16. Kapitel: Wiedersehen

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Ich starrte auf seinen Arm. Auf seine Hand, die nur wenige Zentimeter vor meinem Oberkörper schwebte. Ehe ich auch nur darüber nachdenken konnte, hatte auch ich meine Hand erhoben, so dass unsere Hände sich nun berührten. Nun standen wir beide mit dem Arm erhobenen, sich berührenden Händen auf dem Dach eines Hochhauses und schauten uns an. Um uns rum waren die Lichter der Stadt und über uns funkelten die Sterne. Der Wind wehte meine Haare um mein Gesicht und seine Haare wirkten zerzaust und wild. Am liebsten würde ich auch meine andere Hand ausstrecken um durch seine Haare zu fahren. Doch stattdessen senkte ich meinen Blick und meine Hand. Ich hielt das nicht mehr aus. Ich wusste nicht, wer er war oder wie er war.
Was machte ich hier?
Ich kam mir im nächsten Moment total bescheuert vor und wurde rot. Auch wenn ich wusste, dass er es nicht sehen konnte, war es mir unangenehm.
"Na los komm. Wir müssen weiter" hörte ich schließlich seine Stimme. Ich nickte nur und folgte ihm zur anderen Seite des Dachs.
*
Irgendwie sind wir dann endlich vom Dach herunter gekommen (von einem Dach zum nächsten und dann durch irgendwelche geheimen Türen runter usw.) und liefen nun die selben dunklen Gasse entlang, wie letztes Mal. Ich kam mir total fehl am Platz vor, mit meinen kurzen Schlafsachen. Ich bereute es, meine kurze, hellblaue Schlafhose angezogen zu haben. Genauso wie mein (ebenfalls kurzes) rosé-farbenes T-Shirt war sie viel zu dünn und mir war eiskalt. Da ich letztes Mal schon in Wintersachen hier gefroren hatte, war ich mit diesen Sachen kurz vorm Sterben. Ich zitterte unkontrolliert am ganzen Körper. Anfangs versuchte ich, es zu verbergen, aber ich schaffte es nicht. Natürlich merkte Cem, dass ich zitterte. Ich lief einige Schritte vor ihm und so merkte ich nicht, dass er seine Jacke auszog und mir um die Schultern legte, bis ich das warme Leder auf meiner Haut spüren konnte. Ich drehte meinen Kopf und lächelte ihn dankbar an. Ich bezweifelte jedoch, dass er es durch die Dunkelheit erkennen konnte.

Wir liefen schweigend durch die Gassen. Trotz der Lederjacke fror ich extrem. Immerhin waren meine Beine auch nur von einem dünnen, kurzen Stück Stoff bedeckt. Da ich keine Zeit hatte, etwas anderes anzuziehen, hatte ich nur meine Ballerinas an, die immer vor meinem Bett standen. Natürlich bieteten auch diese keinen besonders große Schutz vor der Kälte. Als ich weder Füße noch Hände mehr spüren konnte, kamen wir endlich an der Schwimmhalle an. Drinnen leuchtete ein schwaches Licht, wie als hätte jemand ein paar Laternen angezündet und aufgestellt. Bei meinem letzten Besuch hier war ich verwirrt und panisch. Jetzt war ich eher neugierig. Warum sollte ich unbedingt herkommen?
Was werden die anderen sagen?

Als wir vor der Tür standen, blieb Cem stehen und blickte mich an. Im dunkeln wirkten seine Augen tiefschwarz, man konnte kaum sehen, dass sie eigentlich blau waren. Er hatte eine Hand auf den Türgriff gelegt.
"Bereit?" fragte er.
"Wozu?" fragte ich zurück. Ich hatte keine Ahnung ob ich bereit war, denn ich wusste ja nicht, für was.
Doch statt mir eine Antwort zu geben, stieß er einfach die Tür auf bedeutet mir, hinein zu gehen.

Im mittleren Teil war der verwaiste Pool, ohne Wasser. An drei von vier Seiten waren große Fenster. An der vierten fand man zwei Türen, über denen sich ein Schild befand mit der Aufschrift: Duschen. Der einzige Unterschied lag in den dahinter abgebildeten Figuren -> Mann und Frau. Sowohl Wände, als auch Boden, waren mit kleinen Fließen bedeckt, die alle samt ausgeblichen waren und zwischen denen kleine Pflanzen und Moos wuchs. Im mittleren Teil neben dem Pool waren ein paar Holzliegen. Sie waren neu und passte überhaupt nicht zum Rest der Schwimmhalle. Auf diesen Liegen saßen/lagen zwei Leute. Den einen kannte ich. Blonde Haare, grüne Augen, Grinsen im Gesicht. Vincent. Den anderen hatte ich bei meinem letzten Besuch hier nur flüchtig wahrgenommen. Er hatte braune, leicht rötliche Haare und Sommersprossen. Seine Augenfarbe konnte ich nicht erkennen. Sein Gesicht war ein bisschen runder, als dass der anderen, und er hatte eine Stupsnase. Irgendwie süß. Er hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt und blickte durch die großen Fenster in der Decke in den Himmel.
Vincent hatte sich aufgesetzt und den Kopf zu uns gedreht.

