Teil 20

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Wir fuhren in die Innenstadt. Ich war schon lange nicht mehr in einem Club gewesen. Früher, bevor ich mit Linda zusammenkam und auch im ersten Jahr mit ihr, war ich oft mit Sam dort, wenn er alle acht Wochen nach einer neuen Frau Ausschau hielt. Mit der Zeit beschränkte sich seine Auswahl an Clubs jedoch immer weiter. Einmal hatte er sich an die Besitzerin eines Ladens rangeschmissen und sie nach acht Wochen wieder fallen lassen. Seitdem hatte er dort Hausverbot, ebenso wie in ein paar weiteren der Stadt. Doch die Stadt ist groß und so gingen wir in einen der Läden, die Sam noch betreten durfte.

Eigentlich hatte sich nicht viel geändert. Ich war älter geworden, dadurch wirkten die anderen Besucher jünger. Mich kannte keiner. Sobald ich das realisiert hatte, konnte ich mich frei auf der Tanzfläche bewegen und fühlte mich gut. Sam und ich hatten unseren Platz an der Bar. Dort trafen wir uns immer wieder, redeten über die Frauen und tranken.

Ich war alleine auf der Tanzfläche und tanzte mit mir, als sich ein Mädchen dazugesellte. Ich musste an Alex denken. Im Club war es recht dunkel, doch das, was ich von ihrem Körper sah, war atemberaubend. Sie kam mir nahe und küsste meine Wange. Wir tanzten miteinander, sie blickte mich an und ich wusste, ich hatte diesen Blick nicht oft in meinem Leben gesehen, aber ich wusste ganz genau, was er bedeutete. Sie nahm meine Hand und führte mich von der Tanzfläche weg in Richtung der Klos. Wir kamen von der schummrigen Tanzfläche in das grelle Licht der nackten Halogenlampen. Ihre Lippen suchten meine, ihre Hände wanderten über meinen Körper. Ich löste mich einen Moment und sah nun im hellen Licht das Gesicht einer 17jährigen. Höchstens. Mir fiel das Make-up in ihrem Gesicht auf, das ihr wahrscheinlich geholfen hatte, in den Club zu kommen. Sie drängte sich mir entgegen und ich hielt sie ab.

„Wie alt bist du?"

Verstört sah sie mich an.

„Ist das wichtig?"

„Ja, das ist wichtig, wie alt bist du?"

„21."

Sie sah auf den Boden, doch sie war zu neugierig und wollte sehen, wie ich reagierte. Meine Gedanken schossen quer. Einerseits wollte ich sie zusammenscheißen, ob sie sich im Klaren war, was sie da tat. Ob sie wusste, dass sie sich so nicht zu wundern brauchte, wenn sie an jemanden geriet, der sie nicht so behandelte, wie sie wollte. Und gleichzeitig wusste ich, ich war nicht ihr Erziehungsberechtigter. Also drehte ich mich weg und ging zurück.

„Bin ich dir zu jung? Du bist sowieso zu alt für mich. Alter Sack."

Alter Sack? Ist es mit Männern nicht wie mit Wein? Je älter, desto besser?

Sam saß nicht am Platz. Ich erspähte ihn in einer der lauschigen Sitzecken mit einem blonden Mädchen, das etwas eingeschüchtert in seinen Armen saß. Ich stieß mit mir selbst auf meinen Porno an, leerte das Glas in einem Zug und wollte gerade aufstehen, als sich Sam neben mich setzte.

„Na, erfolgreich?"

Er schüttelte den Kopf.

„Was ist passiert?"

Er schwieg und ich schielte zur Sitzecke, in der das Mädel nun alleine saß.

„Sie ist noch Jungfrau."

„Das ist doch gut. Also ich meine, für dich."

„Sie ist für keinen Sex vor der Ehe. Und sie ist nicht von ihrem Standpunkt abzubringen."

Damit konnte Sam nichts anfangen. Ich gerade auch nicht. Er sprang wieder auf.

„Die krieg ich schon noch rum."

„Mach keinen Scheiß."

Er war schon wieder in Richtung der Ecke verschwunden. Eine Frau kam lachend vom Klo und setzte sich zu mir an die Bar. Das Gesicht war voller Sonnensprossen und wenn das Licht mich nicht täuschte, hatte sie feuerrote Haare. Irgendwas musste sie wirklich belustigt haben, denn sie lachte so sehr und so süß, dass ich nicht anders konnte als mitzulachen. Ihr liefen vor Lachen Tränen aus den Augen und ich gab ihr ein Taschentuch, das sie dankend annahm. Sie beruhigte sich wieder und kam zu Atem.

Das Leben ist ein Erdbeben und ich stehe neben dem TürrahmenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt