Kapitel 10
Missmutig sah ich aus dem Autofenster heraus in die verregnete Landschaft. Ich hasse Regen. Obwohl das Wetter eigentlich perfekt zu meiner Laune passte. Heute werde ich von meinem eigenen Vater einer Meute irrsinniger Mörder überlassen, die sich die Blutengel nannten. Was ist das denn für ein Name? Meine Mutter ist nicht mitgekommen. Eigentlich logisch.
Wir fuhren in die Stadtmitte, da wo sich all die Bars und Clubs befanden. Ich dachte immer, dass so eine Gesellschaft auf dem Land wohnte, damit keiner etwas mitbekam, wenn sie jemanden zur Tode quälten. Wir fuhren schon seit einer Stunde, obwohl es keinen Verkehr gab. Schließlich hielten wir vor einer zweistöckigen Villa mit der Aufschrift Privat. Das Haus war leicht orange gestrichen und hatte hell blaue Fensterläden. Sah nicht aus wie ein Gruselhaus. Das Schmiedeeiserne Tor war jedoch ein bisschen abschreckend. Ich wollte aussteigen, doch mein Vater drehte sich zu mir um.
"Du benimmst dich!" Er betonte jedes Wort. Ich verdrehte die Augen. Ich nahm meinen Koffer und lief auf die Villa zu. Kurz bevor ich die riesige Eingangstür erreichte, flog sie auf und ein rotes Bündel schoss auf mich zu. Ich blieb erschrocken stehen. Es knallte gegen mich und fiel zur Boden. Das Ding roch nach Rauch und verbranntem Zucker. Ich sah es mir genauer an und merkte, dass es ein Gesicht hatte. Ein süßes rundes Kindergesicht mit roten langen Haaren und mich wütend anfunkelnden grünen Augen. Eine gehetzte Frau Mitte zwanzig erschien im Türrahmen. Ihre blonden Haare hatte sie in einen Dutt gezwängt, ihre blauen Augen irrten hektisch umher, bis sie das kleine Kind zu meinen Füßen erblickte.
"Mein Gott, Lisa, du kleines Teufelsbalg. Mach das nicht noch mal!", schrie sie. Das Mädchen sah mich immer noch böse an.
"Ist das die Neue?" Die blonde Frau nahm das Kind in den Arm und fing an, mit ihm zu schimpfen
"Sei nicht so unhöflich! Und was haben wir übers Fliegen gesagt?"
Das fliegende Kind murrte.
"Tut mir leid, sie ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig."
Das war die Untertreibung des Jahres. Sie streckte mir die Hand hin.
"Ich bin Azanda und das ist meine Tochter Elisabeth." Ich schüttelte ihre Hand und spürte magische Schwingungen auf ihrer Handfläche.
"Serena. Sie sehen sich überhaupt nicht ähnlich."
Sie winkte ab.
"Ich weiß. Sie kommt sehr nach ihrem Vater."
Ich konnte nur nicken.
"Aber ich bin ja so unhöflich. Willst du vielleicht reinkommen?"
Ich wollte gerade mit Nein antworten, aber mein Daddy machte mir einen Strich durch die Rechnung indem er eine Hand auf meine Schulter legte und für mich antwortete.
"Natürlich kommen wir rein." Ich knirschte mit den Zähnen, folgte Azanda jedoch in die riesige Eingangshalle. Und sie war wirklich riesig. Wie die Empfangshalle eines fünf Sterne Hotels.
"Wo ist Raphael?", fragte mein Vater.
"Er ist oben in seinem Büro." Ohne ein weiteres Wort verschwand mein Dad ins obere Stockwerk. Na super. Nach ein paar Minuten zerstörte Azanda das peinliche Schweigen, was uns belegt hatte.
"Also ich zeig dir mal den Zimmer." Ich folgte ihr die Stufen nach oben einen Flur entlang zur vorletzten Tür. "Pack erst mal aus. In einer viertel Stunde hole ich dich ab, damit du die anderen kennenlernst. Ich lächelte gezwungen.
