VIERUNDVIERZIGSTES KAPITEL

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Blinzelnd öffnete ich meine Augen und musste mich erst einmal orientieren. Ich setzte mich auf und sah auf die Person, die neben mir lag. Gökhan. Er lag auf dem Bauch und hatte sich an sein Kissen festgekrallt. Lächelnd blickte ich in sein schlafendes Gesicht und beugte mich zu ihm, um ihm einen Kuss auf seinen nackten Rücken zu geben. Sofort legte sich seine Hand auf meine Wange und er zog mich zu sich. Er legte seine Lippen auf meine und wir verweilten für einige Sekunden so, bis uns sein Handy unterbrach. Genervt stöhnte er auf und löste sich von mir. Mit der anderen Hand griff er nach seinem Handy auf der Kommode und legte es sich ans Ohr. "Gökhan Demirbas.", sprach er in den Hörer und fing ein Gespräch mit der Person an. Dabei setzte er sich auf und ging sich einmal durch die Haare. Ich zog mich zurück und verschwand im Badezimmer, um mich zu duschen.

Ich kam gerade mit einem Handtuch aus dem Badezimmer, als Gökhan anklopfen wollte. Grinsend sah er zu mir und kam mir näher. Mein Herz klopfte sofort schneller. Ich hatte ihn so sehr vermisst. Ich hatte das Herzklopfen in seiner Nähe vermisst, seine Augen, sein Grinsen, dein Duft und vor allem seine Berührungen. "Geht es dir gut?", wurde er plötzlich ernst und starrte auf meine Schrammen im Gesicht. Ich lächelte und nickte bloß. "Gut. Ich muss gleich kurz auf die Arbeit, werde aber in einer guten Stunde zurück sein.", informierte er mich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Was ist mit Frühstück? Hast du keinen Hunger?", wollte ich wissen und sah ihn mit großen Augen an. "Du etwa? Ausgepowert?", zwinkerte er mir zu und mir stieg sofort die Röte ins Gesicht. Lachend ging er an mir vorbei ins Badezimmer, drehte sich dann aber nochmal zu mir. Total unerwartet zog er mir mein Handtuch weg, das ich mir um den Körper gebunden hatte, und analysierte jeden einzelnen Körperteil. Schockiert stand ich da erstmal, ging dann aber schnell auf ihn zu, um ihm das Handtuch wieder wegzunehmen, erfolglos. "Gökhan!", schimpfte ich und lachte nicht mal ansatzweise dabei. Plötzlich zog er mich an der Hand zu sich und drückte mich an sich. Seine Hand lag dabei auf meinem nackten Rücken. "Du brauchst dich vor mir nicht zu schämen Dilek. Ich habe alles bereits öfter gesehen und alles an dir ist einfach perfekt." Dabei hinterließ er einen Kuss an meinem Hals und entfernte sich dann von mir. Er zog sich vor meinen Augen seine Boxershort aus und stieg unter die Dusche. Ich fing mich schnell wieder und verließ ohne weiteres das Badezimmer.

"Bis später.", rief Gökhan mir zu und verließ das Haus. Nun war ich ganz allein und hatte immer noch meine Kleidung von gestern an. Meine Unterwäsche hatte ich mit der Hand gewaschen und trocknen lassen, da in diesem Haus wirklich gar nichts mehr von mir war. Nicht einmal eine kleine Spange. Also entschied ich mich meine Tasche von oben zu holen und zu Asli zu gehen.

