Eine stille Nacht

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Entsetzt riss ich die Augen auf und blinzelte um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Es war nur ein Traum. Nur ein Traum. Mein Herz raste und mir rinn der Angstschweiß von der Stirn.
Nur ein Traum, Black. Nur ein Traum.
Ich fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht und zog fest an meinen Haaren, damit ich mir auch wirklich sicher bin, dass ich wach bin. Ihr Schrei hatte mich bis ins Mark getroffen und dass obwohl er nur in meinem Traum stattfand. Er ertönte immer wieder in meinem Kopf. Dieser verzweifelter Schrei nach Hilfe. So schrill, so von der Angst besessen war er gewesen.
Ich musste mich wieder mit ihr versöhnen. Wie sollte ich sie denn sonst beschützen? Ich habe es ihr und mir selbst versprochen. Ganz egal wie lange es dauert, ich werde sie zurückgewinnen. Ob es nur ein paar Tage dauert, ein paar Wochen oder Monate. Ich werde nicht aufgeben bis ich sie wieder habe. Wie sollte ich auch? Wie um Himmels Willen sollte ich dieses Mädchen je vergessen? Gar nicht. Sie regt zu starke Gefühle in mir an um sie aufzugeben. Gefühle die ich nicht mal bei Anna empfunden hatte. Es ist als wären wir mit einem unsichtbaren Band miteinander verbunden. Ihre Seele mit meiner und wenn sie dieses Band zerreißt, dann zerreißt sie meine Seele und trägt sie bis zu ihrem Tod mit sich. Dann wäre ich nur noch eine Fleischhülle ohne Leben.
Diese Verbindung, welche zwischen uns herrscht ist unübersehbar. Ich weiß, dass Skyler sie auch spürt. Wie wir uns wie zwei Magnetpole anziehen und uns so verschieden aber gleichzeitig so gleich sind. Uns trotz Abstand noch immer so nahe sind. Verbunden durch unsere Herzen, Seelen und unseren Verstand. Ja, ich lehne mich so weit vor behaupten zu können, das wir sogar im Schlaf vereint sind. Dieses Mädchen hat mir komplett den Kopf verdreht und mich im Sturm erobert. Ihr Verstand, welches cleverer und reifer als manch Erwachsener ist, ihre Stärke, ihre Kälte welche nur dazu dient ein gutmütiges Herz vor den Falschen zu verstecken und ja sogar ihre große Klappe und ihre Zurückgezogenheit hatten mich umwerbt.

Ich stand ganz durch meine Gefühle benebelt schwankend auf und schlich mich ins Bad. Ich drehte den Wasserhahn auf und wusch mir das Gesicht. Ich schaute auf und sah in das bleiche Gesicht vor mir. Tiefe Augenringe lagen um meine blut unterlaufenen Augen und meine Haut wirkte durch die Blässe ungesund. Insgesamt sah ich ziemlich ungesund aus, als wäre ich schwer krank. Das war ich ja auch. Ich litt an Besessenheit und an gebrochenem Herzen.
Regungslos betrachtete ich mich selber im Spiegel. Seit wann ließ ich mich so von einem anderen Menschen fertigmachen? Seit wann bin ich so weich, dass ich von ineinander verstrickten Seelen spreche?

Seitdem du dir deine Gefühle bewusst geworden bist und sie nicht mehr verleugnest.

Stimmt. Ist es denn überhaupt schwach sich mit solchen Gefühlen auseinanderzusetzen? Beweist das nicht eine Art von Stärke wie ich sie bis jetzt noch nie gehabt hatte? Ich wusste es nicht. Ich wusste rein gar nichts mehr außer nach was sich mein Herz gerade sehnte. Nach ihr. Wie immer.

Ich schlich mich zurück ins Zimmer und sah nach der Uhrzeit. Es war vier Uhr morgens und ich würde mit Sicherheit keinen Schlaf mehr finden. Ich zog mir etwas wärmeres an und verschwand samt Zigaretten nach draußen. Alles lag im Stillen und der Vollmond strahlte durch die Nacht, wofür ich ausnahmsweise dankbar war. Schließlich wollte ich nicht in einer mir fremden Stadt komplett im Dunkeln stehen. Ich stellte mich in eine Ecke und zündete mir eine Kippe an. Ich spürte wie bei der Wirkung der Zigarette mein Puls im Vergleich zu vorher ruhiger wurde - aber trotzdem noch immer in hellster Aufregung.
Ich zog tief die kalte Nachtluft in mir ein und blickte um mich. Wie bereits erwähnt, lag alles im Stillen und niemand war auf den Straßen. Wir befanden uns nicht mitten im Stadtzentrum sondern eher etwas abgelegener. Ich fixierte die Häuser vor mir mit solch einer Starrsinnigkeit, dass man als Außenstehender glauben würde, ich wäre eingefroren. Die Gedankenlosigkeit brach über mich herein, wofür ich ebenfalls dankbar war. Mit dieser konnte ich umgehen. Diese würde mich nicht quälen und mich ständig in tausend Fetzen zerreißen. Es würde nämlich nur eine stille leere in mir geben und mich meine Schmerzen vergessen lassen.

Burning HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt