Stein, damit ich nicht direkt auf dem kalten, dreckigen Boden sitzen musste.
Es war wirklich sehr sehr kalt. Ich war total müde, aber wenn ich eingeschlafen wäre, wäre ich erfroren. Dies sagte ich mir immer wieder. Ich durfte nicht einschlafen, nein nein nein. Meine Augen vielen mir praktisch von selbst zu. Also stand ich wieder auf, um rumzulaufen, bevor ich wirklich einschlief.
Ich war aber viel zu erschöpft, um mich groß zu bewegen. Außerdem konnte ich mich eh nur noch Roboterhaft fortbewegen, da ich steif gefroren war. Ich wollte irgendwie wieder warm werden (und nicht einschlafen) und begann, auf der Stelle zu springen. Leider zeigte dies wenig Effekt, da dabei die ganze Zeit meine Kiefer auf einander schlugen und das höllisch weh tat.
Da der Versuch mit dem Springen kläglich gescheitert war, versucht ich, mich ganz normal zu bewegen, nicht wie ein Roboter.
Außerdem hatte ich (aus unerklärlichen Gründen) das innere Verlange, zu tanzen. Ich hatte früher mal Ballett getanzt. Das war sozusagen Standard und Pflicht eines jeden Mädchens. Ich fand's damals nicht schlimm, und bereue es auch heute nicht. Ich mochte und mag Ballett noch immer. Leider hab ich irgendwann festgestellt, dass ich viel zu ungelenkig bin und hab's aufgegeben.Jetzt allerdings, hatte ich das Bedürfnis, mein früheres Können zu beweisen (vielleicht auch einfach nur, damit ich nicht mehr zu roboterhafte Bewegungen machen musste). Ich strenge mich echt an, so gut wie möglich zu tanzen. Nach eine Zeit, klappte es (meiner Meinung nach) schon ganz gut und ich war auch ein bisschen stolz auf mich. Leider raubte mir das Tanzen auch viel Energie und durch das ganze Frieren war ich ja eh schon erschöpft. Also holte ich meine Schokolade raus, und aß noch ein bisschen.
Nachdem ich mir fast die Zähne an der (mittlerweile steinharten) Schokolade ausgebissen hatte, begann ich, dass Muster von allem Möglichem zu ändern. Erst meine Klamotten, dann ein paar Steine, und später auch den Schnee, der den Boden wie ein weißer Teppich bedeckte. Irgendwann musste ich mich wieder hinsetzen, und, wie natürlich nicht anders zu erwarten, vielen mir nach einer Weile die Augen zu. Ich war schon fast komplett weg (halb eingeschlafen, halb erfroren), als mich zwei warme Hände hochhoben.

DU LIEST GERADE
Colour of Life
Teen FictionGrau. Farblos. In einer Welt aus Glas und Marmor. Ohne Farbe und Gefühle. Geheiratet wird nicht aus Liebe, sondern aus gesellschaftlichen Gründen. Kinder bekommt man nicht aus Fürsorge oder Zuneigung, sondern zu biologischen Zwecken. Ein Tagesablau...