Ohne mein Zutun war ich stehen geblieben und hatte alles betrachtet. Ich konnte Cem's Körper hinter mir spüren, und die Hitze, die von ihm ausging.
Plötzlich schämte ich mich ungemein, nur in Schlafsachen bekleidet, mitten in der Nacht, irgendwo im nirgendwo, mit fremden Leuten um mich herum in einem verlassenen Schwimmbad zu stehen.
Ein Pfiff riss mich aus meinen Gedanken.
"Sexy" sagte Vincent und hob gleichzeitig fragend und wissend eine Augenbraue. Erst jetzt fiel mir ein, dass ich ja noch Cem's Lederjacke umhatte. Bevor ich auch nur irgendwie reagieren konnte, schob sich Cem an mir vorbei und ging auf die Liegestühle zu. Er setzte sich neben Vincent. Ich stand immer noch dämlich neben der Tür rum.
"Wo ist Alicia?" fragte Cem in die Runde. Vincent zuckte mit den Schultern aber der andere Typ antwortete.
"Sie ist..." fing er an, wurde aber vom öffnen und schließen einer Tür unterbrochen. Heraus trat das Mädchen, was ich ebenfalls vom letzten Mal kannte. Ich mit meinem Superhirn zählte 1 und 2 zusammen und kam zu dem Schluss, dass dies wohl "Alicia" sein musste. Sie sah Cem und lächelte. Sie setzte gerade zu einer Erklärung an, als ihr Blick meinen traf. Sie beobachtete mich skeptisch und ließ ihren Blick prüfend über mich gleiten. Auch ich betrachtete das Mädchen mir gegenüber. Sie war hoch gewachsen, aber nicht zu groß. Sie hatte blondes Haar, was ihr bis über die Brust reichte. Ihre Augen leuchteten in einem stechenden Blau, während ihre Lippen in einem glitzernden rosa Lipgloss strahlten. Ihre Nase war gerade, sie hatte hohe Wangenknochen und ein markantes Kinn. Ihre Gliedmaßen war wohlgeformt, lang, aber nicht zu lang. Neid stieg in mir auf. Ich war kleiner, hatte eine blöden Stupsnase, die ich über alles hasste und meine Lippen waren trocken und aufgesprungen. Während sie eine enge Jeans, ein enges T-Shirt und einen Cardigan trug, war ich nur mit Schlafshirt und -Hose bekleidet, die eigentlich nicht für andere Augen bestimmt waren. Mit ein wenig Genugtuung bemerkt ich, dass ihre Brüste verhältnismäßig klein waren und ihr Hals dafür etwas zu lang.
Anscheinend war auch sie mit dem was sie sah nicht ganz zufrieden. Nachdem ihr Blick eine Sekunde zu lang auf meiner Brust verweilt hatte, verdüsterte sich ihr Blick.

Anscheinend hatte auch sie ein Superhirn, da sich ihr Gesicht nach einem Blick auf Cem's Jacke um meine Schultern abrupt verfinsterte. Schließlich schaute sie demonstrativ weg und ging zu Cem. Für meinen Geschmack setzte sie sich etwas ZU nah neben ihn. Ich beobachtete die beiden skeptisch, bis ich mich schließlich auch bewegte und zu den anderen ging.

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Hey erstmal :)
Seit dem letzten Kapitel hat meine Geschichte ca. 50 Reads mehr bekommen! Jetzt sind es fast 400! Ich weiß garnicht wo die 50 Reads alle herkommen 😅 und dann in so kurzer Zeit... 🙄

Naja, genug davon. Eigentlich bin ich schon seit ein paar Tagen mit dem Kapitel fertig und Kapitel 17 ist auch schon geschrieben, aber ich hab lange hin und her überlegt welchen Namen ich "Alicia" gebe um konnte mich einfach nicht entscheiden 😁 ich hoffe ich bereue meine Entscheidung mit Alicia nicht irgendwann und ich hoffe auch, dass es euch gefällt ❤️
Danke fürs lesen ☺️

Eure Sarah ❤️

PS: nächster Teil kommt morgen 👍🏻

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