Gesagt, getan. Zwanzig Minuten später stand ich bei ihr vor der Tür und klingelte an. "Dilek! Da bist du ja!", fiel sie mir gleich um den Hals und zog mich mit rein. Lachend sah ich sie an, als sie wieder von mir abließ. "Gül hat mir schon erzählt, wo du die Nacht warst.", wurde sie ernster und lächelte mich ehrlich an. Ich nickte und musste unwillkürlich lächeln, wenn ich an die Nacht dachte. Es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl endlich wieder neben dem Mann, den man liebt, aufzuwachen und als erstes in sein Gesicht blicken zu können. Diese Tatsache machte mich unglaublich glücklich. Grinsend biss ich mir in die Unterlippe und sah zu Asli, die mich neugierig beäugte. Als sie mein Grinsen wahrnahm, weiteten sich ihre Augen und ihr Mund öffnete sich. "Das war sowas von klar, dass Gökhan nicht die Finger von dir lassen konnte.", verdrehte sie die Augen und hielt sich schwer zurück, um nicht laut loszulachen. "Es wundert mich überhaupt, dass er dich heute losgelassen hat. Ich dachte, dass er dich überhaupt nicht mehr loslässt, wenn ihr euch versöhnt.", grübelte sie nach und tat so, als würde sie nachdenken. "Gökhan musste dringend auf die Arbeit und wollte in einer Stunde zurück sein." , "Und wieso bist du nicht geblieben und hast gewartet?" , "Asli in diesem Haus findest du nicht einmal mehr eine Kleinigkeit von mir. Ich muss mich dringend umziehen." , "Soll ich dir deine vielen Koffer dahin bringen?", fragte sie mich und wartete nicht mal eine Antwort ab. "Zieh dich um, dann fahren wir." , "Aber Asli ich weiß doch gar nicht, ob er das so möchte." , "Ist das dein Ernst Dilek? Ihr seid immer noch verheiratet, habt euch versöhnt, aber wie ihr euch versöhnt habt.", zwinkerte sie mir zu und grinste breit. "Glaub mir, das ist auch in Gökhans Sinne.", sagte sie dann wieder mit einem ehrlichen Lächeln. Ich nickte daraufhin nur und ging mich im Gästezimmer umziehen.

"Asli könnten wir die Koffer nicht erstmal im Auto lassen?" Unsicher sah ich sie an. "Wenn du es so möchtest.", meinte sie nur und stieg mit mir aus. Vor der Haustür blieben wir stehen und klingelten erstmal an. Eine etwas ältere Dame, in Dienstkleidung gekleidet, öffnete uns die Tür und lächelte und freundlich an. Verwirrt sah ich zu ihr und dann kurz zu Asli. Gerade wollte die ältere Dame ihren Mund öffnen, als ein erleichterter Gökhan hinter ihr auftauchte und mich sofort zu sich zog. "Wo warst du? Ich hatte doch gesagt, dass ich in einer Stunde wieder da sein würde.", flüsterte er mir zu und hinterließ einen Kuss auf meinen Kopf. "Hallo Asli. Kommt rein.", begrüßte er Asli und ließ uns dann rein. "Zoey es ist okay. Du kannst für heute Schluss machen.", wendete er sich an die ältere Dame, die gerade Getränke auf den Tisch gestellt hatte. Sie nickte lächelnd und verschwand, nachdem sie sich kurz verabschiedet hatte. Wieso hatte er ein sie eingestellt?, schoss mir die Frage durch den Kopf und ich sag nachdenklich zu ihm, während er sich mit Asli über Baris unterhielt. "Baris müsste gleich auch wieder Zuhause sein. Ich wollte eigentlich nur-" Schnell sah ich zu Asli und sah sie warnend an. Sie sollte nicht erwähnen, dass sie meine Koffer bei sich im Auto hatte. Irgendwie wollte ich nicht einfach wieder mit meinen Koffern hier stehen, nicht bis er mich gefragt hatte. Gökhan sah von Asli zu mir und zog seine Augenbrauen zusammen. Er merkte, dass etwas nicht stimmte. "Was wolltest du Asli?", hackte er nach, ohne den Blick von mir zu wenden. "Ich wollte nur Dilek hierhin fahren." Plötzlich sah Gökhan an mir herunter und runzelte die Stirn. "Du hast dich bei Asli umgezogen. Wo ist deine ganze Kleidung?", wollte er von mir wissen und durchbohrte mich mit seinen fesselnden eisblauen Augen. "Bei mir.", antwortete Asli für mich und bekam ein Nicken von Gökhan. "Dann holen wir deine Sachen bei Asli ab.", sagte er fest entschlossen und stand auf einmal auf. Irgendwie war mir diese Situation unangenehm, da ich ganz genau wusste, dass meine Koffer in Aslis Auto waren. "Stimmt etwas nicht?", fragte er genervt nach und seufzte hörbar. Mit hochgezogener Augenbraue sah er zu mir. "Ich habe bereits Dileks Koffer mit dabei. Ihr war es aus irgendeinem Grund unangenehm damit hier aufzutauchen. Ich trage die Koffer mal rein.", verließen die Worte Aslis Mund und ich sah sie entgeistert an. Hatte sie das alles gerade wirklich so offen gesagt? Mein Mund stand offen und mir stieg die Röte ins Gesicht. Dabei spürte ich Gökhans stechende Blicke auf mir. Nachdem Asli zu ihrem Auto gegangen war, kniete sich Gökhan zu mir runter und platzierte seine großen schönen Hände auf meine Oberschenkel. "Dilek ich dachte uns beiden ist nach gestern klar, dass du hier, bei deinem Ehemann, wieder einziehen wirst." Ich schwieg und sah ihm einfach nur in die Augen.

Durch Asli wurde unser Blickkontakt unterbrochen, denn Gökhan sah ihr zu, wie sie mühevoll den ersten Koffer reintrug. "Wir reden gleich.", meinte er bloß und ging Asli hinterher. Auch ich stand seufzend auf und half den beiden. Dabei bemerkte ich wie kraftlos ich war und auch die andern beiden bemerkten dies, doch statt zu lachen, sah Asli besorgt zu mir und Gökhan nachdenklich und besorgt. Ich blieb stehen und sah fragend zu den beiden. "Wieso sieht ihr mich so an?", wollte ich wissen. "Sorg dafür, dass sie gesünder aussieht Gökhan!", meinte Asli auf einmal mit kühler Stimme an ihn gewandt, kam dann auf mich zu und verabschiedete sich von mir. Verwirrt sah ich ihr hinterher, wie sie einstieg und losfuhr. Gökhan kam auf mich zu, nahm mir den Koffer ab und zog mich an der Hand mit rein. Kaum waren wir im Haus, zog er mich eng an sich und sah mir fest in die Augen. "Es tut mir leid Dilek.", hauchte er reuevoll und strich mir mit dem Daumen über die Unterlippe. "Wovon sprichst du?" , "Die letzten Wochen. Ich war ein riesiges Arschloch. Du hast schon genug gelitten und ich habe-" Er brach ab und spannte sich plötzlich an. "Ich hätte vor allem nachdem ich erfahren habe, dass...dass du unser Baby verloren hast, hinter dir stehen müssen." Dass er das jetzt angesprochen hatte und mir dabei so niedergeschlagen in die Augen sah, sorgte dafür, dass all die Erinnerungen hochkamen. Die Geburt, wie glücklich ich war und wie ich kaum abwarten konnte mein weinendes Baby in meine Arme zu halten. Und wie mir dann ein ruhiges, lebloses Baby überreicht wurde.

"Gökhan du musst dich nicht entschuldigen und dir auch keine Vorwürfe machen. Ich war diejenige, die dich im Stich gelassen hat." Ich platzierte meine Hand auf seiner Wange und fing sie Träne auf, die aus seinem Augenwinkel fiel. "Dein Verhalten mir gegenüber war verständlich und berechtigt.", fügte ich hinzu. Er drückte mich fest an seine Brust und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. "Ich liebe dich Dilek Demirbas. Ich liebe dich wie am ersten Tag. Ich habe nie aufgehört damit.", hauchte er an meinem Hals und küsste mich an der Stelle. Ich lächelte, schloss meine Augen und ließ seine Worte auf mich wirken. "Und ich liebe dich.", erwiderte ich und ließ mich von ihm hochtragen. Im Schlafzimmer ließ er mich auf das große Bett ab und legte sich zu mir. Fest zog er mich wieder an sich und sah mir ununterbrochen in die Augen, bis er seine Lippen auf meine legte und den Kuss intensivierte.

Gefangen von der Liebe...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt