Die rechte Hand

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Nachdem Lilith den letzten Ton gespielt hatte, öffnete sie ihre Augen und stellte zu ihrer Verblüffung fest dass alle Blicke auf Elias und sie gerichtet waren.

Im ganzen Saal war es mucksmäuschen still.
Nicht einmal ein Räuspern war zu hören.

Sie war nicht gewohnt derart im Rampenlicht zu stehen, die verhielten sich ja schon beinahe so als ob sie noch nie jemanden Geige oder Klavier hatten spielen sehen.

Mal ganz abgesehen davon dass bereits den gesamten Abend ein ganz hervorragendes Streichorchester auf dieser Bühne gespielt hatte und sich quase niemand die Mühe gemacht hatte auch nur in dessen Richtung zu sehen.

Als auch Elias seinen letzten Ton gespielt hatte verbeugte Lilith sich also rasch und sah dann zu dass sie, so schnell es in ihr Kleid eben erlaubte, von dieser Bühne runter kam.

Das fehlte ihr jetzt noch, vor der versammelten Elite des Landes auf dem Hintern zu landen, das wäre doch sicher ein krönender Abschluss.

Sie wollte die Geige gerade ihrem ebenfalls verblüfft wirkenden Besitzer zurückgeben, als jemand anfing zu klatschen und innerhalb weniger Augenblicke setzte der gesamte Saal mit ein.

Und entgegen all ihrer Vorsätze genoss sie es irgendwie.

Lilith war noch sehr jung, als sie das erste mal eine Geige in der Hand hielt.

Sie konnte sich nicht mal mehr daran erinnern, doch wusste sie noch dass sie damals manchmal Nächte lang wach lag und sich vorstellte dass sie vor einem richtigem Publikum spielen würde.

Lilith malte sich aus dass die Leute von ihrer Musik regelrecht ergriffen wären, einige vielleicht sogar zu Tränen gerührt.

Doch so war es nie gekommen, denn diese Welt brauchte nicht noch einen Musiker der das Volk schlussendlich doch nur von all den Missständen im Land ablenken sollte.

Die Leute brauchten jemanden der kämpfte. Für sie kämpfte. Für ihre Freiheit. Sie brauchten jemanden wie Black Arrow.

Doch vielleicht würde Lilith ihren Traum irgendwann ja trotzdem verwirklichen.

Vielleicht wenn das alles hier ein Ende gefunden hatte und sie dieses Land ohne Bedenken und ohne schlechten Gewissens verlassen konnte.

Dann vielleicht könnte sie sich der Musik vollständig widmen und endlich wahrhaftig frei sein.

Für's erste aber ließ Lilith das Lob und die Komplimente mit denen Elias und sie geradezu überschüttet wurden über sich ergehen.

Als der Andrang an Bewunderen endlich wieder abebbte trat Cassandra auf sie zu.

"Ruler Almont bat mich auf dich zu warten, um dich zum Ratstreffen zu begleiten."

Dann hatte Daniel ihren Auftritt also nicht mehr mitbekommen. Wahrscheinlich besser so.

Das nahm sie zumindest an.
Aber viel interessanter war doch das gleich ein Treffen des kleinen Rates stattfinden würde und sie war dazu eingeladen.

Da soll doch noch einer behaupten es gäbe keine Wunder mehr.

Lilith folgte Cassandra aus dem Himmelssaal und einige mit Kunstwerken geschmückte Korridore entlang.

Aus reiner Gewohnheit prägte sie sich den Weg ein, falls sie schnell würde verschwinden müsse.

Links.....rechts......links......links......rechts.

Man sollte sich in jeder Lebenslage immer einen geeigneten Fluchtweg freihalten, man wusste schließlich nie wann man ihn würde gebrauchen können.

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