Mein Zimmer war groß und geräumig, mit einem Bett, einem Schrank aus Kieferholz und einem Schreibtisch mit Stuhl. Die Wände waren rosa gestrichen. Außerdem gab es noch ein großes Fenster mit Blick auf den Garten. Toll. Immerhin hatte ich mein eigenes Bad. Ich schmiss meinen Koffer in den Schrank sodass es krachte und lief ins Badezimmer. Der Spiegel war groß genug, um meinen ganzen Körper sehen zu können. Ich sah echt fertig aus und in meinen Augen war dieses Funkeln eines gejagten Tieres. Mir fiel auf, dass meine Pupillen schmaler geworden waren, so wie die einer Katze. Außerdem war in meinen braunen Augen ein bisschen gelb orange mit drin, was mich daran erinnerte, dass der Wolf näher war als zuvor. Denn jetzt musste er sich meinen Körper mit einer Vampirin teilen. Ich rammte frustriert meinen Kopf gegen die Wand. Ich hasste mein Leben.
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Ich schüttelte meine Aggressionen ab und setzte ein, wie ich hoffte, fröhliches Lächeln auf. Azanda stand vor der Tür, jedoch ohne ihr komisches Kind.
"Hast du schon ausgepackt?"
"Nee, noch nicht. Mache ich nach dem Treffen." Ein Lächeln erschien auf ihrem schönem Gesicht und ich konnte mir nicht vorstellen, was sie hier zu suchen hatte.
"Gut, dann stelle ich dir mal die anderen vor."
Ich nickte und dackelte ihr hinterher.
Im Gang kam uns mein Dad entgegen.
"Ich gehe jetzt, Welpe sei brav!" Er tätschelte mir den Kopf und ich hatte Mühe ihm nicht die Hand ab zu beißen. Ich folgte Azanda bis in eine Art Wohnzimmer, nur war dieses Exemplar hier viel größer. Außerdem war es vollgepumpt mit elektronischen Sachen. Jemand hier mochte anscheinend X-Box und Wii. Meine blonde Freundin verfrachtete mich in einen Sessel, in dem ich fast versank. Dann stellte sie sich in die Mitte des Raumes und schrie. "WENN IHR NICHT GLEICH ALLE HIER AUFKREUZT, GIBT ES EIN MONAT LANG NUR VEGGETARISCH!" Sofort entstand hektisches Herumgetrampel und bald befanden sich drei weitere Personen in dem Raum. Ein schlanker weißhaariger Vampir mit lila Augen, die mich sofort in den Bann schlugen, kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Es schien als schwebe er über dem glatten Marmorboden.
"Ich bin Raphael. Ich habe hier das Sagen, also wenn du irgendwelche Fragen hast, komm bitte zu mir." Seine Stimme war angenehm weich und seine Aura prickelte nur so vor Energie. Seine Haare faszinierten mich am meisten. Sie leuchteten silbern im Licht der Lampen.
"Ich will zwar nicht unhöflich sein, aber wie alt sind Sie?"
Er lachte laut.
"Ist schon okay. Ich bin zweitausenddreihundert Jahre alt und leite diese Abteilung schon sein Jahrhunderten." Mit klappte die Kinnlade herunter doch ich hakte nicht weiter nach.
Azanda ergriff wieder das Wort. "Das da ist Jasmine." Sie deutete auf eine kleine unscheinbare Frau mit kurzgeschnittenen braunen Haaren und wunderschönen grünen Augen. Eine Narbe zierte ihre rechte Wange.
"Hey!" Sie gab mir die Hand. Ihr Geruch war merkwürdig. Eine Mischung aus Vampir und Hartz. "Willkommen bei den Blutengeln." Sie fuchtelte mit den Händen in der Luft herum und zog das Wort in die Länge.
"Ja, freu mich voll", sagte ich ohne viel Begeisterung. Sie grinste.
"Das hab ich auch gedacht, als ich herkam." Ein Mann um die zwanzig drängte sich an Jasmine vorbei. Seine blonden Haare waren hoch gegelt. Seine himmelblauen Augen funkelten belustigt.
"Ich bin Jason, aber du kannst mich Jase nennen." Zu meinem Erstaunen war er ein Mensch. Aber etwas sagte mir, das das nicht alles war. Ich lächelte höflich.
"Wo ist eigentlich Cole?", fragte Azanda laut. Ich wollte gerade fragen wer Cole war, doch in diesem Moment kam der Vampir mit den grauen Augen die Treppe hinunter gestiegen. Ich versteifte mich. Das konnte ja mal heiter werden.
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Werwolfs Blut 'COMPLETE'
Werewolf(Buch 1) Serena wollte einfach nur ein normales Leben führen, so gut es ging, mit dem Alphawolf der New Yorker Meute als Vater und einer durchgeknallten Psychologin als Mutter. Sie selbst, als Mischling, hielt sich ganz gut. Außer ein paar kleinen V...