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"Leyla, wenn du nicht sofort deinen Arsch hier her bewegst fahre ich ohne dich!", brüllt Zeki von unten.

Da ich aus Erfahrung weiß, dass er wirklich ohne mich geht, schmeiße ich meine Wimperntusche schnell in den Schrank und schnappe mir den Kamm, um mir im Auto die Haare zu kämmen.

Schnell noch in die Sneakers geschlüpft, Tasche und Jacke mitgenommen und los.
Im Flur gebe ich Mama und Papa noch schnell einen kurzen Kuss auf die Wange, während ich von Mama einen Donut, einen Apfel und Geld für Essen in die Hand gedrückt bekomme.

Vor der Haustür höre ich schon den Motor, weshalb ich nur noch "Tschüss" rufe und dann so schnell wie möglich zur Beifahrerseite haste.

"Glück gehabt", murmelt Zeki nur.
"Ich hab dich auch lieb Bruderherz."
"Solltest du auch. Dank mir musst du nicht Bus fahren."

Ich verdrehe die Augen worüber er lacht. Meistens kann er sogar lieb sein.

"Auf in die Hölle", raunt Zeki mir zu, als wir zusammen auf die Schule zulaufen.
"Bei dir ist es immerhin das letzte Jahr, ich hab noch zwei."

Wie gewöhnlich lacht er mich aus und steuert dann auf unsere Freunde zu. Wir sind ja nur ein gutes Jahr auseinander, da haben wir mit den gleichen Leuten zu tun.
Heute steht aber jemand unbekanntes neben Luka.
Noch bevor ich fragen kann, erklärt der auch schon: "Das ist Noah, ein Kumpel von mir. Er ist an unsere Schule gewechselt."

Mein Bruder nickt nur. "Zeki."
Wow, so gesprächig. Dafür legt er jetzt seinen Arm auf meiner Schulter ab.

"Ich bin Leyla. Wieso bist du gewechselt?"

"Bin von der Schule geflogen", grinst Noah nur.

Bevor ich fragen kann wieso, klingelt es aber schon und alle machen sich auf den Weg zu ihrem Klassenzimmer.
Am ersten Schultag ist es bei uns üblich, dass man in den ersten zwei Stunden nur Stundenpläne und Organisatorisches bekommt und danach noch ein ökumenischer Gottesdienst stattfindet.
Jetzt in der Oberstufe bekommen wir statt Stundenplänen nur die Räume und Zeiten der Kurse gesagt, weil ja jeder was anders gewählt hat.

Ich vergleiche meine Stunden mit denen von meinen Freunden.
Ich hab mit Noah, June und Vincent, mit dem ich aber nicht so viel zu tun habe,
Chemie, Physik und Biologie,
Englisch und Deutsch mit Luka und Alva, im Mathe-Kurs ist niemand von meinen Freunden und Kunst und Sport haben wir alle gleichzeitig, wir wählen da am Anfang nur Projekte beziehungsweise Gruppen bei denen wir mitmachen wollen. In diesen zwei Fächern können wir auch mit den Zwölften zusammenarbeiten.

Da wir am ersten Schultag eh nicht viel machen, vergeht die Zeit auch relativ schnell und so sitzen wir Mädels jetzt in unserem Stammcafé und unterhalten uns; die Jungs hatten keine Lust, keine Ahnung wo die sich schon wieder herumtreiben.
Alle erzählen von den Ferien, aber schnell haben wir ein neues, interessanteres Thema:
Noah

"Er sieht ja schon ziemlich gut aus", meint June.

Ich stimme zu, aber Alva und Franzi stehen eher auf blonde Jungs.

"Was denkt ihr wieso er von der Schule geflogen ist?" Die Frage schwirrt mir schon den ganzen Tag durch den Kopf.

"Keine Ahnung. Ich hoffe nur, dass er kein Aufreißer oder Assi ist. Auf sowas kann ich verzichten." Damit spricht Jenny das aus, was wir alle denken.

"Ne glaub ich sowieso nicht, er sieht nett aus."

Die Zeit vergeht und nachdem mich Franzi mitgenommen hat, gammel ich jetzt mit meinem kleinen Bruder Faruk auf dem Sofa und wir schauen irgendwelche Kinderfilme; er ist ja erst neun.

Kurz vor meinen Eltern kommt dann auch Zeki nach Hause und berichtet stolz wie er Noah, Luka und Thies beim Zocken fertig gemacht hat.
Er ist zwar schon 18, benimmt sich aber wie die anderen Jungs manchmal wie ein 15-jähriger.

"Und wie war der erste Tag?", will Mama wissen.
Faruk erzählt begeistert von seiner neuen Lehrerin und seinen Freunden und allem Möglichen, während Zeki und ich nur unser Essen runterschlingen.

"Und bei euch zwei?" Verdammt.

"Wir haben nen Neuen." Das ist alles was Zeki dazu sagt, gesprächig wie immer. 'Wenn ich ess, dann ess ich!' meint er immer. Da jedem klar ist, dass da nicht mehr viel kommt,mache ich weiter.

"Er heißt Noah, ist in der Zwölfzen und ist jetzt bei uns an der Schule weil er von seiner alten geflogen ist."

"Wieso das denn?", will Papa jetzt stirnrunzelnd wissen, worauf ich nur mit den Schultern zucke. Als Anwalt ruft das scheinbar seinen Gerechtigkeitssinn hervor.

"Aber er ist sympathisch."

Wird aus Freundschaft Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt