SIEBENUNDZWANZIGSTES KAPITEL

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Nachdem unsere Lippen lange aneinander klebten, löste ich mich von ihm und zog mich etwas zurück, als er es wieder versuchen wollte. Er vergrub sein Gesicht in meiner und hinterließ einen Kuss auf meinem Dekolleté. Ich löste mich ganz von ihm und setzte mich so auf seinen Schoß, dass mein Gesicht nicht mehr zu ihm gewandt war sondern zum Laptop. Er legte seinen Arm um meinen Bauch und drückte mich zu sich. "Was ist also genau passiert, dass du wie ein Verrückter rumgebrüllt hast?", fragte ich ihn letztendlich und sah mir die offenen Daten auf seinem Laptop an. Gökhan seufzte und nahm einen vollen Ordner in die Hand. "Wenn wir uns jetzt auch nur einen Fehler erlauben, wird uns die Konkurrenz aufholen. Wenn das passiert, werden alle 63 Angestellte bald arbeitslos." , "Und wie konnte es so weit kommen?" , "Das frage ich mich auch. Wir bekommen Aufträge, die wir normalerweise in innerhalb von drei Tagen fertig haben. Jetzt brauchen wir fast eineinhalb Wochen! Das bedeutet, dass uns die Aufträge davongehen. Die Leute suchen sich andere Firmen, die es schneller hinbekommen." , "Ihr steht also sozusagen kurz vor der Pleite?", fragte ich ihn direkt und beobachtete, wie er einen Vertrag unterschrieb. "So sieht es aus.", sprach er leise aus. Ich drehte mich wieder zu ihm und nahm sein Gesicht zwischen meine Hände. "Dieses Unternehmen hat meines Wissens nach schon eine Menge überlebt Gökhan. Auch das wird es überleben. Du darfst jetzt nur nicht aufgeben. Geh anders mit deinen Angestellten um. Mach sie auf ihre Fehler aufmerksam und versuch Ihnen zu zeigen, wie es richtig geht." , "Das kann ich aber nicht Dilek. Ich bin es gewohnt, dass alles direkt beim ersten Mal gut und richtig läuft." , "Du kannst das. Ich werde dir dabei helfen." Er sah mit hochgezogener Augenbraue zu mir auf und ging sich mit der Hand durch die Haare. "Du musst selber arbeiten Dilek. Ich will nicht, dass du dich überarbeitest." Was anderes konnte ich von ihm nicht erwarten, so fürsorglich wie er war. Lächelnd gab ich ihm einen Kuss. "Ich werde mir Urlaub nehmen. Mit Sarah kann ich sowieso erstmal nicht arbeiten.", erklärte ich ihm. Fragend sah er mich an. "Es ist wegen mir oder?", hackte er nach. Ich schüttelte meinen Kopf und starrte auf seine Unterlagen, nur um ihm nicht in seine Augen blicken zu müssen. "Es tut mir leid.", entschuldigte er sich plötzlich. "Wofür entschuldigst du dich?" Eine Weile blieb er still, bis er meinen Kopf in seine Richtung drehte und mich zwang ihm in die Augen zu schauen. "Für meine Vergangenheit, denke ich mal.", antwortete er mir und ließ seine Lippen wieder auf meine sinken. Ich schloss meine Augen und genoss diesen Moment.

Ich saß jetzt gegenüber von Gökhan und ging mit ihm die Aufträge allein für diesen Monat durch. Immer wieder tauschten wir uns aus, wie was besser gemacht werden konnte und notierten alles. Die Angestellten sollten es später dann richtig korrigieren und neu ausdrucken.

Während wir die Verträge einzeln, jeder für sich, durchgingen war alles in Ordnung, bis Gökhan plötzlich wieder anfing nach einer seiner Angestellten zu brüllen. Seufzend ließ ich meinen Kopf auf den Tisch fallen. Seine persönliche Sekretärin trat ein und fragte, wen sie zu ihm rufen sollte. "Niemanden!", antwortete ich jetzt streng für ihn und sah dabei tief in Gökhans Augen. Als die Tür wieder zuging, fing ich an weiterzureden. "Gökhan was habe ich dir vor zwei Stunden erklärt? Wieso musst du so streng zu allen sein?", zischte ich. Er sah sehr wütend aus und hatte sein Kiefer angespannt. "Nichts, wirklich nichts läuft gut in letzter Zeit! Ich will mehr Disziplin, Konzentration und Fleiß! Wir bezahlen diese Angestellte nicht, damit sie uns untergehen lassen!" , "Hör auf zu schreien Gökhan!", wurde ich ebenfalls laut und stand von meinem Platz auf. "So erreichst du noch viel weniger!" , "Sag du mir nicht wie ich was machen soll! Ich weiß sehr gut, was zutun ist!" , "Ja klar. Jeden nacheinander kündigen.", lachte ich auf und verschränkte meine Arme vor der Brust. Plötzlich stand er von seinem Platz auf und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Grob nahm er mein Kinn in seine Hand. "Mir werden die Angestellten nie zu wenig werden Dilek. Siehst du diese ganzen Mappen?" Er drehte meinen Kopf in die Richtung eines überfüllten Regals. "Das sind alles Bewerbungen. Es warten viele auf eine freie Stelle hier." Seine Stimme klang arrogant. Genervt löste ich mich von ihm und sah ihm in die Augen. "Gut, dann brauchst du meine Hilfe ja nicht.", sagte ich bloß und griff nach meiner Tasche. "Hier nicht, nur war der Moment vorhin wirklich süß, dich so konzentriert in meinem Büro arbeiten zu sehen. Du hast es hier vermisst. Du hast diese Arbeit vermisst Dilek.", stellte er für sich fest und legte seine Hand an meine Wange. Dieser Mann hatte definitiv Stimmungsschwankungen! "Trotzdem kannst du dir Urlaub nehmen oder noch besser direkt kündigen.", schlug er ernst gemeint vor. "Es wird gleich eine Konferenz geben, in der ich all meine Angestellte anbrüllen werde. Lust dabei zu sein?", grinste er mich nun an und lachte, als ich ihm einen bösen Blick zuwarf. "Sobald du dieses Gebäude betrittst, wirst du zu einem viel zu strengen und einschüchternden Chef." Ernst sah ich ihn an. "Das war immer mein Ziel.", hauchte er dicht an meine Lippen. Er wollte mich gerade küssen, doch ich drückte ihn von mir weg. Im selben Moment ging die Tür auf und Dogan trat ein. Was machte er denn hier?
Sein Blick fiel von Gökhan direkt auf mich und ein breites Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. Er kam auf mich zu und umarmte mich bevor er Gökhan einen Handschlag gab. "Was treibt ihr zwei im Büro hinter verschlossener Tür?", fragte er und grinste noch breiter. Ich merkte, dass ich rot wurde und sah aus diesem Grund schnell weg. Gökhan lachte nur. "Wenn die Tür verschlossen wäre, könntest du mein Büro nicht so einfach betreten.", entgegnete Gökhan ihm und setzte sich wieder an seinem Schreibtisch. Dogan setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Gökhan, auf dem ich zuvor saß, und überreichte ihm einen Ordner. "Was soll ich damit?" Gökhan sah sich den Ordner an und wartete auf eine Antwort von Dogan. Mittlerweile saß ich auf der Couch etwas weiter weg von den beiden. "Diese Aufträge sind bereits fertig.", meinte Dogan. "Es wird wieder Gökhan. Hör auf dich selber so zu stressen. Wir haben 21 Uhr, fahr nach Hause. Du hast zwölf Stunden durchgearbeitet. Außerdem wartet deine Freundin sehnsüchtig auf dich.", versuchte Dogan ihm einzureden. Kurz sah Gökhan zu mir und lächelte, dann sah er zu seinem besten Freund. "Kannst du sie mitnehmen und bei mir Zuhause absetzen?", bat er Dogan, der ohne zu zögern bejahte. Dogan stand von seinem Platz auf und sah zu mir, was heißen sollte, dass ich aufstehen sollte. Ich schüttelte demonstrativ meinen Kopf. Ich werde ohne Gökhan nirgendwo hingehen. "Ich bleibe.", protestierte ich. "Dilek steh auf und geh mit. Ich werde nachkommen.", befahl er mir ohne den Blick einmal von seinem Ordner zu heben. "Ich bleibe!" Ich blieb standhaft und dies verstand Dogan schnell. Er verabschiedete sich und ging dann aus dem Büro. Während Gökhan also weiterarbeitete, beschäftigte ich mich mit meinem Handy und schrieb in die Gruppe. Asli, Sevgi, Gül, Ezgi und ich hatten nämlich eine Gruppe.

Gefangen von der Liebe...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt