Ich schließe meine Augen und bin für einen kurzen Moment wieder 8 Jahre alt, lebe ein Leben voller Träume und Hoffnung. Kurz sitze ich bei meiner Oma in der Küche und sehe ihr beim Kochen zu, der Duft von Klößen und Rotkohl umhüllt mich. Ich sehe ihr Gesicht, die Falten, das Lächeln. Und dann frage ich mich: Warum kann sie nicht mehr da sein?
Meinen Opas schaue ich beim Kartenspielen zu. Es riecht nach Bier und Zigarrettenqualm. Ich höre ihr Lachen, ihre Freude. Ich spüren den Schmerz. Und die Frage, warum sie nicht mehr da sein können.
Zusammen mit meiner anderen Oma fahre ich Straßenbahn und singe "Alle meine Entchen". Das macht mir Spaß, die Leute in der Bahn klatschen und jubeln und Oma gibt mit Tic Tacs und lächelt und wir haben Spaß zusammen. Ich frage mich, warum wir so etwas nicht nochmal erleben können. Es tut weh. Sehr weh.
Mit meinen Hausaufgaben sitze ich vor Papas Bett. Er liegt da, zusammengesunken, so wie er immer in seinem Krankenbett liegt. Ich bin 8 Jahre alt. Sterben hat für mich noch keine Bedeutung. Tränen sammeln sich in meinen Augen. Und der Schmerz. Ich frage mich, warum er nicht bei mir sein darf.
Heute sitze ich mit meiner Mutter in der Küche. Erinnere mich. Mache Pläne für Papas Geburtstag, den er nicht feiern wird. Ich komme damit klar. Das ist mein Leben. Klar kommen. Hinnehmen.
Fertig.
Ich schließe meine Augen, bin 8 Jahre alt und sitze im Esszimmer meiner Oma. Sie sind alle da.
Und mir wird klar, dass Erinnerungen das Einzige sind, das man niemals loslassen wird.
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Lost in thoughts
PoetryManchmal sind Erinnerungen das Einzige, das uns in der Realität gefangen hält.