Kapitel 2

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Um punkt 7 wurde das Licht wieder eingeschaltet und ich wurde wach. Ich nahm mir die immer gleiche orange Uniform und ging in den kleinen Nebenraum, der das Bad darstellte. Ich zog meine Uniform aus und ging duschen. Anschließend trocknete ich mich ab und zog die neue Uniform wieder an. Sie sahen immer genau gleich aus und alle Gefangenen trugen diese. Es war die gleiche Uniform, wie sie auch in anderen Gefängnissen getragen wurde, lediglich dass SHIELD Logo auf der Brust war anders. Dementsprechend sah sie auch nicht besonders toll aus, aber sie half den Agents uns sofort als 'Gefangene' zu erkennen, den die Agents trugen allesamt schwarze Uniformen. Als ich fertig angezogen war kämmte ich mir meine Haare durch und ließ sie mir offen über die Schultern hängen. So würden sie schneller trocknen, denn einen Föhn besaß ich nicht. Ich setzte mich wieder auf mein Bett und wartete bis Jenkins mit meinem Frühstück kommen würde. Um punkt 9 klopfte er. Ich stellte mich also wieder an die Wand, er kam rein, stellte es wortlos auf den Tisch und verschwand. Dann aß ich schnell dass einfache Frühstück, bestehend aus einer Scheibe Brot und ein wenig Marmelade und setzte mich anschließend mit der Flasche Wasser auf mein Bett. Jeden Morgen bekamen wir eine neue Flasche Wasser, die alte mussten wir dann wieder abgeben. Ich trank einen Schluck und stellte sie neben mein Bett. Schon oft hatte ich versucht, dass Wasser zu bändigen. Als ich auf Midgard ankam jedoch noch wesentlich öfters als in letzter Zeit. Trotzdem überkam mich ab und zu der drang es nochmal zu versuchen und ich konzentrierte mich auf das Wasser in der Flasche. Doch nie passierte etwas, lediglich meine Laune sank in den Keller und der Tag war für mich gelaufen. Meine Kräfte waren ein Teil von mir und ich vermisste sie schrecklich. Es war als würde etwas fehlen. Noch mehr aber fehlten mir meine Familie und meine Freunde. Durch die fehlende Ablenkung hatte ich auch mehr als genug Zeit um an sie zu denken und brach manchmal einfach in Tränen aus. Nichts lenkte mich hier davon ab, an sie zu denken. Gleichzeitig hatte ich aber auch Angst ich könnte sie vergessen, ihr Aussehen, ihre Stimme, ihr Verhalten. Was würde ich nur dafür geben, noch einmal zurück nach Asgard zu können und sie wieder zu sehen. Manchmal dachte ich sogar darüber nach, ob ich Odins Angebot nicht doch annehmen sollte. Immerhin könnte ich dann wieder zurück, aber war es das wert? Manchmal war ich mir da nicht mehr so sicher.

Nach dem Mittag essen wartete ich darauf, dass Jenkins mich abholen würde. Heute war wieder Training angesagt. Während ich auf ihn wartete las ich noch etwas. Es war ein Buch über die verschiedenen Kulturen der Erde. Vieles was ich über Midgard wusste, hatte ich durch Bücher gelernt. Da ich fast die ganze Zeit die ich auf Midgard war in Gefangenschaft verbracht hatte, war es so einiges. Trotzdem lernte ich immer wieder dazu. Besonders interessant fand ich ihre Geschichten über die nordische Mythologie. Sie wussten vieles über uns, aber genauso viel, dass nicht stimmte. Ich war Fury sehr dankbar, dass er mir die Bücher erlaubte. Der Leiter vor ihm hatte es mir nicht erlaubt und so musste ich einige Jahre ohne Bücher überleben. Fury war in vielen Dingen angenehmer als die früheren Leiter. Zum Beispiel hatte er einige der Experimente die mit mir gemacht wurden abgeschafft, dafür aber auch neue eingeführt. Zum Glück wusste keiner von ihnen dass ich mal das Element Wasser beherrscht habe, sonst gäbe es bestimmt noch mehr Untersuchungen.

Als es an der Tür klopfte legte ich mein Buch zur Seite und stellte mich an die Wand. Jenkins und Smith kamen herein und legten mir Handschellen an. Dann nahmen sie mich zwischen sich und führten mich zum Trainingsraum. Wir liefen durch die Gänge und kamen an einigen Agents vorbei, im Helicarrier war immer etwas los. Die meisten der Agents, darunter auch Smith und Jenkins, behandelten mich einfach wie Luft und redeten nur mit mir, wenn es unbedingt nötig war. Leider gab es aber auch nach Agents wie Harsen oder Coleman. Sie fanden es unglaublich lustig, mich fertig zu machen und bloßzustellen und da ich nun mal die Gefangene und sie die Wächter waren, konnte ich nicht mal etwas gegen sie sagen. Es sei denn ich wollte, dass sie mir wieder meine Bücher abnehmen oder mir das Essen reduzierten. Und dass wollte ich definitiv nicht. Harsen und Coleman würden jedoch erst nächste Woche wieder die Schicht übernehmen und solange hatte ich erstmals Ruhe vor ihnen. Wir kamen am Fitnessraum an und ich hielt mein Handgelenk vor ein kleines Plasmafeld. Die Gefangenen trugen alle einen kleinen Chip im Handgelenk, auf dem sämtliche Informationen über uns gespeichert waren und mit dem sie uns überall aufspüren konnten. Er diente sozusagen als Ausweis und als Peilsender gleichzeitig. Das Plasmafeld gab den Trainingsraum für mich frei und mir wurden die Handschellen abgenommen. Der Trainingsraum war nur mit Laufbändern, Boxsäcken und einigen Ausdauergeräten ausgestattet. Trainieren, wie ich es mit meinem Vater oder Loki in Asgard getan hatte, konnte ich hier nicht. Sie würden uns mit Sicherheit keine Waffen geben. Mittlerweile war ich im kämpfen wahrscheinlich eh ein wenig eingerostet, immerhin hatte ich es seit ein paar hundert Jahren nicht mehr gemacht. Ich lief sofort zu einem der Laufbänder herüber, stellte es passend ein und begann zu laufen. Die Geschwindigkeit würde sich langsam von selber steigern. Zwei der Gefangenen waren schon da, ich war die Nummer drei. Nach und nach wurden auch die anderen hergebracht und wir wurden von einigen Agents bewacht, die von den Wänden aus alles beobachteten. Einige Zeit lief ich still vor mich hin, bis Sam auf das Laufband neben mir ging.

„Hey Kleine.", begrüßte er mich.

„Hey, Sam.", grüßte ich. Ich wusste zwar, dass er ein Mörder war und ich ihm besser nicht vertrauen sollte, aber er war die einzige Person hier drinnen, zu der ich zumindest eine geringe Bindung hatte. Deswegen, ließ ich mich auch immer wieder auf die Gespräche ein. Lange waren diese meistens eh nicht, da die Agents nicht wollten, dass die Gefangengen sich unterhalten und nach ein paar Minuten dazwischen gingen. Wir könnten hier ja einen Putschversuch planen.

„Smith soll gehen, habe ich gehört. Weißt du da was?", fragte er.

„Davon höre ich gerade das erste Mal. Also ich weiß nichts davon. Hoffentlich ist das nur ein Gerücht. Smith ist einer der wenigen, die uns nicht wie den letzten Dreck behandeln.", sagte ich. Es wäre wirklich schade wenn er geht. Wahrscheinlich würde ich bei meinem Glück noch so einen Agent wie Harsen oder Coleman bekommen. Ich seufzte, das könnte ja lustig werden.

„Ach Kleine. Du weißt doch, dass wir es verdient haben. Wir waren böse Jungs und müssen für unsere Taten bestraft werden. Aber irgendwann werden sie es zurück bekommen und ich werde ihm sein verschissenes Herz raus reißen.", sagte er grinsend. Ich hasste es wenn er so war. Es jagte mir jedes Mal einen Schauer über den Rücken.

Ich schluckte einmal und sagte: „Du hast es vielleicht verdient, aber ich habe nichts gemacht. Ich kann doch nichts dafür dass ich länger lebe und langsamer altere als ihr." Bei Sam musste man vorsichtig sein. Er war zwar so immer ziemlich nett zu mir, aber wenn man was falsches sagte konnte er auch schnell ungemütlich werden. Er lachte jedoch nur.

„Dann ist es ja eigentlich noch unfairer. Ich bin ein Mörder, ein Verräter und ein Mitglied Hydras. Ich habe Dinge getan, die du dir nicht mal in deinen kühnsten Träumen vorstellen könntest und trotzdem wirst du wesentlich länger hier einsitzen. Ich sterbe in ein paar Jahren und bin wieder frei, du aber wirst noch ein paar Jahrhunderte hier drin hocken und das nur, weil du langsamer alterst. Jetzt sagt mir nochmal einer, SHIELD würde zu den Guten gehören.", sagte er und setzte das 'zu den Guten' mit einer Geste in Anführungszeichen.

„Vielleicht lassen sie mich ja irgendwann gehen.", sagte ich hoffnungsvoll, auch wenn ich eigentlich nicht wirklich daran glaubte. Seit 419 Jahren war ich schon nicht mehr draußen gewesen, seit 419 Jahren hatte ich schon nicht mehr den Mond und die Sonne gesehen. Und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich würde es nicht vermissen.

„Das glaubst du doch selbst nicht.", sagte Sam und fing laut an zu lachen. Sofort kamen zwei der Agents auf uns zu.

„Hier wird nicht geredet, verstanden? Oder ihr kommt wieder zurück in die Zelle.", sagte Agent Archer. Den anderen Agenten kannte ich nicht.

„Ja.", antwortete ich sofort höfflich. Ich wollte es nicht riskieren, dass ich zurück in die Zelle musste, immerhin hatte ich noch fast anderthalb Stunden im Trainingsraum übrig. Auch Sam blieb höflich. Man sah ihm zwar an das es ihm schwer viel, aber er wollte wohl auch nicht zurück in die Zelle.

Nachdem die Agents weg waren, lief ich noch eine Weile schweigend vor mich hin und wechselte dann das Gerät. Nach anderthalb Stunden kamen Smith und Jenkins zu mir, legten mir die Handschellen wieder an und brachten mich zurück in meine Zelle.



Remember me (Avengers ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt